Neuried:Eine Chance für Normalverdiener

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Die Gemeinde verständigt sich auf Prinzipien der Sozialgerechten Bodennutzung nach Münchner Vorbild - wer mit Immobilien Geld verdient, soll auch der Gemeinschaft etwas zurückgeben. Ziel ist es, auf diese Weise vermehrt zu bezahlbaren Wohnungen zu kommen

Von Annette Jäger, Neuried

Drei Zahlen sollen Wohnen in Neuried künftig bezahlbar machen: 500, 30, 40. Sie sind in der Richtlinie zur Sozialgerechten Bodennutzung verankert, die der Gemeinderat nach Münchner Vorbild noch im Januar verabschiedet hat. Sobald neues Baurecht für Wohnen in der Gemeinde ausgewiesen wird, müssen von einer Größe von 500 Quadratmetern an 30 Prozent davon für einen Zeitraum von 40 Jahren als begünstigter Wohnraum gesichert werden. Einziehen dürfen dann Bürger mit mittleren Einkommen, aber auch Senioren, Studenten, Familien mit Kindern oder anerkannte Asylbewerber. "Eine Kommune, die die Wohnungswirtschaft steuern will, braucht das", sagt Bürgermeister Harald Zipfel (SPD).

Die Auflage, bei neuen Bauprojekten günstigeren Wohnraum zu schaffen, wurde in Neuried auch bisher schon umgesetzt: Bei Wohnraum, der auf dem Hettlage-Gelände, dem Grundstück südlich des Maxhofwegs und in der Ortsmitte Nord entsteht, sind 20 Prozent für eine Dauer von 25 Jahren für Bevölkerungsgruppen mit mittleren Einkommen zu reservieren. Die neue Richtlinie, die jetzt für das gesamte Gemeindegebiet gilt, geht noch einen Schritt weiter und verankert als festes Prinzip, 30 Prozent des neuen Wohnraums für 40 Jahre sozial zu binden. Mit der Richtlinie wurde ein SPD-Antrag aus dem Jahr 2016 final umgesetzt. "Mit diesem Beschluss konnte die SPD Neuried eines ihrer zentralen Anliegen umsetzen, damit in Neuried auch in Zukunft Normalverdiener eine Chance haben, eine Heimat zu finden und zu behalten", sagt Mechthild von der Mülbe, SPD-Fraktionssprecherin.

Dass es mit der Umsetzung der Richtlinie so lange gedauert hat, liegt an der Ortsentwicklung. Als der Antrag erstmals behandelt wurde, sah es so aus, als könne nur noch in der Ortsmitte und auf dem Hettlage-Gelände noch neues Baurecht für Wohnen ausgewiesen werden. Dann kam noch das Grundstück südlich des Maxhofwegs hinzu. Inzwischen gibt es jedoch immer wieder Ansätze zur Nachverdichtung innerhalb des Ortes - weshalb man, so Zipfel, jetzt doch eine Richtlinie für die gesamte Kommune erlassen habe.

Diese greife aber nur dann, wenn neues Baurecht geschaffen werde, betont von der Mülbe. Wenn etwa auf einem Grundstück ein altes kleines Haus durch eine wesentlich dichtere neue Bebauung ersetzt wird, dabei das bestehende Baurecht jedoch unangetastet bleibt, greift die Richtlinie nicht. Erst wenn es zu einer Mehrung an Baurecht kommt, muss von einem Umfang von 500 Quadratmetern an eine soziale Bindung erfolgen. Das kann entweder durch das "Neurieder Modell" geschehen, bei dem die Gemeinde die Belegungsrechte regelt. Dann gilt zudem während der ersten Jahre ab Erstbezug ein Quadratmeter-Preis von zwölf Euro Netto-Kaltmiete, festgelegt im Jahr 2017, zuzüglich der bis zum Zeitpunkt der Erstvermietung erfolgten Preissteigerung gemäß Verbraucherpreisindex. Es kann aber auch Wohnraum nach der sogenannten Einkommensorientierten Förderung (EOF) geschaffen werden. Dabei richtet sich die Belegung nach Einkommensgrenzen der Mieter oder Eigentümer. Schließlich ist in der Regelung auch ausdrücklich der genossenschaftliche Wohnungsbau als eine Möglichkeit verankert.

Die Richtlinie regelt nicht nur das soziale Wohnen, sondern legt auch fest, dass für die "infrastrukturellen Folgelasten", die durch Neubauten entstehen, der Bauherr aufkommen muss, welcher den Infrastrukturbedarf auslöst. Das bedeutet unter anderem, dass sich Investoren wie auch private Bauherren unter anderem an den Kosten für beispielsweise notwendig werdende Parkplätze, öffentliche Grünflächen, Spielplätze oder gar Kindergärten beteiligen müssen. Auch das gilt für neuen Wohnraum über 500 Quadratmetern. Die Richtlinie gilt von sofort an für künftige Bauprojekte.

© SZ vom 05.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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