Neuhausen:CSU will Betteln am Rotkreuzplatz verbieten lassen

Neuhausen: Architektur Neuhausen : Foto : Rotkreuzplatz-Platz mit Brunnen und Kaufhausfassade, 30.Mai 2017, Foto : C : Stephan Rumpf

Architektur Neuhausen : Foto : Rotkreuzplatz-Platz mit Brunnen und Kaufhausfassade, 30.Mai 2017, Foto : C : Stephan Rumpf

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Gibt es am Rotkreuzplatz in Neuhausen ein Problem mit aufdringlichen Bettlern, einer Bettelmafia gar? So sieht es die CSU im Bezirksausschuss und stellt einen entsprechenden Antrag - um den "Ärmsten der Armen" zu helfen.
  • Andere Parteien im Bezirksausschuss können dagegen kein Bettler-Problem feststellen - und sehen im CSU-Antrag auch keine Hilfe.
  • Nun wollen die Stadtteilpolitiker bei Polizei, Streetworkern und anderen herausfinden, wie die Lage am Rotkreuzplatz tatsächlich ist.

Von Sonja Niesmann

"Die Bettelmafia in Neuhausen bekämpfen", das fordert die CSU-Fraktion im Bezirksausschuss (BA) Neuhausen-Nymphenburg von der Stadt. Laurenz Kiefer, der Initiator des Antrags, begründete seinen Vorstoß in der jüngsten Sitzung nicht nur damit, dass sich Anwohner und Passanten gestört fühlten. Vor allem, unterstrich er, helfe man damit jenen, die "von Clan-Strukturen aus Osteuropa zum Betteln gezwungen werden" - "mehr für die Ärmsten der Armen tun" war der Antrag denn auch überschrieben.

Worin hier die Hilfe besteht, war für BA-Chefin Anna Hanusch (Grüne) allerdings nicht erkennbar: "Der Antragstext zielt ausschließlich auf Vertreibung." Für Maike Brandmayer (SPD) zeugt der Antrag von "großer, sozialer Kälte". Sie selbst und viele Bekannte seien noch nie aggressiv angebettelt worden, erklärte sie.

Kiefer dagegen verwies auf das Schreiben eines Bürgers, das kürzlich beim BA eingegangen ist. Ein Anwohner aus der Volkartstraße schildert darin "mit ängstlichen Grüßen" das zunehmend intensive Betteln rund um den Rotkreuzplatz, das seinen Worten zufolge zu "allgemeiner, extremer Verunsicherung" im Viertel führe; er selbst fühle sich zudem durch den Bettler in der Nähe seiner Haustür "ausgespäht".

Dieses Schreiben - ihm angefügt sind vier Fotos von sitzenden Bettlern, eine Karte mit Standorten der "systematischen und bandenbetriebenen Bettelei in Neuhausen" sowie eine Karte mit Schlafplätzen von Bettlern unter einer Straßenbrücke - nehme er sehr ernst, versicherte Peter Loibl von der Arbeitsgemeinschaft für Neuhausen/AGS: "Vielleicht kann man prüfen, ob das Altstadt-Verbot auch auf den Rotkreuzplatz ausgeweitet werden kann?"

Seit Sommer 2014 gilt innerhalb des Altstadtrings eine sogenannte Allgemeinverfügung, sie untersagt aggressives und bandenmäßiges Betteln, Betteln unter Vortäuschen von Gebrechen oder Krankheiten, Betteln mit oder von Kindern. Still am Straßenrand zu sitzen, einen Hut oder Becher vor sich, ist dagegen - außer in der Fußgängerzone, auf dem Viktualienmarkt und auf der Wiesn - erlaubt. Das Regelwerk erlaubt es der Stadt, härter gegen zu aufdringliche Bettler vorzugehen, mit Platzverweisen, Bußgeldern oder einigen Tagen Haft.

Der damalige Chef des Kreisverwaltungsreferates (KVR), Wilfried Blume-Bayerle, wollte allerdings nicht ausschließen, dass das Verbot die Bettler nur in andere Stadtviertel verdränge. Prompt berichtete vier Wochen später die Rathaus-CSU von Beschwerden um den Rotkreuzplatz sowie um den Max-Weber-Platz und forderte, die strengen Vorschriften auch in anderen Stadtquartieren anzuwenden. Das KVR wies dies als voreilig zurück, weil noch keine belastbaren Zahlen vorlagen.

Auch der BA will erst Belege haben, ob das Problem wirklich so massiv ist, wie von Kiefer behauptet, ehe er eine härtere Gangart in Betracht zieht. Mit Mehrheit, gegen die Stimmen der CSU, lehnte er den Antrag ab und beschloss, erst einmal bei Polizei, Kreisverwaltungsreferat und Streetworkern nachzuhaken, ob um den Rotkreuzplatz wirklich auffällig viele Bettler mit aggressiven Verhalten Passanten gegenüber zugange sind. Im übrigen, merkte Maike Brandmayer noch an, sei überhaupt nicht bewiesen, dass es sich um "Banden" handle. An der mehrheitlichen Ablehnung änderte auch Kiefers letztes Argument nichts: "Wenn wir die Augen verschließen, stärken wir die AfD."

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