Süddeutsche Zeitung

Neuried:Widrigkeiten am Bau

Lesezeit: 2 min

Die neue Mehrzweckhalle können die Neurieder auch bei dieser Bürgerversammlung nicht nutzen

Von Julian Raff, Neuried

Nur einmal, vor zwei Jahren, konnten sich die Neurieder zur Bürgerversammlung in ihrer neuen Mehrzweckhalle treffen, bevor diese im Frühjahr 2017 wegen Baumängeln gesperrt wurde. Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) konnte beim diesjährigen Forum in der Grundschul-Aula wenigstens in Aussicht stellen, die Halle im kommenden Jahr wieder "bespielbar" zu machen, auch auf die Gefahr hin, dass die Gemeinde auf Sanierungskosten sitzen bleibt. Der jüngste Gutachtertermin am 29. Oktober habe keine Annäherung gebracht, berichtete Zipfel. Vielmehr würde die Baufirma im Rechtsstreit um die Stabilität der Zwischendecke "auf Zeit spielen", indem sie Mängel und Risiken kleinrede.

Bei einem Belastungstest sei einer von sieben so genannten Noniusabhängern gerissen. Der gegnerische Gutachter habe dies als "normal" bezeichnet, auch wenn so, laut übereinstimmender Expertenmeinung, keine 100-prozentige Sicherheit gewährleistet werden könne. Der Auftragnehmer habe nicht einmal Auskunft darüber geben können, ob eigene Leute gepfuscht hätten oder Subunternehmer. Als "unglaublich" bezeichnete Bürgermeister Zipfel, selbst Ingenieur, sowohl dieses Gebaren, als auch den daraus folgenden Umgang mit öffentlichem Eigentum. Die Gemeinde habe der Firma nun eine "allerletzte Frist" gegeben, die Mängel bis Ende November zu beseitigen. Eine Einigung scheint nahezu ausgeschlossen zu sein, ein günstiger Richterspruch zumindest in weiter Ferne. Die Gemeinde wird die Decke daher wohl, vorerst auf eigene Rechnung, in Ersatzvornahme reparieren lassen, um die Halle im neuen Jahr nutzen zu können.

Mit Widrigkeiten am Bau schlägt sich die Neurieder Verwaltung derzeit auch ein paar Meter weiter östlich herum, wo der alte, hauptsächlich von der Musikschule genutzte Grundschultrakt aus Statikgründen durch einen rund vier Millionen Euro teuren Neubau ersetzt werden muss. Dieser bekommt nun eventuell doch ein zweites Obergeschoss für die Musikschule, oder wahlweise einen vergrößerten Keller.

Der Terminplan sieht vor, den Bestand im kommenden Sommer abzureißen und den Neubau im September 2020 zu eröffnen, pünktlich zum prognostizierten Anstieg der Schülerzahlen. Ein sportliches, aber laut Harald Zipfel durchaus realistisches Ziel, da die beauftragte Firma schnell mit vorgefertigten Teilen arbeiten könne. Zeitlich hinter dem Schulbau zurückstehen muss freilich das Projekt Ortsmitte/ Neues Rathaus.

Weiterhin Geduld brauchen die Neurieder auch beim geplanten Radweg nach Gauting. Immerhin konnte Vize-Landrat Jörg Scholler (FDP) Hoffnungen auf einen Grundstückstausch mit der Heiliggeistspital-Stiftung machen. Der kirchliche Sozialträger hatte sich bislang geweigert, im Bereich Forst Kasten Grund abzutreten und so das Projekt blockiert. Innerorts verbessert sich dafür die Infrastruktur für Pedalisten mit sechs neuen MVG-Leihradstationen und mit neuen Fahrradständern beim Wohngebiet Haderner Weg. Letztere hatte die Gemeinde wenige Tage nach der schriftlichen Eingabe eines Anwohners aufstellen lassen, womit sich einer von zwei Bürger-Anträgen erledigt hatte.

Im zweiten Antrag forderte Rainer Pippig die Gemeinde auf, nach Münchner Vorbild mit einer entsprechenden Satzung gegen Immobilien-Leerstände vorzugehen. Es gebe sowohl verwaiste Einfamilienhäuser in der Gemeinde als auch Wohnungen, die gar nicht oder höchstens zur Wiesnzeit genutzt würden. Rechtsmittel sieht Bürgermeister Harald Zipfel als möglich, aber heikel an. Manchmal seien Eigentümer älterer, maroder Häuser schlicht überfordert. Hier helfe schon ein persönliches Gespräch und das Angebot organisatorischer Hilfe bei Sanierung und Vermietung. Er kenne aber auch zumindest einen Fall von echtem Spekulations-Leerstand, sagte der Bürgermeister.

Auf jeden Fall bewegt das Thema: Bei nur wenigen Enthaltungen nahm die rund 100-köpfige Versammlung den Antrag mit 53 zu 24 Stimmen an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4202997
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.11.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.