Süddeutsche Zeitung

Studie zum Nahverkehr:Der Nordring ist möglich

  • Laut einer Studie könnten noch vor der Eröffnung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke im Jahr 2026 erstmals Personenzüge auf dem Bahn-Nordring fahren.
  • Womöglich bekommt das BMW-Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) eine eigene Haltestelle.
  • Die Deutsche Bahn könnte mit den Vorplanungen betraut werden.

Von Andreas Schubert

Wenn es um den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs geht, wird seit Jahren immer wieder der Bahn-Nordring ins Spiel gebracht. Allmählich nehmen die Pläne konkrete Formen an. Denn jetzt liegt die Machbarkeitsstudie vor, die klären sollte, ob prinzipiell ein Personenverkehr auf der Strecke möglich ist. Und wie es aussieht, könnten noch vor der Eröffnung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke im Jahr 2026 erstmals im Regelverkehr Personenzüge auf dem Nordring fahren.

In einem Brief an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) teilt Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) mit, dass laut Studie das BMW-Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) mit Pendelzügen erreichbar gemacht werden könne, bevor der Nordring irgendwann komplett ausgebaut wird. BMW will bekanntlich das FIZ erweitern und drängt schon seit Längerem auf eine bessere ÖPNV-Anbindung. 15 000 neue Arbeitsplätze könnten laut Ministerium dort entstehen. Und für die Mitarbeiter wünscht sich der Autobauer, dass sie eben nicht mit dem Auto zur Arbeit pendeln müssen.

Laut Reichhart zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass Pendelzüge von Karlsfeld beziehungsweise Moosach über den Nordring zum FIZ "als verkehrlich sinnvoll und grundsätzlich machbar" eingestuft werden. "Die positiven Signale sollten wir nutzen und schnellstmöglich die nächsten Planungsschritte einleiten, indem wir die Deutsche Bahn als verantwortliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit den Vorplanungen betrauen", schreibt der Minister. "Ich gehe dabei davon aus, dass wir im gemeinsamen Interesse an einer Verbesserung der Verkehrssituation im Münchner Norden auch die erforderlichen nächsten Schritte gemeinsam veranlassen."

Die Pendelzüge auf dem Eisenbahn-Nordring wären ein erster Schritt zu mehr tangentialen Schienenstrecken. Denn auch nach Einschätzung des Ministeriums ist die zweite S-Bahn-Stammstrecke kein Allheilmittel zur Lösung der Verkehrsprobleme in der Landeshauptstadt, sondern allemal ein Baustein. Früher oder später wird auch der Südring wieder ein Thema werden. Dessen Ausbau wurde zugunsten des Stammstreckentunnels zwar verworfen. Aber als langfristige Option ist er noch nicht völlig vom Tisch.

Doch zunächst will die Politik den Nordring angehen. Bisher verkehrt auf der zweigleisigen, rund 30 Kilometer langen Strecke fahrplanmäßig nur Güterverkehr. Doch 2017 gaben die Stadt München, der Freistaat und der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) die Studie in Auftrag. Die zentrale Fragestellung war, inwiefern sich Güterzüge und S-Bahnen auf der viel befahrenen Strecke in die Quere kommen würden.

Nächster Schritt wäre, dass der Freistaat der Bahn der Bahn den Planungsauftrag auch tatsächlich erteilt. Dann wird sich anhand einer Nutzen-Kosten-Untersuchung auch noch zeigen müssen, ob sich ein möglicher Ausbau überhaupt rentiert. Für den Pendelzug müsste an der Knorrstraße auf jeden Fall ein neuer Bahnhof gebaut werden. Fallen die Kosten im Vergleich zum errechneten Nutzen zu hoch aus, gibt es vom Bund keine finanzielle Unterstützung - und dann müssten Stadt und Freistaat die Kosten tragen. Denkbar wäre, dass auch BMW einen finanziellen Beitrag leistet, da das Unternehmen und seine Mitarbeiter am meisten von der neuen Verbindung profitieren würden.

Das wird alles noch zu verhandeln sein. Die Bahn jedenfalls sagt zu den Plänen noch nichts, da sie nicht die Auftraggeberin der Machbarkeitsstudie war. Umso freudiger reagiert OB Reiter auf die Nachricht, dass im Norden der Stadt offenbar etwas vorangeht. "Ich freue mich, dass Minister Reichhart scheinbar ein ähnlich ungeduldiger Mensch ist, wie ich", teilte Reiter am Montag mit. "Bei unserem ersten Treffen waren wir uns erfreulicherweise einig, dass der öffentliche Nahverkehr in München und Region schneller und umfangreicher ausgebaut werden muss und dass es dringend Tangentialverbindungen braucht", so Reiter. Auch er erklärt hinsichtlich der angespannten Verkehrssituation, dass die zweite Stammstrecke nur ein erster Schritt sei. Er habe immer gesagt, dass auch über alle möglichen Ringverbindungen nachgedacht werden müsse. "Umso mehr freut es mich, dass nach der Stammstrecke jetzt zumindest der Nordring konkreter wird."

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SZ vom 08.01.2019/haeg
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