Jubiläumskonzert:Sechs Männer im Frack

Jubiläumskonzert: Ehemals ein Teenagerensemble, heute gestandene "Nostalphoniker".

Ehemals ein Teenagerensemble, heute gestandene "Nostalphoniker".

(Foto: Vincenzo Buscemi)

Die legendären "Comedian Harmonists" waren und sind ihr großes Vorbild, doch nach 20 Jahren haben die "Nostalphoniker" auch ihren eigenen Stil gefunden.

Von Michael Stallknecht

Am 13. März 1934 sangen die Comedian Harmonists zum letzten Mal in München, wenig später wurde das bis heute berühmteste Vokalensemble verboten. Der wahnwitzige Grund: Drei der sechs Mitglieder waren Juden. Am 13. März 2003 standen in der Aula der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität erstmals fünf junge Sänger und ein Pianist auf der Bühne, um die großen Hits von damals nachzusingen. "Eher ein Teenagerensemble" sei man damals gewesen, erinnert sich Pianist und Gründungsmitglied Jan Golch: Schüler, Zivildienstleistende, beginnende Gesangsstudenten.

Doch nachdem gleich das erste Konzert knapp 900 Menschen hören wollten, machten sie einfach weiter. Seitdem sind die Nostalphoniker auch in Japan, Ägypten und Russland aufgetreten, machten im Pariser Maxim's gute Figur und auf einer Luxuskreuzfahrt rund um Südamerika.

Der schwarze Frack mit weißer Fliege bleibt dabei bis heute so obligatorisch wie "Mein kleiner grüner Kaktus" oder "In der Bar zum Krokodil". Aber wie schon die Comedian Harmonists Schlager und Operettenmelodien für ihre Besetzung adaptierten, hat auch Jan Golch mit seinen Arrangements das Repertoire im Lauf der Jahre erweitert, "immer entlang der Dreißigerjahre". "Wir haben unseren Stil gefunden, der ein bisschen locker ist", sagt er. So binden die Nostalphoniker immer auch Conferencen ein, unterstreichen die Songs mit gestischen und tänzerischen Elementen.

Startrampe für große Solisten-Karrieren

Dass ein Vokalensemble über zwanzig Jahre hinweg besteht, hat Seltenheitswert, schon wegen der komplexen Terminkoordination. Neben Golch sind bis heute zwei der Gründungsmitglieder dabei, andere haben als Solisten große Karrieren hingelegt: Tareq Nazmi zum Beispiel, der als Bass inzwischen weltweit unterwegs ist, oder der Bariton Ludwig Mittelhammer, heute Ensemblemitglied des Gärtnerplatztheaters.

"Die Nostalphoniker haben dazu beigetragen, dass sie überhaupt diesen Weg gegangen sind", ist Golch überzeugt. Nachwuchs fand sich leicht, vor allem aus der Münchner Musikhochschule. Im Lauf der Jahre entstanden so ganze Bühnenshows in Zusammenarbeit mit den Regisseuren Dominik Wilgenbus und Georg Blüml. Den Smoking tauschten die Jungs dabei auch mal mit dem Badeanzug, selbstverständlich stilecht aus den Dreißigerjahren. Schon weil sie "gern die etwas schlüpfrigeren Sachen" singen, wie Golch sagt.

Dass sie auch ernster können, bewiesen die Nostalphoniker spätestens mit ihrer berührenden Hommage "Die Comedian Harmonists sangen ...", in die sie Zeitdokumente über den unfreiwilligen Bühnenabschied der großen Vorbilder einbanden. 2016 vollzogen sie damit deren letzte Tournee nach, darunter am 13. März des Jahres im Jüdischen Zentrum München unter der Schirmherrschaft von Charlotte Knobloch und Franz Herzog von Bayern.

Knobloch wird auch am kommenden Samstag sprechen, wenn die Nostalphoniker im Künstlerhaus ihr 20-jähriges Bestehen feiern, als "Münchens ehemals jüngstes Vokalensemble", wie Golch mit der ensembletypischen Ironie sagt. Wobei sie auch einige von den Anekdoten erzählen wollen, die zusammenkommen, wenn sechs Männer im Frack zwanzig Jahre lang unterwegs sind.

20 Jahre Nostalphoniker! - Das Jubiläumskonzert, Sa., 18.3., 19.30 Uhr, Künstlerhaus am Lenbachplatz, (ausverkauft)

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