Neuried:Rückwärts denken, vorwärts planen

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Lebendig soll die Neurieder Ortsmitte werden: Zentrales Anliegen der Gemeinde ist es, vor allem auf dem besonderen Grundstück mitten auf dem Platz Gewerbe und Wohnen unterzubringen. (Foto: Catherina Hess)

Weil es keinen Rathausneubau mehr gibt, muss sich der Gemeinderat von einem gesamtplanerischen Entwurf der Ortsmitte lösen. In einer Sondersitzung wählte der Bauausschuss nun aus sieben Entwürfen zwei für den Ideenteil aus

Von Annette Jäger, Neuried

Der Rathausneubau in Neuried ist vom Tisch, und dennoch bleibt die Gestaltung der Ortsmitte das Thema. Die Gemeinderäte haben jetzt die schwierige Aufgabe, sich für einen Ideenteil des Architektenwettbewerbs zu entscheiden, den die Planer für das 1,57 Hektar große Areal zwischen Planegger Straße, Münchner Straße und Haderner Weg entworfen haben. Das gewählte städtebauliche Konzept soll in einen Bebauungsplan einfließen, der dann wiederum Bestandteil eines Investorenwettbewerbs sein wird. In einer Sondersitzung hat sich der Bauausschuss am Dienstag auf zwei Entwürfe geeinigt, die in die engere Wahl kommen. Einer davon ist der Siegerentwurf des gesamten Architektenwettbewerbs.

Mit einer klaren Zielvorgabe ging Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) in die Sondersitzung: Bis Ende des Jahres soll der Bebauungsplan für das Areal stehen. Er ist die Voraussetzung dafür, dass das Grundstück verkauft werden kann. Und das ist dringend nötig, denn die hier zu erzielenden rund 16 Millionen Euro sollen andere Investitionen der Gemeinde finanzieren - ursprünglich einen Rathausneubau, jetzt möglicherweise einen Immobilienkauf. Statt Neubau will die Gemeinde das bestehende Interimsgebäude, in dem das Rathaus derzeit im Gewerbegebiet residiert, kaufen. Für das zu verkaufende Grundstück in bester Lage will die Gemeinde aber genaue Vorgaben machen. Zentrales Anliegen bleibt es, Gewerbe und Wohnen unterzubringen und vor allem: Lebendig soll es werden.

Etwas verloren und gar überfordert wirkten die Mitglieder des Bauausschusses in der Sondersitzung. Sie sollten einen überzeugenden Ideenteil aus dem Wettbewerb auswählen, wofür ihnen jedoch lediglich die Klötzchen-Modelle der Architekten in virtueller Form zur Verfügung standen. Die Einschätzung des Preisgerichts zu den jeweiligen Entwürfen musste vorgelesen werden, da nicht alle Gemeinderäte über das schriftliche Protokoll verfügten. Die fünf Wettbewerbsmodelle, die in die engere Wahl des Preisgerichts Ende Januar gekommen waren, hatte die Verwaltung zur Entscheidung vorgelegt, die Fraktion der Grünen brachte noch zwei weitere Entwürfe ein. Auf einen Haken machte Bauamtsleiter Andreas Braun noch aufmerksam: Für die drei erstplatzierten Entwürfe des Wettbewerbs ist bereits ein Preisgeld geflossen. Die Entwürfe gehören quasi der Gemeinde, sie kann die Ideen im Bebauungsplan umsetzen. Sollte ein anderer Entwurf aus dem Wettbewerb das Gefallen der Gemeinderäte finden, muss noch mal Geld fließen, denn das Urheberrecht liegt bei den Architekten.

Marianne Hellhuber (CSU) tat sich schwer, den Ideenteil für das Ortsmittengrundstück losgelöst vom Rathaus zu sehen. Wo das Rathaus geplant war, klafft nun ein Loch im Plan. "Was machen wir an dieser Stelle?" Das städtebauliche Gesamtkonzept sei jetzt "nicht mehr aus einem Guss". Tatsächlich sind die Gemeinderäte gefordert, umgekehrt zu denken, erklärte Andreas Braun: Nicht mehr ein Rathaus ist die Maßgabe für das, was auf dem Nachbargrundstück entsteht. Sondern jetzt gestalten die Gemeinderäte erst die Umgebung, daraus ergibt sich, welcher Baukörper anstelle des Rathauses entsteht.

Insgesamt sieben Entwürfe sichteten die Gemeinderäte an dem Abend und entschieden sich letztlich für zwei, mit denen sie weiterarbeiten wollen. Der Ideenteil des Siegerentwurfs erhielt den Zuspruch aller Gemeinderäte. Dem Entwurf hatte das Preisgericht Ende Januar bereits eine gute Anordnung der Gebäude bescheinigt und auch die zurückgesetzten Dachgeschosse gelobt, die die Wohnbauten optisch in der Höhe reduzieren und Durchblicke auf Nachbargebäude erlauben. Eine knappe Mehrheit erhielt der dritte Preis des Wettbewerbs. Robert Hrasky (Bündnis Zukunft Neuried) gefiel hier insbesondere eine Ladenzeile, die abgewandt von der Straße zwischen dem zentralen Platz an der Planegger Straße und dem Haderner Weg entstehen würde. Allerdings fanden viele Gemeinderäte den Kopfbau an der Planegger Straße mit fünf Geschossen sehr "wuchtig" (Paolo Brenner, CSU). Für Marianne Hellhuber (CSU) war es ein "Klotz in der Ortsmitte", und auch Bürgermeister Zipfel gefiel das nicht. Trotzdem sprachen sich sechs der zehn Gemeinderäte dafür aus, den Entwurf als Empfehlung dem Gemeinderat vorzulegen. Der muss Ende März erneut debattieren. Die Fraktionen sind angehalten, gut vorzuberaten und zügig zu entscheiden. So lautete die Hausaufgabe des Bürgermeisters.

© SZ vom 12.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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