Gastronomie:Der Tempel der Trüffelpizza

H'ugo´s Weinbar in München, 2018

H'ugo´s Weinbar von Ugo Crocamo ist das Wohnzimmer der Münchner Prominenz.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das H'ugo's am Promenadeplatz bietet die Möglichkeit, sämtliche alte München-Klischees auf einen Schlag zu überprüfen. Die Behörden sollten es unter Denkmalschutz stellen.

Kolumne von Christian Mayer

Der Fußballspieler Franck Ribéry spielt inzwischen nicht mehr in der schönsten Stadt der Welt, sondern nur noch in der zweitschönsten, aber immerhin handelt es sich dabei um Florenz, wo der 37-jährige Franzose seine Karriere gerade gemütlich ausklingen lässt. Wie schon zu seiner Zeit beim FC Bayern dribbelt er sich jünglingshaft durch jeden noch so kleinen Freiraum und genießt nebenbei die Freuden des Lebens. Aber ihm fehlt natürlich die bajuwarische Lässigkeit, die Mia-san-Mia-Seligkeit, das weiß-blaue Spektakel.

Vor allem vermisst Ribéry seinen Münchner Kosmos, der aus fünf Buchstaben und zwei Apostrophen besteht. Das H'ugo's am Promenadeplatz ist weit mehr als nur ein schimmerndes Prominentenlokal, in dem jedes private Geheimnis sofort die Runde macht. Es ist der natürliche Lebensraum für Gäste mit Sinn für Theatralik und für jene Saisonmünchner, die es nicht rechtzeitig nach Ibiza oder Kitzbühel geschafft haben. Als Namensgeber und Chef fungiert der unvergleichliche Ugo Crocamo, auch bekannt als Gott der Trüffelpizza.

Das H'ugo's bietet die Möglichkeit, sämtliche alte München-Klischees auf einen Schlag zu überprüfen. Zum Beispiel hat man als Gast nach dem dritten Glas Weißwein immer das Gefühl, direkt neben einer Gruppe von Ex-Freundinnen von Lothar Matthäus zu sitzen, die gemeinsam mit ihrem Schönheitschirurgen irgendeinen 39. Geburtstag feiern; älter als 39 ist im H'ugo's gefühls- und gesichtsmäßig sowieso keiner. Nirgendwo sonst wird man außerdem mehr Menschen treffen, die sofort erzählen, gerade als Immobilienmakler, Anwältin oder Schauspieler einer künftigen Netflix-Serie dick im Geschäft zu sein. Und fast schon rührend ist der Anblick von Männern mit weit geöffnetem Hemd und wehenden Haaren, die großbauchige Champagnerflaschen mit weißem Einschlag und schwarzem Schleifchen bestellen.

Von außen betrachtet, ist es nicht ganz unlogisch, dass Ugo Crocamo trotz der Corona-Krise gerade in weitere Lokale investiert. Soeben hat er neben seiner Starnberger Außenstelle im Undosa noch ein H'ugo's in Grünwald aufgemacht, in Hannover und Frankfurt laufen ebenfalls Lokale mit goldenen Lettern unter seinem Namen, und auch das Tambosi am Odeonsplatz gehört längst zum Familienimperium. Als Ort der demonstrativen Unbescheidenheit und des hemmungslosen Ugoismus aber bleibt das Stammlokal am Promenadeplatz unübertroffen.

Die Behörden sollten das H'ugo's unter Denkmalschutz stellen. Allein schon, damit der Fußballspieler Franck Ribéry immer eine Heimat hat.

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