Niedriger Flusspegel:Massensterben in der Isar

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  • Am Sonntag sind bis zu hunderttausend Fische in der Isar verendet, weil der Flusspegel rapide gefallen war.
  • Mutmaßlich haben die Stadtwerke zu schnell Wasser in den zuvor gereinigten Werkkanal geleitet.
  • In einer Mitteilung heißt es, man sei mit "großer Sorgfalt" vorgegangen.

Von Thomas Anlauf

In der Isar sind am Sonntag Tausende Fische verendet, nachdem der Flusspegel innerhalb kürzester Zeit rapide gefallen und Altwasserarme sowie Kiesbänke trocken gefallen waren. Vor allem kleine Fische sowie Jungfische konnten sich nach Angaben der Münchner Isarfischer wegen des rasch sinkenden Wassers nicht mehr aus ihrer Falle südlich des Flauchers befreien und erstickten in kürzester Zeit. Die Stadtwerke München hatten womöglich zu schnell das Wasser in den Werkkanal geleitet, der zuvor wegen Reinigungsarbeiten weitgehend abgelassen worden war, vermuten die Isarfischer. Die Folge: Der Isar fehlte plötzlich reichlich Wasser.

Wegen der anhaltend trockenen Witterung führt die Isar ohnehin seit Monaten nur relativ wenig Wasser, am Sonntagmorgen um sieben Uhr waren es an der offiziellen Messstelle des Wasserwirtschaftsamts München nördlich der Luitpoldbrücke 69 Zentimeter. Um zehn Uhr war der Pegel plötzlich auf 53 Zentimeter gefallen, eine Stunde später stand er wieder bei 67 Zentimeter. Auch der Abfluss des Wassers in der Isar ging innerhalb kürzester Zeit stark zurück. Waren es am Sonntagmorgen noch 31,2 Kubikmeter Wasser, die pro Sekunde durch die Isar strömten, floss um zehn Uhr nur noch die Hälfte (16,8 Kubikmeter pro Sekunde) an der Messstelle durch den Fluss.

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Die Isarfischer, die sich seit Jahrzehnten um den Bestand der Fische und auch um deren Artenvielfalt kümmern, haben vor allem tote Aitel, Bachschmerlen, Barben, Nasen, Elritzen, Bachforellen und Mühlkoppen zuhauf am Flussufer und auf den Kiesbänken entdeckt. Möglicherweise um die Hunderttausend Fische kamen am Sonntag ums Leben. "Wir konnten die Fische natürlich nicht zählen, aber es waren vor allem viele Kleinfische und Jungfische", sagt ein Sprecher des Vereins. Dass etwa 100 000 Fische gestorben sind, kann sich auch Willi Ruff, Vorsitzender der Isarfischer und Vizepräsident des Landesfischereiverbands, vorstellen. "Unsere Fischer haben gesehen, wie das Wasser rapide gefallen ist", sagt Ruff. "In dem Moment, in dem die Fische dann im Schlamm stecken, sterben sie innerhalb von Minuten."

In einer offiziellen Stellungnahme schrieben die Stadtwerke am Dienstag, dass man "wie auch in allen Jahren zuvor" bei der am Sonntag anstehenden Bachauskehr und den Sanierungsarbeiten im Werkkanal "mit großer Sorgfalt vorgegangen" sei. Der Werkkanal sei am Sonntagvormittag "langsam wieder befüllt worden". Am Dienstagnachmittag bestätigten Experten der Stadtwerke, dass der fast trockene Werkkanal von sieben Uhr an langsam, aber stetig geflutet wurde, um 13.50 Uhr war der Kanal wieder gefüllt. Die Stadtwerke räumen ein, dass das extreme Niedrigwasser in der Isar wohl "zum Teil sicherlich mit der Wiederbefüllung des Kanals" zu tun gehabt habe. Allerdings könnten die extremen Pegelschwankungen an der Messstelle auch mit den unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten der Stadtbäche, der Isar und des Werkkanals zusammenhängen.

Mit den Isarfischern wollen die Stadtwerke nun den Kontakt intensivieren, um solche Ereignisse künftig auszuschließen. Für Willi Ruff ist die ganze Angelegenheit zwar tragisch, doch er hält es letztlich für ein "Missgeschick".

© SZ vom 10.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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