Obergiesing:"Schaufensterprojekte"

MUENCHEN: Fussgängerüberweg Stadelheimer-Strasse

Fünf Meter von der Fußgängerampel beim Gefängnis entfernt soll die Radfurt über die Stadelheimer Straße entstehen.

(Foto: Johannes Simon)

Die Stadtviertelvertreter votieren geschlossen gegen den Bau einer neuen Rad-Querung, weil sie den knapp eine Million Euro teuren Lückenschluss überflüssig finden. Ohnehin erscheinen ihnen die 40 Maßnahmen im Viertel zur Umsetzung des Radentscheids wenig durchdacht

Von Julian Raff, Obergiesing

Es kommt nicht oft vor, dass sich sämtliche Fraktionen eines Bezirksausschusses (BA) einig sind, wenn es um Radwegpläne zulasten von Parkplätzen geht, schon gar nicht, dass sie diese geschlossen ablehnen. Doch der BA Obergiesing-Fasangarten hat sich nun gegen eine knapp eine Million Euro teure Rad-Querung im Bereich Stadelheimer, Traunsteiner und Schwarzenbergstraße ausgesprochen, die das Mobilitätsreferat (MOR) als eine von rund 40 Maßnahmen zur Umsetzung des Radentscheids plant.

Das Ende Juni online öffentlich vorgestellte Projekt zielt laut MOR auf den "Lückenschluss einer Nebenroute" im Bereich der Justizvollzugsanstalt Stadelheim, wo derzeit nur eine Druckampel für Fußgänger existiert. Ungefähr fünf Meter östlich von ihr sieht die "Vorzugsvariante" eine markierte Radfurt vor, die direkt zur Schwarzenbergstraße führt und als Nord-Süd-Querung dienen soll. In der Gegenrichtung sollen Radfahrer die Stadelheimer Straße weiter östlich queren, über eine schräge Radspur, die in die Traunsteiner Straße einmündet. Neben den Radspuren sollen separate Fußgängerquerungen angelegt werden, das Ganze geregelt durch zwei synchronisierte Bedarfsampeln. Die nord- und südseitigen Radwege sollen auf jeweils 2,3 Meter, plus 75 Zentimeter Sicherheitsstreifen verbreitert werden. Die Gehsteige blieben 2,5 Meter breit, im Norden wäre außerdem Platz für einen neuen Grünstreifen. Mit 16 Längsparkern fielen doppelt so viele Parkplätze weg, wie in einer zweiten Variante, die Querungen nur im Bereich der Schwarzenbergstraße vorsieht. Der dann nötige Zwei-Richtungs-Radweg im Norden könnte allerdings zu gefährlichen Begegnungen mit Autos führen.

Skeptisch äußerte sich der BA nicht allein wegen der Kosten von 800 000 bis einer Million Euro. Nicht nur Verkehrsexperte Uwe Kranenpohl (Grüne) wundert sich über die Initiative des Referats: Der Straßenabschnitt erscheint weder in städtischen Verkehrsplänen noch in den Radwegkarten privater Initiativen als Hauptroute. Er sei auch nicht als Unfallschwerpunkt aufgefallen, anders als etwa der St.-Quirin-Platz, angrenzende Teile der Tegernseer Landstraße oder die Gegend am Giesinger Bahnhof. Noch weniger Sinn ergibt die Querung aus BA-Sicht, seit das Mobilitätsreferat angekündigt hat, die Traunsteiner Straße ab der Alzstraße in südlicher Richtung als Einbahnstraße auszuweisen. Ob Radler künftig in Gegenrichtung fahren dürfen, bleibt unklar, erscheint dem BA aber aufgrund der geringen Breite zweifelhaft.

Eigentlich soll der städtische Mobilitätsausschuss das Projekt am Mittwoch, 22. September, verabschieden. Der BA bittet einstimmig darum, diese Entscheidung zurückzustellen und führt als weiteren Grund an, dass die Planung offenbar die Wohnprojekte auf dem Gelände der ehemaligen McGraw-Kaserne nicht berücksichtigt. Die Fahrspuren oberhalb des McGraw-Grabens entwickeln sich dabei schon jetzt zur beliebten Nord-Süd-Achse für Radler, was die Querung an der Stadelheimer Straße 250 Meter weiter östlich aus BA-Sicht erst recht überflüssig macht. Die knappen Mittel sähe das Gremium anderswo im Bezirk besser investiert, genannt wurde etwa die Martin-Luther-Straße. Fraktionsübergreifend vermissen die BA-Mitglieder insgesamt einen Zusammenhang bei den Radentscheid-Maßnahmen im Viertel. Wenig angetan zeigen sie sich daher auch von der Umgestaltung der St.-Magnus-Straße, die der zuständige Nachbar-BA Untergiesing-Harlaching zwar grundsätzlich gebilligt hatte, allerdings ebenfalls mit dem Hinweis auf dringlichere Baustellen. Stefan Reinwald (CSU) kritisierte einen "Flickenteppich", Larissa Schmid (Grüne) ein Bündel städtischer "Schaufensterprojekte".

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