OB-Kandidaten in München:Schwarz-grüne Gedankenspiele

OB-Kandidaten in München: Einer von ihnen zapft im nächsten Jahr die erste Maß an (v. li.): Josef Schmid (CSU), Sabine Nallinger (Grüne) und Dieter Reiter (SPD).

Einer von ihnen zapft im nächsten Jahr die erste Maß an (v. li.): Josef Schmid (CSU), Sabine Nallinger (Grüne) und Dieter Reiter (SPD).

(Foto: Robert Haas)

OB-Kandidat Josef Schmid bringt nach der Bundestagswahl Bewegung in die politischen Fronten in München: Der CSU-Politiker kann sich vorstellen, im Fall eines Wahlsiegs ohne feste Koalition zu regieren. Auch die grüne Kandidatin Sabine Nallinger will sich nicht festlegen - die SPD-Spitze quittiert das mit Häme.

Von Peter Fahrenholz

Wenige Tage nach der Bundestagswahl geraten die lange Jahre fest gefügten politischen Fronten in München in Bewegung. CSU-Kandidat Josef Schmid will im Fall seiner Wahl zum Oberbürgermeister ohne feste Koalition regieren und den Grünen einen Bürgermeisterposten anbieten. Die OB-Kandidatin der Grünen, Sabine Nallinger, wies Schmids Avancen keineswegs brüsk zurück und nannte es "falsch", sich vor der Wahl auf einen einzigen Partner festzulegen.

Zwischen SPD und Grünen herrscht ein zunehmend gereizter Ton. Die SPD reagiert mit offener Häme auf Nallingers Äußerungen zu einer möglichen Stichwahl, während Nallinger die rot-grüne Bilanz der vergangenen sechs Jahre als unzureichend kritisiert.

Schmid wagt sich mit seinen Gedankenspielen für eine offene Zusammenarbeit im Rathaus unter Einschluss der Grünen als erster der OB-Kandidaten aus der Deckung. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, eine grüne Bürgermeisterin zu wählen", sagte Schmid beim CSU-Wiesnstammtisch am Dienstagabend. Er sei ein "offener, liberaler Mensch". Im Falle seiner Wahl will Schmid keine feste Koalition mit einer der anderen Rathausparteien bilden, sondern parteiübergreifend nach Mehrheiten suchen.

Er wolle "die Gemeindeordnung mit Leben erfüllen", in der feste Bündnisse wie auf Bundes- oder Landesebene nicht vorgesehen seien. "Das ist ein bisserl beschwerlicher". Der Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD) mache es genauso. "Ich will wieder zurück zum Kollegialorgan", sagte Schmid. Das habe in München vor der rot-grünen Ära "jahrelang gut geklappt".

Schmids Avancen stoßen bei Nallinger auf durchaus offene Ohren. Zwar betont sie, ihre Wunschkoalition nach der Kommunalwahl sei nach wie vor Rot-Grün. Doch zugleich will sich Nallinger vor der Wahl nicht auf diese Konstellation festnageln lassen, zudem ist bei ihr von rot-grüner Begeisterung nur wenig zu spüren. Sie finde es nach den Erfahrungen bei der Bundestagswahl "falsch, sich auf eine Partei festzulegen", sagte Nallinger. Sie sei in der Bündnisfrage "pragmatisch", es gehe darum, möglichst viele grüne Projekte umzusetzen.

Das hat offenbar in der vergangenen sechs Jahren von Rot-Grün in ihren Augen nur unzureichend geklappt. Im Bündnis mit der SPD seien "einige Themen nicht so vorangekommen, wie wir wollten", sagte Nallinger. Die Grünen hätte "schon gerne mehr umgesetzt". Nallingers rot-grüne Bilanz fällt deshalb nüchtern aus: "Das hätte mehr sein können".

"Eine Wandlung durchgemacht"

Der CSU attestierte die Grünen-Kandidatin einen deutlichen Lernprozess. "Ich glaube schon, dass die Münchner CSU mit Seppi Schmid eine Wandlung durchgemacht hat", sagte sie. Vorsichtig rückte Nallinger hingegen von Äußerungen ab, wonach sie im Falle einer Stichwahl zwischen Schmid und dem SPD-Bewerber Dieter Reiter keine Wahlempfehlung abgeben wolle. "Mein Ziel ist es nach wie vor, selber in die Stichwahl zu kommen", sagte sie.

Von der SPD-Spitze werden Nallingers Äußerungen dennoch voller Süffisanz kommentiert. Die "Kollegin Nallinger" habe ihre Hoffnung auf das OB-Amt offenbar "schon aufgegeben", ätzte SPD-Kandidat Reiter. Dass Nallinger im Alleingang darüber befinden wolle, wie sich die Grünen im Falle einer Stichwahl verhalten sollen, wurde von Reiter und SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann ebenfalls kritisiert. Pfaffmann sieht die Chancen für die SPD bei der Kommunalwahl durch die jüngsten Wahlergebnisse keineswegs geschmälert. "Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, die Münchner wissen genau, was sie wählen."

Die SPD will in München offenbar mit der gleichen Strategie vorgehen wie die CSU bei der Landtagswahl: nämlich die positive Wirtschaftslage der Stadt herausstellen und darauf setzen, dass die Mehrheit der Münchner keinen Grund für einen Wechsel sieht. Auf den Frühstart der Konkurrenz reagiert die SPD demonstrativ gelassen. "Wir lassen uns nicht treiben", sagte Pfaffmann, Reiter betonte: "Wir sind ganz entspannt."

Die SPD will die heiße Phase des Kommunalwahlkampfes erst nach den Weihnachtsferien beginnen. Von einer rot-grünen Euphorie ist allerdings auch bei den Sozialdemokraten nichts zu spüren. Die jüngsten Pläne der Grünen für mehr Fußgängerbereiche in der Innenstadt werden von der SPD abgelehnt. Zu einem "Boulevard Sonnenstraße" werde es keine Zustimmung der SPD geben, sagte Pfaffmann.

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