Schwabing:Fabelhaftes Wesen am Nordfriedhof

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Gockelhaft: die neue Sphinx am Nordfriedhof, ein Mischwesen mit Hahnenkopf und Löwenkörper. (Foto: Robert Haas)

Die historische Sphinx-Replik, die schon in Thomas Manns "Tod in Venedig" vorkam, ist am Nordfriedhof enthüllt worden.

Für die Kleinen vom Haus für Kinder an der Ungererstraße waren die vergangenen drei Monate eine spannende Zeit, konnten sie doch die langsame Wiedergeburt eines wuchtigen Wolpertingers auf der anderen Straßenseite vor dem Nordfriedhof beobachten, genauer: eines "byzantinischen Wolpertingers", wie Wolfgang Gottschalk und seine Lebensgefährtin Barbara Oppenrieder das gut zwei Meter lange und 1,70 Meter hohe Fabelwesen getauft haben.

Unter Anleitung der beiden Steinmetzmeister hat knapp ein Dutzend Steinmetz-Meisterschüler diese originalgetreue Replik einer historischen Sphinx-Figur aus einem 2,3 Tonnen schweren Block Kelheimer Kalkstein geflext, gemeißelt, geschliffen. Und im Beisein von gut 120 Besuchern, darunter freilich auch die Kleinen vom Haus für Kinder, wurde am Donnerstag dieses filigran geformte und gravitätisch blickende Mischwesen mit Hahnenkopf und Löwenkörper unter großem Beifall sowie vielfach entzückten "Ah"- und "Oh"-Rufen enthüllt. Der in seiner Zeit bedeutende Friedhofsarchitekt Hans Grässel ließ vor 120 Jahren zwei dieser rätselhaften Wesen als zur Ehrfurcht gemahnende Bewacherinnen beidseits des Hauptportals des Nordfriedhofs ins Stadtbild pflanzen. Der Schriftsteller Thomas Mann deutet sie zu "apokalyptischen Tieren" um; sie bekamen einen kleinen Auftritt in seinem Roman "Der Tod in Venedig". In der Nachkriegszeit verschwanden die Skulpturen allerdings auf obskure Weise, woran auch Zweiter Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU) bei dem Enthüllungstermin erinnerte. "Ein Rätsel, das bis heute nicht endgültig gelöst werden konnte."

Gelöst wurde dafür die Wiederkehr zumindest einer der Sphingen: Nach einer Initiative von CSU-Stadträtin Ulrike Grimm sah die Steinmetz-Innung München und Oberbayern die Chance, Aufmerksamkeit auf ihren Berufsstand zu lenken (was ihr auch gelang), stemmte die Finanzierung und überlässt das fabelhafte Wesen nun der Stadt als Schenkung. Die Zwillingssphinx könnte schon 2020 folgen, wie Stephanie Jacobs ankündigte, Chefin des Referats für Gesundheit und Umwelt. "Wir wollen sie nicht alleine stehen lassen."

© SZ vom 12.07.2019 / smüh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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