Neuperlach:Zukunftspläne hinter Plexiglas

Wiedereröffnung der Beratung der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd (Thomas-Dehler-Straße 3)

Die Beratung ist jedenfalls sicher: Reinhard Streit (li.) und Robert Junkert mit einer Mitarbeiterin in der DRV-Filiale Neuperlach.

(Foto: Florian Peljak)

Die Deutsche Rentenversicherung berät ihre Kunden wieder persönlich. Zuletzt lief der Kontakt nur per Telefon und Videokonferenz - und das soll auch weiter angeboten werden

Von Ramona Dinauer, Neuperlach

In Kiosken und Kirchen sieht man es gelegentlich, in Schulen und Ämtern mittlerweile fast immer - das Einrichtungsmaterial der Corona-Krise: Plexiglas. Das trennt nun auch Kunden und Beamte bei der Rentenberatung. Seit diesem Montag bietet die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bayern Süd wieder persönliche Termine in ihren Stellen in München, Landshut, Regensburg, Passau, Rosenheim und Weiden. Dafür musste auch die größte der DRV-Filialen in Neuperlach aufgerüstet werden. Vorbei an Desinfektionsmittelspendern leiten Absperrbänder und gelbe Pfeile die Kunden zum Empfang.

Hinter der neuen Schutzwand sitzen die Mitarbeiter des Empfangs. Ohne vorher vereinbarten Termin kommen Besucher nicht mehr in das Gebäude. Auch auf eine Begleitperson soll verzichtet werden. Beides ist auf einem Schild weit vor dem Eingang vermerkt. Besucher, die bis zur Tür vordringen, fragt ein Mitarbeiter mit Schutzvisier nach ihrem Termin und sucht den Namen auf einer Liste, bevor er Zutritt gewährt. Der Wartebereich im Inneren ist fast leer, maximal zehn Personen dürfen hier gleichzeitig sitzen. Nur mit Mundschutz und Mindestabstand. Vor der Corona-Zeit tummelten sich mehr als 400 Menschen täglich in der Dependance der DRV. Doch am 16. März musste auch diese Einrichtung für den Publikumsverkehr schließen. Seither erledigt mehr als die Hälfte der Mitarbeiter die Aufgaben von zu Hause aus.

"Wir waren überrascht, wie gut das funktioniert hat", sagt Robert Junkert, Referatsleiter der oberbayerischen Beratungsstellen. Man habe festgestellt, "dass sich 90 Prozent der Fragen am Telefon klären lassen". Auch die Kunden wüssten zu schätzen, wenn sie für ein Gespräch von fünf Minuten nicht eine Stunde durch die Stadt fahren müssen, berichtet Junkert. Selbst ein Rentenantrag lässt sich telefonisch problemlos stellen. Bei einem ersten Anruf informiert die DRV den Kunden, welche Unterlagen er braucht. "Hat er alles zusammen, breitet der Kunde zum Beispiel auf seinem Wohnzimmertisch die Papiere aus, und der Berater am Telefon füllt mit ihm die bis zu 20 Seiten des Rentenantrags aus", sagt Junkert. Eine Hilfestellung, die die DRV Bayern Süd auch als Videokonferenz anbietet. Bereits vor der Corona-Krise startete die Auskunftsstelle mit der Videoberatung als neuem Service. Berührungsängste gibt es bei den Kunden, die meist älter als 50 Jahre sind, erstaunlich selten, sagt Reinhard Streit, Bereichsleiter für Auskunft und Beratung bei der DRV Bayern Süd. Probleme machte während der Schließung allerdings die Technik. Zwischenzeitlich stellte die Beratung wegen überlasteter Datenleitungen auf Schichtbetrieb um.

Etwa eine Million Rentner und knapp drei Millionen Versicherte betreut die DRV Bayern Süd. In den sechs Auskunfts- und Beratungsstellen zählte man seit Beginn der Corona-Krise etwa 107 000 Beratungsleistungen. Beinahe identisch war die Zahl im Vorjahreszeitraum. Mehr geworden sind am Servicetelefon die Fragen nach der Verschiebung der Rehabilitationskuren. Schließlich empfingen die fünf Reha-Kliniken der DRV Bayern Süd zeitweise keine Patienten mehr. Stattdessen mussten dort, wie beispielsweise in Bad Reichenhall, Covid-19-Infizierte behandelt werden. Seit Mitte Mai nehmen die Kliniken wieder erste Patienten auf, die einen negativen Corona-Test vorweisen können. Gleich geblieben sind die Fragen nach der Altersvorsorge. "Wann kann ich in Rente gehen?" oder "Was muss ich vor dem Ruhestand noch tun?", wollen die meisten Kunden wissen. Gerade beim Thema Altersvorsorge kann das Gespräch auch mal eineinhalb Stunden dauern. Hier wüssten die Leute die objektive Beratung zu schätzen, sagt Streit. "Wir wollen nichts verkaufen und empfehlen auch keine konkreten Anbieter für Produkte wie die Riester-Rente." Grundsätzlich sei eine zusätzliche Absicherung empfehlenswert. "Den Grundpfeiler der Altersvorsorge wird immer die gesetzliche Rente bilden. Doch nur mit der Rente allein kann es im Alter schwierig werden", sagt Junkert.

Was sich während der Krise bewährt hat, möchte die DRV nun verstärkt nutzen. Deshalb empfiehlt der Rentenversicherungsträger weiterhin die Telefon- und Videoberatung. So sparten alle Zeit und reduzierten das Infektionsrisiko, sagt Streit. Trotzdem freue man sich, für die Kunden, seit dem 15. Juni wieder persönlich da sein zu können, betont Geschäftsführerin Elisabeth Häusler.

Ähnlich geht es Esther Schäfer. In dieser Woche führte sie nach Monaten wieder erste persönliche Beratungsgespräche für die DRV Bayern Süd. Seit mehr als 30 Jahren macht sie diesen Job. Damit ist Schäfer bei der Rentenversicherung nicht die einzige. Der Großteil der Angestellten habe bereits im Unternehmen gelernt. "In so einer Krisenzeit mache ich drei Kreuze, dass ich im öffentlichen Dienst bin", sagt die Beamtin. Nicht nur das Einkommen, sondern auch eine sinnvolle Tätigkeit sei ihr so gesichert. Froh ist Schäfer dieser Tage auch, dass sie ihre Maske während der Beratung nicht tragen muss. Möglich macht das eine alternative Barriere für Tröpfchen - die Plexiglasscheibe.

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