Neuperlach:Entspannung im Dorfzentrum

Maximilian-Kolbe-Allee 4-12 in Neuperlach Süd

Die Anwohner der Maximilian-Kolbe-Allee dürfen sich freuen: Die Ladenzeile bleibt ihnen erhalten, den Geschäftsleuten wird nicht gekündigt.

(Foto: Florian Peljak)

Nach Protesten von Bürgern und politischem Druck sind Kündigungen für Geschäftsleute an der Maximilian-Kolbe-Allee vom Tisch. Die Ladenzeile bleibt damit erhalten - die Stadtverwaltung will sie jetzt per Bebauungsplanänderung dauerhaft sichern

Von Hubert Grundner, Neuperlach

"Der Protesttag hat sich erübrigt, jetzt feiern wir ein Freudenfest", sagt Peter Zellner hörbar erleichtert. Tatsächlich haben er und die anderen Geschäftsleute aus der Ladenzeile Maximilian-Kolbe-Allee 8-14 dazu allen Grund: Die Kündigung ihrer Mieterverträge, die ihnen der Eigentümer des Gebäudekomplexes angedroht hatte, ist offenbar vom Tisch. Statt also weiter um ihre berufliche Existenz kämpfen zu müssen, können sie nun am Samstag ganz entspannt mit den Nachbarn auf die Zukunft der Fußgängerzone anstoßen und sich bei ihren Unterstützern bedanken: Mehr als 4000 Bürgerinnen und Bürger hatten sich mit ihrer Unterschrift bei Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) für den Erhalt "ihrer" Nahversorger eingesetzt. Vielleicht hat auch das zum Sinneswandel des Eigentümers beigetragen.

Mit dessen Anwalt hatte Peter Zellner - er betreibt zusammen mit seiner Frau in der Ladenzeile einen Schreibwarenladen - vor Kurzem ein Gespräch. Dabei habe ihm der Anwalt zugesagt, die Kündigung werde zurückgezogen. Schriftlich solle den Zellners diese Zusage Mitte Juli zugehen. Bei dem Treffen stellte der Anwalt laut Peter Zellner die Geschäftsleute vor die Wahl: Falls sie doch aus dem Laden raus gehen wollten, würden sie eine Abfindung erhalten. Falls nicht, würde ihnen ein neuer Mietvertrag angeboten - den zumindest die Zellners, aber vermutlich auch die anderen Pächter der Erdgeschossflächen unterschreiben werden.

Offenbar verfolgt der Eigentümer aber weiterhin Pläne, den Gebäudekomplex aufzustocken und teilweise umzubauen. Dabei müssten auch die Läden für vier bis sechs Wochen zusperren, damit die Arbeiter dann auch dort Zugang haben. Peter Zellner rechnet damit, dass dies aber erst in zwei, drei Jahren notwendig werde. So lange werde es vermutlich dauern, bis die Umbaupläne des Eigentümers von der Stadt genehmigt sind.

Mit dem Erfolg, der jetzt gefeiert wird, schmückt sich auch die Stadtratsfraktion der SPD: Als ein Investor vor einiger Zeit ankündigte, das Gebäude an der Maximilian-Kolbe-Allee aufzustocken und die Ladenzeile im Erdgeschoss in Wohnungen umzuwandeln, drohte sich die Nahversorgung in diesem Teil Neuperlachs drastisch zu verschlechtern, erklärte die Fraktion jetzt in einer Mitteilung. Der Stadtteil würde mit dem Verschwinden der kleinen Läden in der Fußgängerzone auch sein Dorfzentrum verlieren. Anwohner, die SPD-Fraktion im Rathaus und Oberbürgermeister Reiter setzten sich daraufhin für den Erhalt ein. Zugleich ging laut Pressesprecher Christian Pfaffinger das Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf den Investor zu. Offenbar mit dem für die Geschäftsleute und deren Nachbarn positiven Ergebnis: Laut Pfaffinger sollen in den Erdgeschosszonen die Gewerbeflächen weitestgehend erhalten bleiben. Die bewährte Struktur in der Maximilian-Kolbe-Allee wäre damit gerettet. Außerdem bringe das Planungsreferat demnächst einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss in den Stadtrat ein.

Dass die jetzigen Gewerbemieter bleiben können, hat der Investor offenbar auch der SPD-Stadträtin Bettina Messinger versichert. Ein Umdenken, ganz im Sinne Messingers: "Ich will eine Stadt der kurzen Wege, die überflüssige Fahrten verhindert, eine fußläufig erreichbare Nahversorgung und auch kleinere Quartierszentren mit hoher Aufenthaltsqualität. Genau diese Strukturen gibt es dort, wir müssen sie unbedingt erhalten", kommentiert sie die jetzige Lösung. Die kleinen Läden an der Maximilian-Kolbe-Allee brauche es nicht nur zum Einkaufen, "sie sind auch ein Dorfzentrum in Neuperlach-Süd. Wir wollen keine reinen Wohn- oder Schlafstätten, sondern urbane Lebensqualität". Die dringend benötigten zusätzlichen Wohnungen in München erforderten insgesamt nicht weniger, sondern mehr Infrastruktur.

Doch auch wenn die Kündigungen an der Maximilian-Kolbe-Allee 8-14 abgewendet werden konnten: Die SPD-Stadtratsfraktion leitet daraus weitergehende Forderungen ab: "Das Beispiel der Ladenzeile in Neuperlach-Süd zeigt einmal mehr, dass Kommunen endlich ein wirksames Instrument zum Milieuschutz auch für Gewerbeflächen brauchen, um in einer Art Erhaltungssatzung urbane Strukturen, Nahversorgung und Kleingewerbe vor Verdrängung zu schützen."

Nach dem gültigen Bebauungsplan 57ci von 1984 sei in diesem Bereich ein Allgemeines Wohngebiet festgesetzt, in dem sowohl Wohnungen als auch kleinere Gewerbeeinheiten zulässig sind. Dabei stand es dem Bauherrn formal frei, welche der zulässigen Nutzungen er wählt. Konkrete Nutzungen mit geschossweisen Festsetzungen wie heute üblich, wurden seinerzeit nirgends festgeschrieben.

Tatsächlich hat das städtische Planungsreferat auf den Fall bereits reagiert: "Wir bereiten aktuell den Entwurf für einen Aufstellungsbeschluss zur Änderung des dort bestehenden Bebauungsplanes für diesen Bereich vor, der am 18. Juli im Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung behandelt werden soll", sagt Sprecher Ingo Trömer. Ziel sei es, die Art der Nutzung im Erdgeschoss dahingehend festzuschreiben, dass in den zur Maximilian-Kolbe-Allee hin gelegenen Räumlichkeiten im Erdgeschoss lediglich gewerbliche Nutzung beziehungsweise Ladennutzung zulässig ist. Bereits durch den gefassten Aufstellungsbeschluss wäre eine Wohnnutzung dort nicht mehr möglich. Vordringlich ist aber aus Sicht der Ladenbesitzer: "Der Antragsteller hat zwischenzeitlich den Bauantrag zurückgezogen", teilt das Planungsreferat mit.

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