Franz Xaver in der Kugler-Alm:Fine Dining für Spaziergänger

Franz Xaver in der Kugler-Alm: Seit Mitte 2018 heißt das Restaurant in der Kugler Alm Franz Xaver, die Wirtin hat es edel restaurieren lassen.

Seit Mitte 2018 heißt das Restaurant in der Kugler Alm Franz Xaver, die Wirtin hat es edel restaurieren lassen.

(Foto: Claus Schunk)

Das Restaurant "Franz Xaver" in der Kugler-Alm in Oberhaching ist das ideale Ausflugsziel für Feinschmecker, die es bayerisch-österreichisch mögen. Küchenchef ist ein ausgezeichneter "junger Wilder".

Von Johanna N. Hummel

Wirte haben es schwer, vor allem, wenn sie nach Höherem streben. Die Konkurrenz lauert überall, jede Gastro-Idee ist sofort Allgemeingut, wahre Qualität kommt manchmal nicht so richtig an. Vor 120 Jahren war alles einfacher: Da stellte ein findiger Gleisarbeiter bei Oberhaching fest, dass es besser war, Arbeitern Bier und Brotzeit zu verkaufen, als selbst in den Gleisen zu malochen. Franz Xaver Kugler baute eine Kantine, dann eine Ausflugsgaststätte und nannte sie nach sich selbst Kugler- Alm. Dass er 1922, als ihm das Bier auszugehen drohte, die Krüge mit Limo aufgefüllt und die Radlermaß erfunden haben soll, ist allerdings nur eine Legende.

Seit Mitte 2018 heißt das Restaurant in der Kugler Alm Franz Xaver, Wirtin Antje Schneider aus der Familie der Haberl-Gastronomen hat es edel restaurieren lassen. Erhalten blieb nur der grüne Kachelofen, alles andere ist neu: Holzvertäfelungen, schwere, helle Tischplatten, die keine Sets brauchen, gediegene Stoffe und - von der Weihnachtszeit einmal abgesehen - wenig Nippes auf Simsen und Fensterbrettern. Das Franz Xaver wurde als Casual-Fine-Dining-Restaurant eröffnet: Spitzengastronomie auch für Spaziergänger. Nun ist es recht erfolgversprechend, wenn jemand wie Manuel Schmuck in der Küche das Sagen hat: Dreißig Jahre alt, im Chiemgau geboren, hat er in seiner steilen Karriere im Sternerestaurant Steirereck in Wien gearbeitet, dann im Reinstoff und im Martha's in Berlin, er bekam Auszeichnungen als "junger Wilder". Seit 2018 kocht er in Oberhaching, ist mittlerweile dort Küchendirektor, sein bisheriger Sous-Chef Carsten Meyer stieg zum Küchenchef auf.

Gekocht wird, so heißt es offiziell, bayerisch-österreichisch, wobei sich das Kochverständnis von Schmuck nur schwer auf dergleichen Klassifizierungen einengen lässt. Welche Herkunft hat eine Gemüseroulade mit Selleriescheiben, die wie fein geräucherter Speck schmecken? Das kleine Kunstwerk steht jedoch nicht mehr auf der Karte, weil die sich im November entscheidend verändert hat. Die Abendkarte mit Menüs ist verschwunden und mit ihr auch einige elitäre Angebote. War das nicht gefragt? Oder soll die neue, etwas bodenständigere Karte geistige Hürden vor dem Fine-Dining abbauen? Alle Hauptgerichte gibt es jetzt auch als kleine Portion und zu erschwinglichen Preisen, was den Vorteil hat, sich nach Gusto und Geldbeutel selbst ein Menü zusammenstellen zu können.

