Neuperlach:Konstruktiver Widerstand

Neuperlach: Redebedarf: Vor allem die Verkehrsführung und die Bus-Routen machen den Anwohnern Sorge.

Redebedarf: Vor allem die Verkehrsführung und die Bus-Routen machen den Anwohnern Sorge.

(Foto: Stadt München)

Die Bebauungspläne für das ehemalige Kiesgrubengelände Piederstorfer führen bei der öffentlichen Erörterung zu Diskussionen. Vor allem bei der Verkehrsplanung sehen die Anwohner noch große Probleme

Von Astrid Benölken, Neuperlach

Die Anwohner der Niederalmstraße sind sauer. Gegen eine Siedlung auf dem ehemaligen Gelände der Firma Piederstorfer haben sie prinzipiell zwar nichts. "Wir verstehen das ja, München braucht Platz für Wohnungen", sagt eine Frau aus dem Publikum bei der öffentlichen Erörterung der Baupläne am Dienstagabend im Kulturzentrum Neuperlach. Aber die geplante Umsetzung sorgt in manchen Punkten doch für kritisches Stirnrunzeln und schlechte Laune.

Die ehemalige Kiesgrube am Alexisweg war jahrzehntelang im Besitz der Betonfirma Piederstorfer; bis 2020 soll auf der Freifläche nun eine Wohnsiedlung entstehen, eine Schnittstelle zwischen den Stadtbezirken Trudering-Riem und Ramersdorf-Perlach. Zur Gestaltung hatten die Investoren zunächst einen Wettbewerb ausgeschrieben. Jetzt präsentierten die Sieger - eine Kooperation der Architekturbüros "Riegler Riewe", "Yellow Z" und "Landschaftsarchitektur Diekmann" - ihren erfolgreichen Entwurf vor knapp hundert interessierten Bürgern.

Etwa 118 000 Quadratmeter Wohnfläche hatten die Architekten bei der Planung in 1300 Wohnungen unterzubringen - Platz für etwa 3000 Menschen. Der Übergang vom "kleinteiligen Trudering" zum "großformatigen Perlach", wie Ute Michael-Grömling vom Planungsreferat es formuliert, sollte möglich sanft gestaltet werden. Und so beginnen die Wohnblöcke im Siegerentwurf in Neuperlach mehrstöckig und flachen nach Trudering hin ab. Die derzeitige Freifläche habe sich "ins kollektive Gedächtnis gebrannt", erläutert Architekt Roger Riewe. Sein Kollege Martin Diekmann ergänzt, es sei daher erklärtes Ziel gewesen, die neuen Wohnblöcke "von Landschaft umspülen zu lassen." Bei ihren Erläuterungen werden die Planer nicht müde, die Vorteile für Anwohner herauszustellen. Doch angesichts des kritischen Murmelns und spöttischer Lachsalven wird schnell klar: So einfach geht das nicht. Gerade die Bewohner der Niederalmstraße, die etwa drei Viertel der Zuschauer ausmachen, sehen die Pläne kritisch: "Uns fehlt der Übergang", sagt eine Frau aus dem Publikum, "60 Jahre lang haben wir ins Grüne geschaut und auf einmal blicken wir auf hohe Mauern." Parkplätze seien derzeit schon Mangelware - sei es überhaupt möglich, alle Autos der künftigen Bewohner in Tiefgaragen zu parken? Und: "Bevor das erste Kind unter den Laster kommt", solle für Schulwegsicherheit gesorgt werden.

Mehr als alles andere bewegt das Thema Verkehr: Die Stadt hatte eine durchgehende Straße im neuen Viertel zwischen Karl-Marx-Ring und Friedrich-Creuzer-Straße verlangt, die könnte auch Schleichweg-Fahrer von außerhalb in die Gegend bringen. Durch das Neubaugebiet selbst wird es laut Planung außerdem täglich 4200 Fahrten mehr geben. Zwei Drittel von ihnen werden voraussichtlich über den Karl-Marx-Ring abfließen, die verbleibenden 1000 über die Friedrich-Creuzer-Straße. Den Prognosen nach sollen diese 1000 Autos damit in der derzeit stark belasteten Niederalmstraße wegfallen.

Diese Hoffnung quittierten die Besucher mit spöttischem Lachen. Statt Entlastung bleibt es nach Meinung vieler Anwohner beim Status Quo, vielleicht werde es sogar noch voller. Bereits jetzt komme es jeden Nachmittag zum Rückstau. "Das ist ein riesiger Denkfehler, dann steht es bald in beide Richtungen", erregt sich ein Mann aus dem Publikum und prognostiziert ein "Verkehrschaos". "Uns ist bewusst, dass es schwer ist, den Verkehr zu lenken", besänftigt Landschaftsarchitekt Martin Diekmann. Um den überörtlichen Durchgangsverkehr zu stoppen, habe man sich bewusst entschlossen, die Straße durch das neue Viertel nicht allzu gefällig zu gestalten: Geplant seien Tempo 30, Fahrräder auf der Straße und zwei Buslinien, die regelmäßig führen - "niemand hat doch Lust, ewig hinter einem Bus herzuzuckeln." " Dann fahren die Leute doch erst recht über die Niederalmstraße", ruft eine Anwohnerin dazwischen.

Der BA-Vorsitzende Thomas Kauer (CSU), der den Abend moderiert, schaltet sich mehrmals ein und schlägt vor, das Verkehrskonzept zu veröffentlichen. Schriftliche Einsprüche können noch bis zum 10. Dezember eingereicht werden.

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