Obersendling:Uneins über den Hochpunkt

Die Familie Riedel plant auf ihrem ehemaligen Autohaus-Gelände an der Ecke Wolfratshauser Straße und Siemensallee ein elfstöckiges Gebäude. Die Stadtgestaltungskommission spricht sich dagegen aus

Von Sebastian Krass, Obersendling

Es soll ein Orientierungspunkt werden, der den Eingang zur Stadt von Süden markiert. So sehen es Bauherr und Architekt. Nein, es stünde dort, nahe der Isarhangkante, völlig fehl am Platze. So sehen es die Mitglieder der Stadtgestaltungskommission. Der Plan für ein neues elfstöckiges Hochhaus an der Ecke Wolfratshauser Straße/Siemensallee ist in der jüngsten Sitzung des Gremiums, das bei Bauprojekten von besonderer Bedeutung zu Rate gezogen wird, auf weitgehende Ablehnung gestoßen.

Es geht um das Grundstück an der Wolfratshauser Straße 100, auf dem von 1958 bis 2019 das Autohaus Riedel ansässig war. Dieser Betrieb ist inzwischen aufgegeben. "Jetzt haben wir uns entschlossen, das Gelände neu zu entwickeln", sagte Bauherr Wolfgang Riedel bei der Vorstellung des Projekts. Es handle sich nicht um ein Investorenprojekt, "ich habe zwei Kinder, es soll in der Familie bleiben. Wir versuchen, es vernünftig und schön zu gestalten als prägnanten Eckpunkt am Eingang zur Stadt".

Obersendling: Das Gelände soll nun anderweitig genutzt werden.

Das Gelände soll nun anderweitig genutzt werden.

(Foto: KP Plitzko Architekten (Simulation))

Mit dem Münchner Architekturbüro KP Plitzko hat Riedel bei der Stadt eine Bauvoranfrage gestellt, um ein mögliches Baurecht zu eruieren. Er will südlich an das Wohn- und Bürohochhaus anschließend noch ein sechsgeschossiges Wohngebäude mit Gewerbe im Erdgeschoss und ein weiteres zweigeschossiges Bürogebäude errichten. Für den Wohnraum hat er angeboten, 40 Prozent davon als geförderte oder preisgedämpfte Wohnungen zu errichten. Städtebaulich ist ein kleines Hochhaus an der Stelle nicht ausgeschlossen, auf einem Nachbargrundstück an der Siemensallee steht bereits eines in ähnlicher Höhe wie der geplante Elfstöcker, die fünf Wohnhochhäuser des Projekts "Südseite" liegen ebenfalls in der Nachbarschaft, und die neue Hochhausstudie hält zusätzliche kleine Hochpunkte dort für denkbar.

Ein Problem aber ist, dass der Bebauungsplan an der Stelle eine erheblich geringere Bebauung vorsieht, die Stadt dem Bauherren also großzügige Befreiungen von der eigentlich festgeschriebenen Bebauung gewähren müsste. Das geplante Hochhaus solle die bestehende "Bebauung aus dem Westen zusammenziehen und einen deutlichen Abschluss zur Straße und zum Isar-Hochufer bilden", erläuterte Architekt Klaus Peter Plitzko. In der Stadtgestaltungskommission stelle man das Projekt vor, um "einen ungewöhnlichen Weg ohne Architektenwettbewerb und ein aufwendiges Verfahren für einen neuen Bebauungsplan zu gehen".

Autohaus Riedel, Wolfratshauser Straße 100

Das Autohaus Riedel ist mittlerweile abgerissen worden.

(Foto: Florian Peljak (SZ-Archiv))

Doch dieses Kalkül ging nicht auf. "Ich möchte von dem bestehenden Hochhaus an der Siemensallee ausgehen. Wenn man diese städtebauliche Situation ansieht, dann wünsche ich mir an dieser Stelle keinen weiteren Hochpunkt", sagte Stadtheimatpfleger Bernhard Landbrecht. Der Schweizer Architekt Jürg Sulzer ergänzte: "Ich denke, wir brauchen hier Varianten, um die stadträumlichen Konsequenzen abschätzen zu können. Man kann nicht nur eine Position vorstellen und die zum Stadteingang hochstilisieren." Karin Schmid, Architektin aus München, deren Büro die neue Hochhausstudie für die Stadt erstellt, sagte, sie sei sich mit diesem geplanten Hochpunkt "nicht ganz schlüssig. Die Terrassierung von Süden her mit zwei, vier und elf Geschossen führt zu einer unguten Massierung an der Stelle". Eine Gegenstimme kam von der Münchner Architektin Ruth Berktold: Sie finde es "ganz schön, wie sich das stufenweise entwickelt", sie wolle "eine Lanze brechen für das Projekt".

Gegen Ende der Diskussion schaltete sich schließlich Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk ein. Sie verstehe die Debatte so, sagte sie, dass die Kommission "bei einer so erheblichen Baurechtsmehrung einen Wettbewerb empfiehlt". Vor so einem Wettbewerb solle man aber auch den Stadtrat befragen, ob der ein derart erhöhtes Baurecht überhaupt zulassen würde. Man könne aber im Gespräch mit Bauherren und Architekten auch "noch mal überprüfen, wo die Grenzen im Rahmen des bestehenden Bebauungsplans, also mit kleineren Befreiungen wären", schlug sie vor. Architekt Plitzko betonte daraufhin, dass die Familie Riedel anders agiere als ein Projektentwickler, ihr gehe es "nicht darum, möglichst viel Baumasse rauszuholen".

Letztlich beschloss die Stadtgestaltungskommission in ihrer Sitzung, die von der Bauherrin angefragten Befreiungen aufgrund der bisher vorliegenden Planungen abzulehnen. Im weiteren Verfahren sei nun zu prüfen, ob ein Wettbewerb der nächste richtige Schritt wäre und ob der Stadtrat einzubinden sei.

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