Süddeutsche Zeitung

Neuperlach:Sturm auf den Turm

Heftige Kritik an dem 17 Stockwerke hohen Boardinghaus an der Carl-Wery-Straße

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Die Frage klingt einfach: "Wieso wurde dieses Bauprojekt genehmigt?" Gemeint ist damit das Boardinghaus, das gerade an der Carl-Wery-Straße 35 entsteht. Doch ob es darauf auch eine einfache Antwort gibt, wird sich erst noch zeigen. Der Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach, an den sich ein Bürger mit der Bitte um Auskunft gewandt hatte, hat das Schreiben jüngst an die Stadtverwaltung weitergeleitet.

Genau genommen handelt es sich bei dem Boardinghaus um ein 17-geschossiges Hochhaus mit "Serviced Apartments", welche die Immobilien-Gruppe Schimpel & Winter derzeit errichten lässt. Geplant sind 607 Apartments mit ein bis zwei Zimmern, die zwischen 20,5 und 61,1 Quadratmetern groß sein werden. Die Kritik des Bürgers zielt nun darauf, dass es sich um ein "reines Investitionsprojekt" handle. "Es dient also absolut nicht zur Minderung der Wohnungsnot in München", moniert er.

In gewisser Weise bestätigt sogar der Bauherr selbst, dass diese Beschwerde berechtigt sein könnte - wenngleich vermutlich eher ungewollt: So wirbt er um Käufer für seine Apartments mit dem Hinweis, der "Münchner Wohnungsmarkt ist stark angespannt. Serviced Apartments sorgen hier für Entlastung: Das zukunftsweisende Konzept ,Wohnen auf Zeit' bietet Zugezogenen die Chance, in Ruhe in München anzukommen und nach einer passenden Wohnung zu suchen."

Eine Argumentation, der die Stadtviertelvertreter schon zu Beginn der Planungen nichts abgewinnen konnten. Den Bau des Boardinghauses konnte das Gremium freilich nicht verhindern, der wurde von der Stadt genehmigt. Weshalb sich der irritierte Bürger an der Carl-Wery-Straße 35 bald einem Gebäude gegenübersehen wird, dessen Höhe "eine absolute Frechheit in unserem Bezirk, der sowieso immer mehr verbaut wird", darstelle. Er wohne schon seit 1985 in Neuperlach-Süd, und immer habe es geheißen, dass hier gar nicht so hoch gebaut werden dürfe. Auch sollte ja an der Carl-Wery-Straße einst ein "Perlacher Tor" entstehen, als einladendes Entree zur Stadt. "Da kann ich ja nur lachen", ätzte der Bürger angesichts der aktuellen Bebauung. Wenn es sich dabei wenigstens um normale Wohnungen handeln würde, könnte er das ja noch verstehen. So aber stellte sich ihm offenbar die einfach klingende Frage: "Wieso wurde dieses Bauprojekt genehmigt?"

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Quelle:
SZ vom 16.04.2021
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