NS-Prozess:Schlammschlacht im Gericht

Bevor das Urteil im Prozess gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Josef Scheungraber gesprochen wird, geht es vor Gericht emotional zu.

Alexander Krug

Zum Schluss wurde es noch einmal emotional: "Ich habe 14 Jahre meines Lebens für dieses sogenannte Vaterland geopfert. Und nun muss ich im Alter von fast 91 Jahren das erste Mal im meinem Leben vor einem Gericht stehen. Das wünsche ich niemandem." Mit diesem "letzten Wort" ist am Mittwoch der Prozess gegen den wegen 14-fachen Mordes angeklagten mutmaßlichen Kriegsverbrecher Josef Scheungraber nach zehn Monaten Verhandlungsdauer in seine letzte Phase getreten. Das Gericht will sein Urteil voraussichtlich am 11. August um 9 Uhr verkünden.

Josef Scheungraber

Der Angeklagte: Josef Scheungraber.

(Foto: Foto: Haas)

Zum Schluss wurde es noch einmal emotional: "Ich habe 14 Jahre meines Lebens für dieses sogenannte Vaterland geopfert. Und nun muss ich im Alter von fast 91 Jahren das erste Mal im meinem Leben vor einem Gericht stehen. Das wünsche ich niemandem."

Mit diesem "letzten Wort" ist am Mittwoch der Prozess gegen den wegen 14-fachen Mordes angeklagten mutmaßlichen Kriegsverbrecher Josef Scheungraber nach zehn Monaten Verhandlungsdauer in seine letzte Phase getreten. Das Gericht will sein Urteil voraussichtlich am 11. August um 9 Uhr verkünden.

Bevor sich der Angeklagte zu seinem "letzten Wort" erhob, hatte es im Schwurgericht noch einmal einen Schlagabtausch zwischen Verteidigern und Staatsanwälten gegeben - und eine Schlammschlacht unter einigen Zeugen. Ausgangspunkt war die letzte Aussage des Zeugen Eugen S., der Scheungraber schwer belastet hatte. Auf einer Betriebsfeier Mitte der siebziger Jahre habe sich Scheungraber mit einem Massaker an Zivilisten gebrüstet. "Wir waren halt noch richtige Kerle", hatte der Zeuge seinen ehemaligen Chef zitiert.

Am Mittwoch waren weitere drei ehemalige Angestellte aus Scheungrabers Schreinerei in Ottobrunn geladen. Einer bezeichnete Eugen S. als "Riesenaufschneider", der beruflich nichts auf die Reihe bekommen habe. "Für mich ist er der größte Dreckhammel", schimpfte der 74-Jährige. Die Aussage von Eugen S. könne er sich nur als Rache für seine fristlose Entlassung erklären.

Der Zeuge bestätigte indes auch, dass Scheungraber auf feuchtfröhlichen Betriebsfeiern gerne mal über Kriegserlebnisse schwadronierte. "Einmal erzählte er, dass er Brücken und Brunnen in die Luft gesprengt habe, damit die Katzelmacher verrecken. Mit Katzelmacher meinte er die Italiener." Ein anderer Zeuge bekundete, dass der Angeklagte seine Kriegserlebnisse "glorifiziert" habe. Alle Zeugen konnten sich indes an keine konkreten Details der Prahlereien erinnern.

Scheungrabers Anwälte übergaben dem Gericht eine Strafanzeige gegen den Zeugen Eugen S. wegen des Verdachts der Falschaussage. "Diese Aussage ist nichts wert", sagte Anwalt Christian Stünkel. Der Zeuge habe Details genannt, die Mitte der 70-er Jahre noch gar nicht bekannt gewesen seien.

Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Sie bewertet die Aussage von Eugen S. als weiteren "Mosaikstein" im Sinne der Anklage. Scheungraber sei im Juni 1944 als Leutnant und Kompanieführer eine "zentrale Figur" gewesen. Das Massaker an den italienischen Zivilisten in Falzano di Cortona (Toskana) mit 14 Toten müsse ihm zugerechnet werden. "Er ist in Mittäterschaft dafür verantwortlich", konstatierte Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Die Ankläger wiederholten ihren Antrag auf lebenslange Haft, die Verteidiger blieben bei ihrer Forderung nach einem Freispruch.

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