Süddeutsche Zeitung

Football:München ist bereit für den Kick-off

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Das Interesse an Football ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. In diesem Herbst kommt die National Football League nach München. Der Andrang auf die Tickets dürfte riesig werden.

Von Christoph Leischwitz 

Gleich vorweg: Tickets für dieses Spiel zu bekommen dürfte sogar noch schwieriger werden als bei den Heimspielen des FC Bayern. Als die National Football League (NFL) am Mittwochabend bekannt gab, dass München als erste Stadt Kontinentaleuropas ein Ligaspiel ausrichten wird, provozierte das spontan schon einmal einen Internet-Stau. Dabei konnte man sich nur für einen Newsletter eintragen, der einem irgendwann später einmal mitteilen wird, wie der Kartenverkauf ablaufen soll.

Die Begeisterung für dieses Footballspiel in der Allianz Arena ist also enorm. Bürgermeister Dieter Reiter klingt fast schon ehrfürchtig, wenn er sagt, es sei eine "große Ehre", als erste deutsche Stadt ein Spiel der NFL International Series austragen zu dürfen. Die meisten dieser Auslandsspiele, bei denen es sich um reguläre Ligaspiele handelt, fanden in den vergangenen 15 Jahren in London statt, einige in Mexiko. Nun hat München zunächst zwei Spiele in den kommenden vier Jahren zugesichert bekommen, ebenso wie Frankfurt; München wird im Herbst den Anfang machen. Die Kooperation soll aber nach Möglichkeit lange darüber hinaus fortgeführt werden.

Das Datum für den Kick-off sowie die Spielpaarung will die NFL in den kommenden Wochen bekanntgeben. Als sicher darf gelten, dass das Spiel an einem Sonntag stattfindet. Wahrscheinlich ist ein Termin Anfang November, weil die Fußball-Bundesliga wegen der WM in Katar ausnahmsweise dann schon in die Winterpause geht und die Arena frei wäre für den nötigen Umbau - bis hin zu den vielen neuen Markierungen auf dem Spielfeld.

American Football ist in Deutschland zuletzt immer populärer geworden. In den vergangenen Jahren sind die Einschaltquoten bei NFL-Spielen rasant, die Mitgliederzahlen in den Vereinen zumindest stetig gestiegen - ein Trend, den nicht einmal Corona stoppen konnte, sondern bestenfalls gebremst hat. Der Football-Bundesligist Munich Cowboys hatte Ende 2019 rund 600 Mitglieder, jetzt sind es 650. Viele der Neuen sind Jugendliche, obwohl diese lange überhaupt nicht spielen durften.

Neu ist der Hype übrigens nicht, es handelt sich eher um eine Neuauflage

Auch die Zuschauerzahlen bei den Heimspielen im Dantestadion hatten sich bis zur Pandemie positiv entwickelt, im Schnitt kamen knapp 2000. So neu ist der Hype übrigens nicht, es handelt sich eher um eine Neuauflage: Als die Munich Cowboys 1993 zum ersten und bislang einzigen Mal Deutscher Meister wurden, kamen zum Finale gegen Köln im Reitstadion in Riem 12 000 Zuschauer. Eine Fanbasis gibt es also schon seit Jahrzehnten.

Außerdem gibt es mit den München Rangers ein zweites namhaftes Team in der Stadt, das in der im Frühjahr startenden Saison in der dritten Liga antritt. Nicht vertreten ist München bislang allerdings in der neu gegründeten European League of Football (ELF), von der Struktur her eine Kopie der nordamerikanischen NFL. Eigentlich hätten die Organisatoren um den Football-Kommentator Patrick Esume, der zugleich auch ELF-Commissioner ist, gerne ein bayerisches Team an den Start gebracht. Dem Vernehmen nach wurde für eine neue Mannschaft allerdings noch kein passendes Stadion gefunden.

Als der NFL-Superstar Odell Beckham junior 2016 in München zu Gast war - der Passempfänger steht am kommenden Sonntag übrigens auch mit den Los Angeles Rams im Finale um den Super Bowl - säumten Jugendliche die Straßen und schrien begeistert "OBJ". Das Event war offensichtlich ein Testballon gewesen dafür, wie begeisterungsfähig die Stadt ist, und München hat die Prüfung bestanden. "Ich freue mich natürlich, und wir hoffen, von der zusätzlichen Aufmerksamkeit für den Sport zu profitieren", sagt Cowboys-Präsident Werner Maier.

Auch die Stadt hat sich für dieses Event begeistern lassen; angestoßen hat die Idee allerdings jemand anderes: der FC Bayern. Die Fußballer pflegen schon seit Jahren eine Kooperation mit dem FC Dallas. Dessen Besitzer heißt Clark Hunt, ist zugleich der Boss der NFL-Spitzenmannschaft Kansas City Chiefs und hat großen Einfluss auf die Entscheidungen des Dachverbandes.

Namhafte Mannschaften haben sich Rechte am deutschen Markt gesichert

Bereits im vergangenen November hatte die NFL eine Delegation nach München geschickt. Dem Vernehmen nach wurden Orte wie die Cowboys-Heimat Dantestadion und auch der Campus des FC Bayern besichtigt, um sich ein Bild über mögliche Unterbringungs- und Trainingsmöglichkeiten für die Mannschaften zu machen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Chiefs eines der beiden Teams sein werden, die in München auflaufen, zumal sich das Franchise-Unternehmen zuvor exklusive Rechte am deutschen Markt gesichert hatte - gemeinsam übrigens mit weiteren namhaften Mannschaften wie den New England Patriots.

Mit der Vergabe wird auf München sehr viel mehr zukommen als ein einfacher Football-Spieltag. Zum einen werden viele Zuschauer von weit entfernt anreisen, denn die NFL legt Wert darauf, Ticket-Pakete mit Hotelbuchungen zu verkaufen, auch im Sinne der Ausrichter-Stadt selbst. Ähnlich wie bei einem Super Bowl wird es, sofern die Pandemie es dann schon zulässt, in den Tagen vor dem Spiel zahlreiche PR-Events und Partys geben, die Mannschaften werden internationale Pressekonferenzen abhalten. Und egal, wann genau das zweite zugesagte Spiel in München stattfinden wird, über die kommenden Jahre hinweg will die NFL einen beträchtlichen finanziellen Beitrag für Football-Förderprogramme leisten.

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