Der Auftakt war vielversprechend, mit köstlichen, lauwarmen Broten, karamellisierter, duftig aufgeschlagener Butter und kräutergrüner Ochsenschwanzcrème. Die mütterliche Kellnerin im Dirndl, die, wie auch ihr Kollege, jedes Speisendetail weiß und eine kenntnisreiche Sommelière ist, mahnte uns, nicht zu viel davon zu verspeisen, es gebe ja noch anderes. Die beiden zeigten, wie guter Service sein sollte: ohne Hektik, präsent, perfekt informiert, gesprächig, wenn wir das wollten. Auch das Weinangebot ist kleiner geworden. Doch die Offenen, ein Riesling aus dem Weingut Knebel in Winningen, ein Chardonnay aus dem Holzfass vom rheinhessischen Winzer Knewitz oder ein Zweigelt vom burgenländischen Gut Salzl waren sehr feine Weine (0,2 Liter 7,60 bis 9,50 Euro).

Manuel Schmuck versteht es, Überraschendes zu zaubern, schon bei den Vorspeisen. Das geräucherte, lauwarme, saftige Makrelen-Filet lag auf schwarzem Sepia-Fond zusammen mit einer würzigen Bauernbrot-Sauce, Paprika- sowie Zitronenpüree-Tupfern, scharfen, gebratenen Chorizoscheiben und knusprigen Pfefferkörnern, das Ganze war tatsächlich eine Geschmacksexplosion (14,50). Die Ochsenherzwürfel mit Kartoffel-Meerrettich-Espuma, eingelegten Gemüsen und Teriyaki waren 24 Stunden lang sous-vide-gegart worden und schmeckten unglaublich intensiv (12,50). Die Küche servierte kühne Geschmackseffekte, betonte gekonnt Kontraste sowie Gemeinsames und zwar mit höchster Präzision bis in die Details. Dicke, gebratene Steinpilze wurden mit knackig frittiertem Grünkohl und einem cremigen Onsen-Ei serviert, das bei 64 Grad eine Stunde gegart hatte (17).

Die Schnitze vom samtigen Ofenkürbis waren mit gegrilltem Brokkoli, schmelzendem Ziegenkäse mit knuspriger Kruste und Tomaten-Rucola-Salat kombiniert (16,50/kleine Portion 10,50). Mit leuchtend grünen, geschmorten Gurken, Brunnenkresse-Pesto und Roter-Bete-Sauce kam der geräucherte und dann gebratene Lachs auf den Tisch und war schon optisch eine Delikatesse (24,50/19). Das Entrecôte vom Ochsen mit Kräutersaitlingen umgab eine schmeichelnde Café-de-Paris-Sauce, das sehr zarte Fleisch war leicht medium gebraten, da wurde der Gast gar nicht gefragt. Dazu gab es Pommes frites, in Pflanzenöl und in Rinderfett frittiert, denen niemand widerstehen konnte (31,50/25).

So testet die SZ bei der Kostprobe

Die Kostprobe gibt es als Format für Restaurantkritiken seit 1975 in der Süddeutschen Zeitung. Die Autorinnen und Autoren haben sich ehernen Regeln verpflichtet: Sie testen ein Restaurant frühestens 100 Tage nach Eröffnung (damit sich das Küchenteam bis dahin einspielen kann), essen dort mehrmals (denn jeder Koch und jede Köchin kann mal einen schlechten Tag haben), geben sich nicht als Tester zu erkennen und schreiben unter Pseudonym (um unerkannt und unabhängig bleiben zu können). Und die Rechnung? Die bezahlt natürlich die SZ selbst.

Keine einzige Enttäuschung, auch nicht bei den Desserts. Die Haferkaramellküchlein waren ein Gedicht, eine Mischung aus knusprigem Getreide und zerfließenden Karamell (10,50). Bei der feinen Crème brûlée überlegten wir, was den besonderen Wohlgeschmack der Zuckerkruste ausmachen könnte (9,50). "Weiße Schokolade", sagte Manuel Schmuck lächelnd.

So etwas nennt man Kochfantasie. Und sie kommt im Franz Xaver derzeit nicht zu kurz.

Adresse: Linienstraße 93, 82041 Oberhaching, Telefon: 089/61390124, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag 11.30 bis 22 Uhr, Sonntag 11 bis 18 Uhr, kontakt@wirtshaus-franz-xaver.de

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