Obergiesing:Auf ein Tässchen Tee

Den "Pöllat-Pavillon" gibt es nicht mehr. In einem neuen hellen Bau hat der Nachbarschaftstreff Giesing seine Heimat gefunden. Dort sollen sich die Menschen des Stadtviertels begegnen und Ideen schmieden können

Von Hubert Grundner, Obergiesing

Manchmal täuscht der erste Eindruck eben doch: Wer sich dem Neuschwansteinplatz nähert, könnte glauben, dass der "Pöllat-Pavillon" noch auf Jahre hinaus Baustelle bleiben wird. Viele Arbeiter wuseln herum, schaufeln im Außenbereich Erde oder machen sich an der geschwungenen Lärmschutzwand zu schaffen, an deren "Fenstern" zur Chiemgaustraße hin noch die Glasscheiben fehlen. Dabei verstellen die Absperrgitter aber etwas den Blick auf die Tatsache, dass das Hauptgebäude jetzt - endlich - größtenteils vollendet ist. "Endlich" deshalb, weil das Haus bereits zum 1. Dezember vergangenen Jahres offiziell dem Träger, dem Verein für Sozialarbeit (VFS), übergeben worden ist, damals aber noch an allen Ecken und Enden gewerkelt wurde.

Pöllat-Pavillon

Im Inneren des Neubaus finden die Besucher moderne und funktionale Räume vor.

(Foto: Corinna Guthknecht)

"Es war ein holpriger Start", räumt Kerstin Koppitz ein. Die 42-jährige Diplom-Sozialpädagogin und Erwachsenenbildnerin ist mit einer halben Stelle beim VFS beschäftigt und soll den Nachbarschaftstreff Giesing zum Laufen bringen. Schritt für Schritt nimmt er deshalb in diesen Tagen seinen Betrieb auf. Am Ende soll er idealerweise zur festen Anlaufstelle für alle Bewohner aus dem Viertel geworden sein. Ein Ort, an dem gemeinsam Ideen, Projekte und Aktionen entwickelt und umgesetzt werden. Zum Nachbarschaftstreff gehören auch ein Familien- und Beratungszentrum, eine sogenannte Ersatzbetreuung für Tageskinder, Musikübungsräume sowie temporäre Wohnplätze für obdachlose Frauen.

Pöllat-Pavillon

Blickfang: Der Neubau ist nicht besonders groß, aber er setzt am Neuschwansteinplatz einen gelungenen architektonischen Akzent.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Momentan aber befinden sich Koppitz und die Giesinger noch in der Phase des Sich-gegenseitig-Beschnupperns. Zum einen Teil geschieht das spontan, wenn neugierige Nachbarn kurz entschlossen die Einrichtung betreten, um mal zu sehen, wer dort arbeitet oder wie die Räume gestaltet sind. Zum anderen Teil aber bietet die Sozialpädagogin selbst gezielt erste Veranstaltungen wie den Kennenlern-Tee an. Da sitzt dann schnell eine muntere Runde älterer Frauen zusammen, die praktisch alle aus der Nachbarschaft stammen und die schnell zum Punkt kommen: "Wir sind halt neugierig, was da draußen hinkommt", sagt eine. Worauf Koppitz von dem Garten erzählt, der dort entstehen könnte - nicht zuletzt nach den Vorschlägen der Anwohner, die die Anlage auch ehrenamtlich betreuen könnten.

Pöllat-Pavillon

Ideen-Sammlerin: Kerstin Koppitz vom Verein für Sozialarbeit ist Ansprechpartnerin für alle Giesinger, die sich im neuen Nachbarschaftstreff engagieren wollen. Langsam läuft der Betrieb an.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Natürlich wird sich später das Geschehen hauptsächlich im Inneren des Nachbarschaftstreffs abspielen. Was genau, erfahren die Besucher an dem Vormittag bei einer kleinen Führung durch das Haus. Im Erdgeschoss, direkt angrenzend an den Treff, ist das Familien- und Beratungszentrum untergebracht. Auch dafür hat der VFS die Trägerschaft inne, die Finanzierung übernimmt das Sozialreferat. Dort ist überdies eine moderne und großzügig ausgestattete Küche eingebaut - beste Voraussetzungen also für Feiern und sonstige Anlässe. Im Keller wiederum sind einige Sanitär- und Funktionsräume untergebracht, vor allem aber dürften dort die schallgedämpften Musikübungsräume auf Interesse stoßen.

Im ersten Stock soll eine weitere Filiale der städtischen Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche ihre Dienste anbieten. Außerdem - und das ist eher ungewöhnlich für einen Nachbarschaftstreff - befinden sich dort auch zwei Wohnungen. In ihnen leben derzeit vier Frauen, um die sich Mitarbeiter der Inneren Mission kümmern. Selbstverständlich seien die Frauen eingeladen, am Leben im Nachbarschaftstreff teilzunehmen, sagt Kerstin Koppitz.

Das passt auch gut zu ihrer Erklärung, was das Haus im Viertel überhaupt leisten will: "Die Idee ist, die Generationen zu mischen." Dazu will Koppitz am Neuschwan-steinplatz viele Gelegenheiten für eine möglichst sinnvolle Freizeitgestaltung schaffen. Wobei das Angebot überwiegend von Ehrenamtlichen getragen wird. So sind einige Projekte in Kooperation mit der Lebenshilfe wie zum Beispiel Filmabende bereits geplant. Eine Singgruppe gründet sich gerade, auch gebe es Angebote, ein Instrument zu unterrichten, im Herbst soll ein Yogakurs starten. Weitere Vorschläge, wie der Treff von Einzelnen oder Gruppen sonst noch genutzt werden könnte, nimmt die Sozialpädagogin sicher gerne entgegen. Letztlich ist eines für sie wichtig: "Die Leute sollen nicht alleine zu Hause sitzen müssen."

Um dieses Ziel besser zu erreichen, sucht der VFS auch noch einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin auf Basis einer Zehn-Stunden-Woche für das Raummanagement im Haus. Zusätzlich soll laut Koppitz eine Vollzeitstelle beantragt werden, um auch langfristig Inklusionsangebote schaffen zu können.

Bis zum 11. Mai sollten die Arbeiter die Außenarbeiten allerdings abgeschlossen haben. Denn am "Tag der Städtebauförderung" lädt die Gewofag als Bauherrin auch zu einem großen Fest anlässlich der offiziellen Eröffnung des Nachbarschaftstreffs ein. Am selben Tag soll zudem die sanierte Unterführung des Mittleren Rings ihrer Bestimmung übergeben werden. An diesem markanten Termin heißt es dann aber auch Abschied nehmen, wie Kerstin Koppitz verrät: Für den "Pöllat-Pavillon", den es ja streng genommen nicht mehr gibt - der Flachbau, der früher Bücherei, Theater- und Musikgruppen beherbergte, ist längst abgerissen -, wird ein neuer Name gesucht. Vielleicht hat ja eine Besucherin wie Olga Kaddura eine zündende Idee und gewinnt den ausgelobten Wettbewerb. Sie und ihre Begleiterin Gisela Büttner finden das neue Haus jedenfalls "ganz toll". Olga Kaddura, die seit Jahrzehnten im Viertel lebt, ergänzt: "Was wären wir froh gewesen, wenn's das auch schon bei uns gegeben hätte."

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