NullAchtNeun:Nicht nur, sondern auch

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Zwei Daumen hoch für München: Nicht nur für Ude ist München die Nummer Eins. Auch in New York und Shanghai wird die "Diva des Südens" zur schönsten und besten gekürt.

Karl Forster

Erst diese Woche wieder: Münchens Universitäten liegen bundesweit an der Spitze. Schreibt nicht das Solinger Tagblatt, behauptet nicht das MünchnerUni Magazin. Die Nachricht kommt aus Shanghai, wo die dortige Jiao-Tong University alle Jahre wieder ein weltweites Uni-Ranking herausgibt.

Zwei Daumen hoch für München - nicht nur Christian Ude, sondern auch chinesische Universitäten sehen die Landeshauptstadt an erster Stelle. (Foto: Foto: Catherina Hess)

Ähnliches verbreitete unlängst auch die Times, die Münchens TU als Deutschlands beste Hochschule outet. Nahezu wöchentlich trudeln solche Hitparaden über die Agenturen. Lebensgefühl. Design, Partyleben, und eben nicht zuletzt studentische Ausbildung - München liegt dabei meist so gut, dass es einem fast schon peinlich werden könnte. Und jetzt also auch noch Olympia 2018.

Bei oben erwähnten Uni-Charts sind, weltweit gesehen, natürlich noch eine ganze Menge Institute weit, weit vor den hiesigen platziert, Harvard, Berkeley, Cambridge, um nur ein paar Namen zu nennen. Der Titel "Deutschlands Bester" bedarf also schon noch einer genaueren Einordnung. Trotzdem hat sich das Bild vom verschlafenen Millionendorf offensichtlich gewandelt.

Die andere Seite der "Diva des Südens"

Schüttete doch der sonst eher mit kunstvollen Sottisen arbeitende Spiegel aus Hamburg im Frühjahr dieses Jahres unter dem Titel "Die Diva des Südens" soviel Liebe und Lob über München aus, dass man glaubte, die Kollegen von der Brantswiete (mit denen man sich gerne in Kolumnen zofft) bewürben sich statt um den Pulitzer- um den Friedensnobelpreis.

Dem folgte kurz später eine vor Münchenzuneigung nur so strotzende Eloge in der Zeit. Losgetreten wurde die publizistische Münchenphilie von dem New York Times-Korrespondenten Nicholas Kulish, der schon 2008 feststellte, München sei als Gegenentwurf zu Berlin "Germany's hot spot of the moment".

Und nun also, wie gesagt, auch noch Olympia. Gelänge die Bewerbung, wäre München weltweit noch einzigartiger: als erste Stadt in der Geschichte mit olympischen Sommer- und Winterspielen! Jetzt ist es aber auch gut. Wir wollen festhalten: München ist (auch) hässlich. Man muss nicht immer an den Kaufhof deuten, es reichen schon Riegerblock, Arnulfpark und Chiemgaustraße.

München ist (auch) arm. Man muss nicht in die Pilgersheimer Straße gehen, es reicht ein Blick auf die Menschenschlange vor jenen Läden, in denen sie altes Brot billig verscherbeln. München ist (auch) bösartig: Man muss nicht nur an die S-Bahn-Station Solln denken. Es reicht oft schon eine Fahrt mit der U-Bahn. Und München hat (auch) sehr dumme Menschen. Man muss nicht an die geplante Neonazi-Demo erinnern, es reicht schon ein Blick auf die Liste der gewählten Stadträte, die einen braunen Fleck aufweist.

München ist also nicht immer "nur", sondern "auch". Das sollte man, bei aller verständlichen Euphorie, nicht ganz vergessen.

© SZ vom 07.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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