Obermenzing:Strafmaß schreckt nicht ausreichend ab

Weißenseepark in München, 2011

Bis aus prächtig gewachsenen Bäumen kurze Stümpfe werden, dauert es mitunter nur ein paar Minuten.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Ungenehmigte Baumfällungen wie jüngst in Obermenzing rufen Rathaus-Politiker auf den Plan

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing

"Bauen in München ist offenbar derart rentabel, dass Strafen bewusst in Kauf genommen werden, um freigeräumte Grundstücke sodann optimal auszunutzen." Zu dieser Feststellung kommt Stadtrat Frieder Vogelsgesang (CSU). In einem Antrag an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) fordert der Obermenzinger ein hartes Durchgreifen bei nicht genehmigten Grundstücksrodungen. Hintergrund ist ein aktueller Fall einer offenbar nicht genehmigten Fällaktion in der Obermenzinger Frihindorfstraße.

Vogelsgesang stützt sich auf die Aussagen von Nachbarn, die am Freitag, 15. Februar, beobachteten, wie auf dem circa 1200 Quadratmeter großen Gartengrundstück eine alte Linde, zwei Birken, und vier Kiefern von Mitarbeitern einer Spezialfirma gefällt wurden. Die Stammumfänge der geschützten Bäume reichten laut den Nachbarn von einem bis zu 1,80 Metern. Auch das Buschwerk und sämtliche Pflanzen auf dem Grundstück seien trotz Protests der Anwohner beseitigt worden. Zudem, so Vogelsgesang, seien die vier Kiefern zusammen mit der Linde über Jahre das Zuhause für den Großen Abendsegler, eine geschützte Fledermausart, gewesen.

Der Stadtrat hat diese Informationen unter anderem von Ernst Obermeier, einem unmittelbaren Anlieger des Anwesens, der ein Büro für ökologische Feldforschung, Naturschutz und Landschaftsplanung hat. Obermeier sagt, er habe, noch während die Arbeiten liefen, von den Behörden erfahren, dass für die Rodung auf dem Areal keine Genehmigung vorgelegen habe. Aber auch das konnte die Aktion nicht stoppen. Tags drauf beobachteten die Grundstücksnachbarn, wie auch die Wurzelstöcke vom Terrain entfernt wurden.

Mittlerweile hat es zu dem Fall einige Korrespondenz gegeben: Eingeschaltet haben sich auch Andreas Ellmaier vom Grünflächenverein Obermenzing, und Willy Schneider (SPD), im Bezirksausschuss Sprecher des Unterausschusses Umwelt. Siglinde Berchtolt von der Unteren Naturschutzbehörde hat ihnen mitgeteilt, dass der Fall an der Frihindorfstraße derzeit überprüft werde. Zudem teilt ihnen Berchtold mit, es könne gerade in akuten Fällen, wenn Zeugen den Verdacht hätten, dass geschützte Bäume gefällt würden, wirkungsvoller sein, anstelle der Naturschutzbehörde sofort die Polizei zu rufen. Diese könne sich dann die Fällungsgenehmigung zeigen lassen und bei Verstoß gegen die Baumschutzgenehmigung auch gleich die Arbeiten einstellen lassen und eine Ordnungswidrigkeitsanzeige aufnehmen.

"Ganz offensichtlich schreckt das bisher angedrohte Strafmaß für derartige Aktionen nicht hinreichend ab", mutmaßt Frieder Vogelsgesang. Er regt an, das mögliche Strafmaß deutlich anzuheben. In einer Anfrage an den OB, die seinen Antrag begleitet, will Vogelsgesang Auskunft unter anderem über die Zahl der ungenehmigten Baumfällungen, die der Unteren Naturschutzbehörde in den Jahren 2017 und 2018 bekannt geworden seien. Er fragt, ob eine Zunahme derartiger Fällaktionen/Grundstücksrodungen in den vergangenen Jahren zu beobachten sei und in wie vielen Fällen das Verfahren niedergeschlagen worden sei, weil keine ausreichenden Beweise vorlagen. In wie vielen Fällen Strafen verhängt wurden und wie hoch diese Strafzahlungen ausgefallen sind.

Gebiete mit Gartenstadt-Charakter wie Obermenzing, so Vogelsgesang, "sollten grundsätzlich ihren Charakter dauerhaft bewahren, eine Nachverdichtung soll allenfalls maßvoll und mit Augenmaß erfolgen". Die vollständige Rodung von Grundstücken widerspreche diesem Ziel diametral und müsse mit entsprechend hohen Strafen sanktioniert werden.

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