Neuried:Geteilte Ortsmitte

Die Gemeinde Neuried will erst das neue Rathaus angehen, bevor sie das restliche Zentrum plant. Es soll in mehrere Quartiere gegliedert werden

Von Johannes Korsche, Neuried

Manchmal hat ein kleiner Satz im Neurieder Bauausschuss erhebliche Auswirkungen: "Eigentlich ist das Rathaus der Kern der ganzen Entwicklung", sagte Siegfried Schopf (Bündnis Zukunft Neuried). Da passiert es dann, dass der gesamte planerische Ablauf der Ortsmitte rund um das alte Rathaus umgedreht wird, obwohl man eigentlich etwas ganz anderes auf der Tagesordnung stehen hatte. Das Gremium beschloss am Dienstagabend, dass die Verwaltung bei der Entwicklung der nördlichen Ortsmitte zunächst "Verfahrensvarianten für die Planung des Rathauses, der Außenanlagen und der Erschließung zu konkretisieren" und vorzustellen habe.

Soll heißen, als erstes wird das neue Rathaus geplant. Bisher wollten die Neurieder zunächst einen Grundstücksteil an der Münchner Straße verkaufen, um damit den Bau des neuen Rathauses zu finanzieren und im gemeindlichen Bestand zu halten. Der Gemeindehaushalt ist notorisch klamm, diese Art der Finanzierung wäre wohl die schonendste. Dieses Konstrukt gibt es in dieser Reihenfolge nun nicht mehr. Vielmehr muss die Gemeinde nun mindestens die Planungskosten des Rathausbaus vorstrecken.

Neuried: Rund um das alte Neurieder Rathaus, in dem inzwischen das Bauamt untergebracht ist, soll in den kommenden Jahren ein lebendiger Ortskern entstehen.

Rund um das alte Neurieder Rathaus, in dem inzwischen das Bauamt untergebracht ist, soll in den kommenden Jahren ein lebendiger Ortskern entstehen.

(Foto: Robert Haas)

Außerdem legten die Gemeinderäte fest, die Ortsmitte in drei Quartiere zu unterteilen: in ein Rathaus-, ein Gewerbe- beziehungsweise Büro- und ein Wohnquartier. Die bauliche Dichte setzten sie so fest, dass die Wohnhäuser höchsten vier- oder fünfgeschossig sein können, der Gewerbe-und Bürobau maximal vier und das Rathaus höchstens drei Geschosse haben kann. Diese Zahlen ergeben sich aus einer immobilienwirtschaftlichen Analyse, die sicherstellen soll, dass die Gemeinde mit dem Grundstücksverkauf ihr Rathaus finanzieren kann.

Denn was die Neurieder Gemeinderäte bei ihrer "guten Stube", wie die Ortsmitte von mehreren Politikern genannt wurde, erreichen wollen, gleicht der berühmten Quadratur des Kreises. Denn einerseits wollen sie eine lebendige Ortsmitte nach ihren Vorstellungen gestalten, so soll neben neuen Wohnungen auch ein gastronomischer Betrieb und ein Einkaufsladen den Ortskern prägen. Andererseits haben sie kein Geld, um selbst zu investieren. Deshalb sind sie auf einen Investor angewiesen, der die angebotenen Grundstücke zu einem Preis kauft, der die weitere Entwicklung des Ortskerns deckt und sich zugleich an die Vorstellungen der Gemeinde hält. Das Problem: "Je mehr Sie mitbestimmen wollen, desto weniger wird der Investor zahlen", sagte Rechtsanwalt Felix Siebel, der die Gemeinde berät. Denn: "Es sind doch wir, die die Ortsmitte gestalten", sagte nicht nur SPD-Fraktionsvorsitzende Mechthild von der Mülbe. Dem steht entgegen, dass die Gemeinde bald "Geld, Geld, Geld" braucht, sagte CSU-Fraktionssprecher Michael Zimmermann.

Neuried: Bisher will auch wegen der prägenden Planegger Straße eine gemütliche Atmosphäre nicht so recht aufkommen.

Bisher will auch wegen der prägenden Planegger Straße eine gemütliche Atmosphäre nicht so recht aufkommen.

(Foto: Robert Haas)

Um diese Wünsche bestmöglich unter einen Hut zu bringen, hatte Judith Praxenthaler vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum ein Investorenauswahlverfahren vorgeschlagen. Schlicht gesagt, würde sich die Gemeinde dabei die Ortsmitte von mehreren Investoren planen lassen. Diese Investoren holen sich ein Planerteam, sprechen mit ihren sogenannten Ankerkunden, zum Beispiel eine Bio-Marktkette, und legen einen Entwurf vor, wie das Areal aussehen könnte, wenn sie zum Zuge kämen. Nach mehreren Verfahrensrunden, während derer die Gemeinde eingeben kann, was ihr gefällt und was nicht, wählt sie schließlich einen Investor aus, der sein Konzept umsetzt. Planung und Umsetzung sind dabei in einem Aufwasch erledigt. Für Bauamtsleiter Andreas Braun hat das viele Vorteile, wie er aufzählt: Es sei ein schnelles Verfahren. Es bringe schnelle Einnahmen und koste die Gemeinde nicht so viel. Zudem gebe es ein großes Mitsprache-Potenzial für die Gemeinde, da sie die Eckpunkte der Planung vorgeben und im weiteren Verlauf mitreden könne.

Doch die Gemeinderäte sahen sich von der zuvor im Gremium kaum bekannten Variante überrumpelt, weshalb sie dem Verfahren nicht zustimmten. Zumal sie vermeiden wollen, dass ihr neues Rathaus und die benachbarten Gewerbe- und Wohnbauten aussehen "wie zwei linke Schuhe", wie es Zimmermann nannte.

Dadurch, dass sie nun erst das Rathaus angehen, entstehe "ein Ankerpunkt", an den die Investorenideen andocken können, sagt Praxenthaler. Sie rechne damit, dass sich die Entwicklung der Ortsmitte dadurch um etwa ein Jahr verzögern wird. Nehme sich die Gemeinde diese Zeit, "ist das attraktiv". Auch wie der Dorfplatz einmal aussehen soll, könnte man mit diesem Verfahren besser steuern.

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