Eine Frage der Sicherheit:Notruf von der Wasserwacht

Eine Frage der Sicherheit: Eine SOS-Notrufsäule der Wasserwacht am Ufer des Langwieder Sees.

Eine SOS-Notrufsäule der Wasserwacht am Ufer des Langwieder Sees.

(Foto: Lukas Barth/lukasbarth.com)

Die SOS-Säulen an der Langwieder Seenplatte und auch am Riemer Badesee sind veraltet. Aus Sicht der Retter ist die Stadt am Zug, sie soll neue Geräte finanzieren.

Von Ellen Draxel

"Der Mensch ist kein Fisch - und wenn er drei Minuten unter Wasser ist, ist er tot." Rudolf Brettner findet deutliche Worte, wenn es darum geht, auf eklatante Missstände aufmerksam zu machen. Der technische Leiter der Münchner Kreiswasserwacht arbeitet bei der Münchner Berufsfeuerwehr in der Einsatzzentrale; er weiß, wie wichtig schnelle Informationen sind, um Leben zu retten. Und deshalb macht er sich seit geraumer Zeit Sorgen um die Sicherheit der Besucher der Langwieder Seenplatte.

Südbayerns größtes Naherholungsgebiet mit dem Langwieder See, dem Luß- und dem Birkensee ist an heißen Sommertagen stark frequentiert, bis zu 40 000 Badegäste tummeln sich dann auf den Wiesen und im Wasser. Das gesamte Gelände zu überwachen ist allerdings kein leichtes Unterfangen, denn die Wasserrettungsstation liegt etwas ungünstig am Westufer des Langwieder Sees. Um diesen strategischen Nachteil auszugleichen, hat man bei der Gestaltung des Areals vor mehr als 20 Jahren daher Notrufsäulen über das Areal verteilt, acht an der Zahl.

Passiert einer Person etwas - vom Kreislaufkollaps über alle Arten von Verletzungen bis hin zum Ertrinken - kann jemand den Hörer abheben und landet automatisch bei der Wasserrettungsstation - sofern diese besetzt ist. Ohne Umleitung über die Rettungsleitstelle. "Wir nutzen diese Notrufsäulen im Sommer andauernd", sagt Wasserwacht-Ortsgruppenleiter Stefan Gruber. "Sie sind toll", bestätigt Brettner. "So wissen wir sofort, wo Hilfe nötig ist, und können ohne Zeitverlust selbst reagieren." Unter der Bedingung, dass die Notrufsäulen funktionieren. Genau darin aber liegt die Krux. Denn inzwischen gehören die Modelle an der Langwieder Seenplatte zum alten Eisen, es gibt für sie keine Ersatzteile mehr.

Ist eine Säule defekt, stülpen die Kontrolleure eine Tüte darüber

Die Björn-Steiger-Stiftung, die seit 1969 wesentlich zum Aufbau eines modernen Rettungsdienstes in Deutschland beigetragen hat und die Notrufsäulen stets gewartet hat, hat deshalb Anfang 2021 den Wartungsvertrag mit der Stadt gekündigt. Aus Wasserwacht-Sicht ist es nun Aufgabe der Kommune, neue Notrufsäulen für die Seenplatte und den Riemer See, wo das Problem ähnlich gelagert ist, anzuschaffen. Das sehen auch die Bezirksausschüsse Aubing-Lochhausen-Langwied, Pasing-Obermenzing, Allach-Untermenzing und Trudering-Riem so. "Zumal die Wasserwacht die Wasserrettung selbst finanziert und dafür keinen Pfennig von der Stadt bekommt", argumentiert Brettner.

Zwischen 2500 und 5000 Euro koste solch eine neue Rufsäule, wie sie beispielsweise schon am Ostbahnhof zu finden sei, sagt Brettner - je nach Menge und ob ein Wartungsvertrag mit abgeschlossen werde. Laut dem städtischen IT-Referat sind die Kosten höher, liegen zwischen 8000 und 9000 Euro. So oder so - die Notrufsäulen nur zu demontieren, ohne sie durch modernere zu ersetzen, hält Brettner für "fatal", trotz der Tatsache, dass heutzutage fast jeder ein Handy hat. "Weil dieses System Leben rettet." Bislang allerdings hätten sämtliche Gespräche mit den Referaten der Stadt zu keiner Lösung geführt. "Eigentlich", schlussfolgert der technische Leiter frustriert, "interessiert die Sicherheit des Bürgers bei der Stadt keinen". Das sei "die traurige und beschämende Wahrheit". Brettners Frust resultiert auch aus der Tatsache, dass das Baureferat der Wasserwacht einen Zuschuss für den Bau eines neuen Bootshauses in Höhe von 100 000 Euro versprochen hatte, der aber nie ankam.

Inzwischen errichtet die Wasserwacht das Bootshaus auf eigene Kosten - mit ehrenamtlichen Mitgliedern. Zum Thema Bootshaus kommt vom Baureferat auf Nachfrage keinerlei Reaktion. Was aber die Notrufsäulen angehe, werde "das weitere Vorgehen derzeit geklärt", so die Baubehörde. Man stehe mit der Wasserwacht "in Kontakt zur Klärung der Finanzierung". Noch stehen die alten Notrufsäulen, mangels Alternativen überprüft die Wasserwacht deren Funktionstüchtigkeit seit einem guten Jahr selbst. Ist eine defekt, wie am Riemer See, stülpt das Kontrollteam eine Tüte darüber. Auf Anraten der Stadt.

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