Neuhausen/Nymphenburg:Laien als Experten

Baustelle Neuhauser Kultursaal hinter der Stadtbibliothek an der Nymphenburger Straße 171

Im nächsten Jahr soll alles fertig sein: Der Kultur- und Bürgersaal "Trafo 2" ist derzeit noch eine Baustelle.

(Foto: dpa)

Die Neuhauser Bürger sollen entscheiden, welches Kunstwerk den neuen Veranstaltungssaal "Trafo 2" schmücken darf

Von Sonja Niesmann, Neuhausen/Nymphenburg

Ob eine Skulptur, ein Gemälde, eine Installation oder was auch immer: Die Kunst am Bau beim neuen Neuhauser Veranstaltungssaal "Trafo 2" wird wohl von einem Künstler oder einer Künstlerin aus dem Viertel gestaltet. Und die Bürger werden bei der Auswahl mitreden. Eine Fachkommission, wie sonst üblich, bleibt in diesem Fall außen vor. Darauf haben sich nun das Kulturreferat und der Stadtteilkulturverein, der den Saal bespielen wird, geeinigt. Beim Konzept für den Wettbewerb wird der Verein allerdings mit dem Münchner Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) kooperieren. Der BBK soll den Verein vor allem im Hinblick auf die Gestaltung des Auswahlverfahrens, die Honorierung der Künstler, das Urheberrecht und Fragen zum Bauunterhalt des Kunstwerks beraten.

Im örtlichen Bezirksausschuss, der im Oktober noch über das Ob und Wie eines Wettbewerbs in der Regie des Vereins gestritten hatte, fand dies in der Novembersitzung ohne weitere Diskussion Zustimmung. So verbinde sich "Bürgerbeteiligung mit Expertise", kommentierte CSU-Fraktionssprecher Leo Agerer zufrieden. Auch das Kulturreferat findet die Lösung "stimmig", wie Sprecherin Jennifer Becker sagt. Möglich sei das aber nur, weil es in diesem Fall um die relativ geringe Summe von 30 000 Euro geht. Bei einem größeren und teurerem Projekt - für gewöhnlich gibt die Stadt bis zu 0,2 Prozent der Bausumme für Kunst am Bau aus - wäre das nicht gegangen.

Durchgesetzt hat dieses unübliche Vorgehen der Stadtteilkulturverein selbst. Seine Vorsitzende Ingeborg Staudenmeyer hatte vor einigen Wochen für den neuen Veranstaltungssaal hinter der Stadtbibliothek an der Nymphenburger Straße 171 a öffentlich "Kunst aus dem Viertel für das Viertel" gefordert. Konkret: Die Ausschreibung für den Wettbewerb soll offen für alle Neuhauser und Nymphenburger Kunstschaffenden sein; die Bürger entscheiden, welcher der präsentierten Entwürfe realisiert wird. Was dabei herauskomme, wenn man den Wettbewerb und die Entscheidung Experten - gemeint ist die städtische Kommission für Kunst am Bau Quivid - überlasse, habe man ja im Viertel schon erlebt, zürnte Staudenmeyer: "Kunst, die wohl die wenigsten je zu Gesicht bekommen haben."

Dies zielt auf die Kunst am Bau für das "Trafo" genannte Gebäude von Stadtbibliothek und Volkshochschule ab: eine Videoinstallation in einem aquariumartigen Fassaden-Vorbau, in der abends zwischen 22 und 1 Uhr ein rosa Krake auftaucht - oder eben auch nicht. Der Tintenfisch ist für viele Neuhauser, so sie diese Installation von Christoph Girardet überhaupt je wahrgenommen haben, ein großer Unbekannter: Aus sieben Filmschleifen, jede etwa 50 Minuten lang, wählt ein Computer nach dem Zufallsprinzip eine aus und wiederholt diese bis zum Abschalten. In einer Schleife gleitet der Krake nur kurz über den Schirm, in einer anderen gibt es gar keine Bilder vom ihm.

Unter starkem Zeitdruck stehen Staudenmeyers Vereinsteam und der BBK nun ohnehin nicht. Die Fertigstellung des Kultur- und Bürgersaals verzögert sich ein weiteres Mal, wurde dieser Tage bekannt. Eröffnung soll nun im November 2019 sein, zuletzt war Anfang Juli ins Auge gefasst. Die Bauherrin, die städtische GWG, werde die nackten Räume aber erst Ende Mai übergeben, teilt Kulturreferatssprecherin Becker mit: "Dann braucht es einen gewissen Puffer, das hat sich auch bei anderen Häusern gezeigt" - für die Bestuhlung, die Technikausstattung, eine Probe-Bespielung und eventuell nötiges Nachjustieren sowie für die Planung eines Eröffnungsprogramms.

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