Obersendling:Meilenstein auf dem Netzwerk-Campus

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Mit dem Einzug des Sozialbürgerhauses Süd im Jungen Quartier Obersendling öffnet in dem einzigartigen Integrationsprojekt eine soziale Anlaufstelle ihre Tore, die Menschen mit Hilfs- und Beratungsbedarf neue Perspektiven eröffnen will

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Die 91 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diverser sozialer Fachstellen sowie deren 56 Kollegen vom Jobcenter haben es gut getroffen, soviel lässt sich ein paar Betriebswochen nach dem Umzug am 18. Oktober schon sagen. Helle Büros, der U-Bahnhof Machtlfinger Straße direkt vor der Haustür, und die Heizung funktioniert pünktlich zum Winteranfang einwandfrei. Münchens Sozialreferentin Dorothee Schiwy zeigte sich bei der offiziellen Eröffnung des neuen Domizils des Sozialbürgerhauses Süd am Mittwoch überzeugt, dass rasch auch jene, die Rat und Hilfe brauchen, in der Anlaufstelle an der Schertlinstraße 8 einen "Meilenstein" der Sozialpolitik sehen werden. Die Stadt steht laut Schiwy wegen ihres rasanten Wachstums vor gewaltigen Herausforderungen; starker Zuzug und eine hohe Geburtenrate erforderten Antworten, wie sie nur eine moderne Sozialverwaltung geben könne. "Wir sind am Puls der Zeit, bieten ganzheitliche Begleitung", versichert jedenfalls die Sozialreferentin.

Helle Büros, viel mehr Platz als bisher. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Vor dem Umzug mehr schlecht als recht an der Plinganserstraße untergebracht, präsentiert sich eines der Schwergewichte unter den Einrichtungen Obersendlings jetzt als Teil eines noch größeren Ganzen. Denn es ist eingebettet ins "Junge Quartier Obersendling", ein deutschlandweit einzigartiges Integrations- und Bildungsprojekt mit vielen Sparten. Diese besondere Verbindung würdigte in ihrem Grußwort Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). "Gerade im Kontext der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion zur Flüchtlingsthematik möchte München mit dem Jungen Quartier Obersendling ein positives Zeichen für Integration und ein gelebtes Miteinander setzen", sagte sie. Die zwölf Sozialbürgerhäuser der Stadt, von denen dasjenige im Süden mit 21 Jahren am ältesten ist, seien als zentrale Anlaufstellen in sozialen Angelegenheiten unverzichtbar geworden. Nicht zuletzt lasse sich an ihnen ablesen, wie gut vernetzt sich die sozialen Strukturen in München darstellen. "Man darf nicht vergessen, dass auch in einer wohlhabenden Kommune wie unserer Menschen leben, die nicht auf der Sonnenseite stehen und der Betreuung bedürfen", betonte Strobl. Eine Betrachtung, der sich Anette Farrenkopf, Geschäftsführerin des Jobcenters München, anschloss. "Wir schaffen Perspektiven. Wenn es das Sozialbürgerhaus nicht gäbe, müsste man es erfinden", erklärte sie.

Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD), Sozialreferentin Dorothee Schiwy (Bildmitte, v. l.), Karl Wasner, Leitung Soziales (l.), und Alexander Kronacker, Leitung Jobcenter (r.), sehen das Haus nun gut aufgestellt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Allein das Jobcenter im Sozialbürgerhaus Süd - es ist zuständig für die Stadtbezirke 19 (Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln) sowie 20 (Hadern) - betreut gegenwärtig 3600 Personen. 850 Menschen hat der Stützpunkt des Förderns und Forderns in diesem Jahr schon in Arbeit oder Ausbildung gebracht. Eine "Eingangszone" dient nun gewissermaßen als Tor zur gezielten Beratung. Bei den Sozialbehörden wiederum, deren Personal überwiegend in schallgeschützten Einzelbüros mit Fluchttüren untergebracht ist, heißt das Entree "Orientierungsberatung". Dort wird nicht zuletzt Älteren richtungsweisend geholfen, von denen überdurchschnittlich viele in den Stadtbezirken 19 und 20 leben.

Das Sozialbürgerhaus Süd ist zuständig für zwei Stadtbezirke im Münchner Südwesten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Dass an der Schertlinstraße 8 "ein Superteam mit guter Stimmung" die Arbeit aufgenommen habe, wie Anette Farrenkopf feststellte, traf für die Eröffnungsfeier allemal zu. Vom "Tatwort Improvisationstheater" auf eine Achterbahn der Gefühle mitgenommen, amüsierten sich all jene prächtig, die sonst ernste Probleme aus der Welt schaffen oder zumindest lindern sollen. Ihr Beifall galt neben den Spontandarstellern einem Mann, der einen ganz anderen Kraftakt bewältigte: Bernhard Schwankl. Der Geschäftsstellenleiter hatte den gesamten Umzug des Sozialbürgerhauses Süd von der Plinganserstraße an die Schertlinstraße organisiert. Eine Herkulesaufgabe, wie man sich vorstellen kann.

Sozialbürgerhaus und Jobcenter sind nicht die Erstbezieher des rundum sanierten ehemaligen Siemens-Bürogebäudes. Im Sommer war bereits das integrative Jugendkultur-Projekt "Mikado" eingezogen, mit der Nachhilfeeinrichtung "Lernoase", Tanz-, Musik- und Theatergruppen sowie Workshops aller Art für junge Menschen mit und ohne Fluchthintergrund. Hinter den Angeboten steht der Verein Initiativgruppe Interkulturelle Begegnung und Bildung. Jugendlichen Schlüsselkompetenzen für eine selbstbestimmte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu vermitteln, ihre Eigeninitiative und Selbstverantwortung zu stärken, sind Ziele des Vereins, der eng mit dem Stadtjugendamt kooperiert.

Die Schlau-Schule, der Verein "Bunt kickt gut" und ein Afrikazentrum üben sich demnächst ebenfalls in guter Nachbarschaft. Ein gemeinsames Ziel verbindet alle Nutzer des renovierten Gebäudes an der Schertlinstraße in Obersendling: Sie wollen inspirierend in ihre neue Umgebung hineinwirken und sich mit möglichst vielen verwandten Organisationen vernetzen.

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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