OB-Wahl in München:Mit Hochhäusern gegen die Wohnungsnot

Knapper Wohnraum, hohe Mieten: Dieter Reiter, OB-Kandidat der SPD, will Münchens Mietmisere zum Wahlkampfthema machen und dabei möglicherweise den Bürgerentscheid von 2004 in Frage stellen. Auch eine autofreie Innenstadt ist für ihn offenbar kein Tabu. Wie Reiter aus Udes Schatten treten will.

Peter Fahrenholz

Der OB-Kandidat der SPD, Dieter Reiter, erwägt für den Fall seiner Wahl den Bau neuer Hochhäuser, um die Wohnungsmisere zu bekämpfen. Für Reiter wäre dabei offenbar auch der Bürgerentscheid von 2004 kein Tabu, der die maximale Höhe von Häusern auf 100 Meter begrenzt hatte. Die Bindungswirkung eines solchen Entscheides beträgt laut Gesetz nur ein Jahr. Dennoch hat bisher keine Partei gewagt, daran zu rütteln.

Vorstellung SPD-Kandidat für OB-Wahl

Wohnungsnot als Wahlkampfthema: Die OB-Kampagne von SPD-Kandidat Dieter Reiter nimmt langsam Konturen an.

(Foto: dpa)

Reiter sieht aber offenbar im Bau von Hochhäusern eine der wenigen Möglichkeiten, angesichts der knappen verfügbaren Flächen in der Stadt neuen Wohnraum zu schaffen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will er das Thema deshalb wieder auf die politische Agenda setzen und darüber neu diskutieren.

Die Stadtentwicklung mit den Problemen Wohnungsbau und Verkehr gehört zu den zentralen Punkten von Reiters OB-Kampagne, die allmählich Konturen annimmt. Reiter will dabei die vorhandenen städtischen Grundstücke stärker als bisher für die Schaffung preiswerter Wohnungen nutzen.

Beim Verkehr will Reiter ein deutliches Signal an die Grünen setzen, das in seiner eigenen Partei noch für reichlich Zündstoff sorgen dürfte. Nach Reiters Auffassung muss nämlich auch die SPD über das Thema autofreie Innenstadt nachdenken. Auch ein weiteres Vorhaben Reiters dürfte dem grünen Koalitionspartner gefallen. Reiter will bei einer weiteren Renaturierung der Isar Richtung Norden keine kommerzielle Nutzung der Ufer zulassen.

Zweiter Schwerpunkt in Reiters Kampagne ist das Thema Familien. Reiter will eine Struktur schaffen, die jeder Familie, die das möchte, ohne bürokratischen Hürdenlauf einen Kita-Platz garantieren soll. Dafür ist offenbar an die Schaffung einer zentralen Stelle gedacht, bei der das Angebot und die Verteilung freier Kita-Plätze gebündelt werden soll.

Um die Zusammenarbeit mit dem Umland zu verbessern plant Reiter, eine Diskussion über die Entwicklung des Ballungsraums München anzustoßen und zu institutionalisieren. Dazu soll, womöglich noch in diesem Jahr, eine Art Verbundtisch geschaffen werden, an dem die Verantwortlichen aus München und der Region ihre Pläne besser miteinander abstimmen sollen.

Raus aus Udes Schatten

Weil die Probleme großer Städte überall ähnlich sind, soll nach SZ-Informationen bereits kurz nach der OB-Wahl ein europäischer Großstadtkongress in München stattfinden, zu dem die Bürgermeister großer europäischer Metropolen eingeladen werden sollen.

Bei der Gestaltung öffentlicher Plätze in den einzelnen Stadtteilen soll es nach den Vorstellungen des SPD-Kandidaten keine Architekturwettbewerbe mehr geben. Stattdessen sollen die Anwohner stärker darüber mitentscheiden können. So sollen urbane Zentren entstehen.

Auch mit Detailproblemen, die aber immer wieder großen Ärger verursachen, hat sich Reiter offenbar bereits befasst. So möchte er den Dauerstreit um öffentliche Toiletten in München entschärfen. Nach Reiters Plänen soll die Stadt ein ausreichendes Angebot öffentlicher WC schaffen und auch bezahlen. Dort, wo es so es sich lohnt, wie etwa im Untergeschoss des Hauptbahnhofes, sollen soll der Betrieb solcher "Häusl" auch privatisiert werden können.

Eine für Reiter heikle Frage ist, wie er stärker aus dem Schatten von Oberbürgermeister Christian Ude heraustreten kann, ohne den Amtsinhaber politisch zu beschädigen oder zu verärgern und damit dessen Aussichten für die vorher stattfindende Landtagswahl 2013 zu schmälern. Reiter setzt dabei offenbar auf möglichst große Bodenständigkeit und Bürgernähe. So soll es unter einem OB Reiter regelmäßige Bürgersprechstunden geben, in die jeder ohne vorherige Anmeldung gehen können soll.

Dass es auch politisch zu Akzentverschiebungen kommen dürfte, hat sich in der Diskussion um die Finanzierung der zweiten Stammstrecke bereits gezeigt. Reiter geht davon aus, dass München nicht daran vorbei kommt, für den Tunnel mitzubezahlen. Er gehört zu denjenigen in der SPD, die Ude überzeugt haben, von seinem strikten Nein in dieser Frage abzurücken.

Nach den Worten von Münchens SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann ist Reiter inzwischen in allen SPD-Gremien "völlig unumstritten". Sein Bekanntheitsgrad in der Stadt liege mittlerweile bei 35 Prozent. Gemessen am gigantischen Bekanntheitsgrad Udes von über 90 Prozent erscheint das zwar wenig. Aber bei seiner Nominierung Ende 2011 sei Reiter nur neun Prozent aller Münchner ein Begriff gewesen, sagte Pfaffmann.

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