Neuhausen:Der Ehrung unwürdig

Neuhausen: Friedrich Hilble war Antisemit und ein glühender Verehrer von Hitler.

Friedrich Hilble war Antisemit und ein glühender Verehrer von Hitler.

(Foto: Geschichtswerkstatt Neuhausen)

Erste Vorschläge zur Umbenennung der Hilblestraße liegen bereits vor

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Eine Umbenennung der Hilblestraße ist allmählich in Sicht, der Bezirksausschuss (BA) Neuhausen-Nymphenburg will deshalb Vorschläge für einen neuen Namen sammeln. Die Geschichtswerkstatt Neuhausen hat bereits angeregt, eine TU-Professorin als Namenspatin zu wählen. "Das schreit direkt danach", sagt der Vereinsvorsitzende Franz Schröther, denn die anderen drei Straßen in diesem Karrée, die Schachenmeier-, Kapsch- und Pfänderstraße, seien schon nach Münchner Professoren benannt, nun könnte eine Frau zum Zuge kommen.

Die Fraktionen im BA wollen jeweils eigene Vorschläge machen. Die SPD hat bereits die "Schottländerstraße" ins Spiel gebracht - mit der Begründung, dies halte die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus wach, "wenn auch aus anderer Perspektive". Anna und Paul Schottländer waren seit 1912 Eigentümer und Betreiber des Kaufhauses Schottländer am Rotkreuzplatz. Auf Grund ihres jüdischen Glaubens und im Zuge der sogenannten Arisierung waren sie 1938 gezwungen, ihr Kaufhaus weit unter Wert zu verkaufen. In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde Paul Schottländer verhaftet und saß vier Wochen im Konzentrationslager Dachau. Kurz vor dem Beginn des Holocaust gelang Anna und Paul Schottländer die Ausreise aus Deutschland, über Berlin, Moskau und Shanghai erreichte das Ehepaar schließlich New York, wo Paul Schottländer 1948 starb, seine Frau 1955.

Auch Bürger, vor allem jene, die an der Hilblestraße wohnen, können ihre Ideen einbringen, entweder per Mail an BA9@muenchen.de oder per Post an die BA-Geschäftsstelle, Ehrenbreitsteiner Straße 28a, 80993 München. Im Fall der Benennung nach einer Persönlichkeit hat der Stadtrat das Entscheidungsrecht.

Friedrich Hilble, nach dem die Straße im Kasernenviertel 1956 benannt worden war, war zwar kein NSDAP-Mitglied, gilt aber als glühender Verehrer Hitlers und Antisemit. Als Leiter des Münchner Wohlfahrtsamtes veranlasste er während der Nazi-Diktatur die Deportation von Arbeitslosen und Fürsorgeempfängern ins Konzentrationslager Dachau. Seit mehreren Jahren schon versuchen die Neuhauser Stadtviertelpolitiker, die als völlig deplatziert empfundene Ehrung Hilbles rückgängig zu machen.

2015 signalisierte das Stadtarchiv, dass eine Umbenennung empfohlen wird. Auf Antrag der SPD beschloss der Stadtrat jedoch kurz darauf, alle Straßennamen in München auf historische Belastung untersuchen zu lassen und Empfehlungen zu erarbeiten. Bis die Ergebnisse, voraussichtlich in diesem Herbst, vorliegen, wurden alle Einzelfallentscheidungen zurückgestellt. Außer der Hilblestraße standen noch vier weitere Namen im Feuer: die Alois-Wunder-Straße in Pasing, die Treitschkestraße in Moosach, der Kißkaltplatz in Schwabing und der Georg-Freundorfer-Platz im Westend.

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