Sie halten Schnee und Kälte stand, überdies sind sie mit Beton befestigt: Seit gut drei Wochen trotzen Dutzende Skulpturen im kleinen Garten am Quiddezentrum Wind und Wetter - doch trotz aller Vorkehrungen gegen mögliche Zerstörungswut haben Unbekannte einen Teil der Kunstwerke am vergangenen Wochenende schwer beschädigt. "Das Ausmaß schockiert uns", sagt Ingrid Müller vom Kunsttreff des Quiddezentrums.
Eine der Figuren wurde komplett aus dem Beton gelöst, eine andere im wahrsten Sinne des Wortes geköpft, an einer weiteren Skulptur ein Rad abgebrochen. "Für so viel Vandalismus braucht man Zeit", ist sich Müller sicher. "Das macht man nicht schnell nebenbei. Das war eindeutig mutwillig." Müllers Kollegin Manuela Clarin war am späten Sonntagnachmittag die erste, die bei ihrem regelmäßigen Rundgang durch den Garten das Ausmaß der Zerstörung entdeckte. Die Künstlerin hatte selbst eine Skulptur für den Park beigesteuert und unterstützte einige Mitwirkende des Projekts bei der Auswahl der Materialien und beim Anfertigung ihrer Kunstwerke. Nachdem sie das Zerstörungswerk entdeckt hatte, begann sie sogleich, die Scherben und Bruchstücke im Garten zusammenzusuchen; einige Einzelstücke zog sie aus dem Gebüsch; die Täter hatten die abgebrochenen Teile dorthin geschleudert.
Im vergangenen August hatten sich mehr als 40 Menschen zusammengetan, um ein Abschiedsprojekt zu realisieren, bevor das Quiddezentrum abgerissen wird. Unter dem Motto "Flora und Fauna" wurden Skulpturen angefertigt, welche die 56 Becken der beiden verwaisten Kaskadenbrunnen im Garten des Kulturzentrums verschönern sollten. Neben Bewohnern des Viertels beteiligten sich Künstler aus der Vereinigung "Kunstrefugium" sowie Kinder des Kindertreffpunkts Neuperlach im Oskar-Maria-Graf-Zentrum. Wochenlang modellierten sie Kunstwerke und überlegten gemeinsam, wie sie ihre Sujets praktisch umzusetzen können. Finanziell unterstützt wurde die Aktion vom Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach.
Bereits vor der Ausstellungseröffnung Anfang November war Ingrid Müller in Sorge, die Kunstwerke könnten Ziel von Zerstörung werden. Das gebe es immer wieder im Viertel, sagt sie. "Das ist kein Einzelfall." Das Polizeipräsidium München will dies nicht bestätigen. Zumindest lägen auch der zuständigen Polizeiinspektion keine entsprechenden Anzeigen vor.
Dennoch: Ingrid Müllers Befürchtungen waren nicht unbegründet. Probeweise hatte sie zuvor kleine Gegenstände im Garten deponiert. "Die sind dann schnell verschwunden", sagt sich Müller. Auch ein Plakat, das den Skulpturen-Park ankündigte, wurde vom Zaun gerissen. Deshalb entschieden die Organisatoren, die Objekte erst am Tag der Ausstellungseröffnung in die Brunnen einzulassen, damit die Künstler ihre Kreationen zumindest an diesem Tag unbeschädigt dem Publikum präsentieren konnten.
"Wir geben nicht auf", sagt Müller und macht deutlich, dass sie den Vorfall keineswegs tatenlos hinnehmen will. Die betroffenen Plastiken stehen nun im Atelier und sollen so schnell wie möglich restauriert und wieder aufgestellt werden. Spätestens bis Sonntag, 17. Dezember, soll der Skulpturen-Park wieder vorzeigbar sein und alle Figuren wieder an ihrem angestammten Platz stehen. An diesem Tag soll auch der Katalog zur Kunstaktion vorgestellt werden. Von 16 Uhr an sind Besucher eingeladen, sich den Garten mit reparierten Kunstwerke anzusehen. Bei Glühwein und anderen warmen Getränken geben zudem die beteiligten Künstler Auskunft zu ihren Arbeiten und deren Entstehungsprozess.
Ingrid Müller berichtet allgemein von "total netten Reaktionen" der bisherigen Besucher. Kürzlich sei zum Beispiel ein Anwohner im Kunstreff vorbei gekommen, um sich zu bedanken: "Vielen Dank, dass sie so was Schönes für uns hier im Viertel gemacht haben", gibt sie seine Worte wieder. Nun setzt Müller auch auf die Unterstützung der Neuperlacher: "Wenn der Garten mit Spaziergängern belebt ist, bietet sich weniger die Möglichkeit für solche Vandalismus-Aktionen. Dann kann sich keiner ungestört austoben, wie es jetzt passiert ist."