Süddeutsche Zeitung

Nockherberg III:Unvergessen

Stoiber war Lerchenberg war Stoiber

Edmund Stoiber hatte in Michael Lerchenberg über zwei Jahrzehnte hinweg ein fulminantes Double, und gegen Ende dieser Ära wusste man nicht mehr recht, ob Lerchenberg Stoiber imitierte oder ob sich nicht viel mehr Stoiber an seiner Bühnenfigur orientierte. Diese Schicksalsgemeinschaft nahm 1984 ihren Anfang, als Lerchenberg mit großformatiger Juristenbrille und streberhaftem Elan den "Adjutanten Stoiber" gab, das "blonde Fallbeil" in Diensten von Franz Josef Strauß. Als Stoiber es selbst zum Ministerpräsidenten geschafft hat, folgt ihm Lerchenberg auf dem Nockherberg wie ein Schatten. Oft erschien Stoiber da als strenger Zuchtmeister, der seine Untergebenen - Erwin Huber und Günther Beckstein erwischte es am schlimmsten - drangsalierte und ihnen unentwegt zu verstehen gab, dass sie unwürdige kleine Würstchen seien, die ohne seine Weisheit verloren wären. Der Singspiel-Stoiber gefiel sich in der pathetischen Inszenierung seiner selbst, und je länger der richtige Stoiber im Amt war, desto selbstverliebter und salbungsvoller war seine Salvatorspiel-Figur. Unvergessen der Abschied 2007, als der Lerchenberg-Stoiber sang: "Weint nicht um mich, Landeskinder. Ihr werdet es schwer bereuen. Es ist zu spät jetzt, spart euch die Tränen. Ich werde weg sein, ihr kriegt den Beckstein." Texte: Wolfgang Görl

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Quelle:
SZ vom 24.02.2016
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