Obergiesing:Komplett vom Netz abgehängt

Ein auf Hilfe angewiesenes Seniorenpaar ist tagelang ohne Telefon und Internet. M-net verweist auf viele Nachfragen

Von Hubert Grundner, Obergiesing

Für viele Menschen schrumpft die Welt im Alter auf die Größe der eigenen vier Wände. So wie bei zwei hochbetagten Senioren, er 94, sie 88 Jahre alt, die nahe dem Grünwalder Stadion ihren Lebensabend verbringen: Das Paar kann die Wohnung wegen Krankheit und mangelnder Mobilität nicht mehr verlassen, ist also komplett auf Hilfe von außen angewiesen, muss sich das Essen und die Medikamente bringen lassen. Dazu brauchen sie das Telefon und das Internet für Infos und Bestellungen - sie vertrauen dabei auf die Dienste der M-net Telekommunikations GmbH, bei der die Münchner Stadtwerke größter Gesellschafter sind.

Doch dieses Vertrauen dürfte zuletzt gelitten haben, nach allem, was Klaus Wermuth zu berichten weiß. Wermuth ist Mitglied des Computerclubs PCAG e. V. und betreut ehrenamtlich ältere Menschen bei Problemen mit ihren Kommunikationssystemen, so auch das Paar aus Obergiesing. Und bei dem habe es, so erzählt Wermuth, Ende April einen Komplettausfall ihres Anschlusses gegeben. Es bestand keine Verbindung mehr zum Internet. Daraufhin habe er versucht, über die Servicenummern von M-net jemanden ans Telefon zu bekommen: "Egal welche Nummer man wählt, auch die angegebene Rufnummer der Zentrale, jedes Mal kommt man in die Warteschleife und muss sich stundenlang die Musik anhören anstatt in angemessener Zeit verbunden zu werden." Erst am dritten Tag habe er jemanden erreicht. Für Klaus Wermuth ist das komplett inakzeptabel. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie und ob sich die beiden alten Menschen aus Obergiesing ohne ihren ehrenamtlichen Betreuer aus dieser Klemme befreit hätten.

Auf Nachfrage bei M-net erklärte Pressesprecher Hannes Lindhuber, dass die Störungsmeldung des Kunden vom Kundenservice am 29. April um 15.33 Uhr aufgenommen wurde. Die Störung selbst sei dann bis spätestens 17.50 Uhr behoben gewesen. Auch zur Beschwerde, dass die Hotline nicht in angemessener Wartezeit erreichbar war, nahm er Stellung, wenngleich eher verklausuliert: "Falls es bei der Kontaktaufnahme im Vorfeld der Störungsaufnahme am 29. April zu Unannehmlichkeiten für unseren Kunden beziehungsweise den Betreuer kam, bedauere ich dies sehr. Im Detail lassen sich diese nicht mehr genau nachvollziehen." Wie oft und wann genau also Wermuth bei der Hotline angerufen hat, lässt sich nach Angaben von M-net nicht mehr verifizieren. Ansonsten verweist man bei M-net als Grund, warum die Hotline einmal schlechter erreichbar sein könnte, auf die Corona-Pandemie: Die gestiegenen Anforderungen infolge von Home-Office, Homeschooling und digitaler Unterhaltung hätten zu einer stark erhöhten Nachfrage nach Internet-Anschlüssen mit hohen Bandbreiten geführt - sowohl von Neu- als auch von Bestandskunden, die einen Anschluss mit höherer Geschwindigkeit wollen. Entsprechend stark habe sich auch das Anfrageaufkommen beim telefonischen Kundenservice gesteigert. Diesem begegne man inzwischen mit der Schulung und Einarbeitung zusätzlichen Personals.

Aus Sicht von Klaus Wermuth sollte sich M-net mit einer schnell reagierenden Hotline jedenfalls nicht zu viel Zeit lassen: Bei einem seiner Besuche bei dem Giesinger Seniorenpaar fand er die Frau kürzlich in der Küche der Wohnung liegend vor, weil sie gestürzt war. Immerhin hatte ihr Partner da bereits die Pflegerin zu Hilfe rufen können. Einige Tage früher, ohne funktionierendes Telefon, wäre das nicht möglich gewesen.

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