Neuhausen:Bis der Preis stimmt

Die städtische Tochtergesellschaft MGH senkt die Miete für die leer stehende Halle 23 im Kreativlabor deutlich. Der Stadtrat will Künstlern und Kulturschaffenden weiter entgegenkommen: mit Rabatten bis zu 70 Prozent

Von Ellen Draxel, Neuhausen

Die Halle 23 im Kreativlabor ist bislang nicht vermietet. Zwar gab es laut Susanne Mitterer "eine ganze Reihe von Interessenten", auch Besichtigungstermine fanden statt. Letztlich aber, sagt die Leiterin des städtischen Kompetenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft, das für die Vergabe der Hallenflächen zuständig ist, hätten die Miethöhen "nicht gepasst" - weshalb es nicht zum Abschluss eines Mietvertrags gekommen sei. "Wir haben uns deshalb entschlossen, die Konditionen zu verändern."

Die Halle 23, ein komplexes Gebäude an der Dachauer Straße 110a auf dem Areal des Kreativquartiers, steht schon seit Längerem leer und soll wieder bespielt werden. Lokalpolitiker und soziokulturelle Akteure wie Ulrich Gläß, der vor 20 Jahren das Kunst- und Berufsqualifizierungsprojekt International Munich Art Lab (Imal) gegründet hat, würden in der 3800 Quadratmeter großen Halle gerne im Viertel dringend benötigte Räume für Jugendliche schaffen. Doch dafür müssten die Preise stimmen.

Neuhausen: Knapp 20 Euro warm pro Quadratmeter hatte die MGH zuerst für die alte Halle 23 verlangt. Jetzt liegt der Richtwert bei 8,25 Euro plus Nebenkosten.

Knapp 20 Euro warm pro Quadratmeter hatte die MGH zuerst für die alte Halle 23 verlangt. Jetzt liegt der Richtwert bei 8,25 Euro plus Nebenkosten.

(Foto: Yoav Kedem)

In der ersten Ausschreibungsrunde aber waren die Mietkosten für die Hallenflächen noch immens gewesen. Fast 20 Euro warm pro Quadratmeter hatte die Eigentümerin des Kreativlabors, die Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft (MGH), eine hundertprozentige Tochter der Stadt München, damals für die Erdgeschoss-Nutzung veranschlagt - eine "horrende" Summe für "eine unrenovierte, abgeranzte Halle", wie Gläß im Januar kritisierte. Und unbezahlbar für eine gemeinnützige Organisation. Es hagelte Kritik, Stadträte forderten Erklärungen. "Die MGH", erläuterte Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) daraufhin, sei "als GmbH gezwungen, wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen" - und Mieten hingen auch von notwendigen Sanierungen ab.

Im zweiten Verfahren soll es nun günstiger werden. Man wolle, sagt Kompetenzteam-Leiterin Mitterer, in dieser neuen Runde "sowohl das inhaltliche Nutzungskonzept als auch den vom jeweiligen Interessenten maximal leistbaren Mietpreis" einholen. Genannt wird keine genaue Zahl, sondern lediglich ein "Richtwert": Er liegt bei 8,25 Euro pro Quadratmeter für die Erdgeschossflächen, das entspricht dem Durchschnitt der derzeitigen Mieten im Altbestand. Dazu kommen Nebenkosten wie Strom und Wasser und "je nach Nutzer" die Mehrwertsteuer. Künstler beispielsweise sind unter Umständen von der Umsatzsteuer befreit.

Kreativquartier Dachauer Straße Imal Ausstellung
Bilder von Uli Gläß

Bilder von Ulrich Gläß waren Anfang des Jahres im Kreativquartier zu sehen. Der Gründer des Kunst- und Berufsqualifizierungsprojekts Imal wünscht sich kostenfreie städtische Räume für gemeinwohlorientierte Anbieter.

(Foto: Uli Gläß/oh)

Wer am Ende zum Zuge kommt, entscheidet das Kompetenzteam "mit einer Gewichtung der beiden Kriterien ,Nutzungskonzept' und ,Mietpreisvorstellung'" in Abstimmung mit dem Kulturreferat und dem Referat für Arbeit und Wirtschaft". Entscheidend dabei sei, so Mitterer, dass sich die Nutzung "inhaltlich in das Labor einfügt und einen angemessenen Beitrag zu den wirtschaftlichen Aufwänden bei der Instandhaltung des Geländes leistet". Interessenten melden sich per E-Mail unter kreativ@muenchen.de.

Ulrich Gläß geht in seiner Forderung aber noch einen Schritt weiter. Er würde sich wünschen, die Stadt überließe Anbietern gemeinwohlorientierter Projekte die Räume "kostenfrei". Das allerdings, weiß Anna Hanusch, Chefin des Bezirksausschusses (BA) Neuhausen-Nymphenburg und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, "wäre für die MGH nicht machbar". Dass der Stadtrat aber gewillt ist, Künstlern und Kulturschaffenden, die bisher als Mieter städtischer Immobilien dieselben Preise zahlen mussten wie andere Gewerbetreibende auch, künftig entgegenzukommen, zeigt ein Beschluss der Rathauspolitiker Ende Januar: Danach soll, wer neu in ein Gebäude einzieht, das der Stadt oder ihren Wohnbaugesellschaften gehört, rückwirkend zum 1. Januar bis zu 70 Prozent Rabatt auf die übliche Miete erhalten. Bislang gilt diese Regelung nur für Gebäude im Eigentum der Gewofag oder der GWG. Städtische Beteiligungsgesellschaften wie die MGH sind von dem Konzept ausdrücklich ausgenommen. Der Stadtrat möchte aber, dass diese Entscheidung auch auf die anderen städtischen Gesellschaften übertragen wird - "soweit möglich und wirtschaftlich vertretbar".

Die Fraktion Die Linke/Die Partei hat ergänzend dazu einen Antrag eingebracht, den Beschluss des Stadtrats explizit "auf die MGH und alle städtischen Eigenbetriebe" auszuweiten. Die Begründung: Es könne "keine Unterscheidung von Künstlerinnen und Künstlern geben, die durch die Höhe des Mietpreises entschieden wird. Das entspricht nicht einem Gleichbehandlungsansatz." Ähnlich hatte sich zuvor bereits der BA geäußert, der eine Umsetzung dieses Beschlusses explizit für den Bereich des Kreativlabors für "dringend notwendig" erachtet. Insbesondere das Jugend- und Sozial-Zwischennutzungsprojekt "Gabriele", an dem elf gemeinnützige Gruppen unter der Führung des von Gläß geleiteten "Imal" beteiligt sind, brauche wieder neue Räume, so die Lokalpolitiker. Denn München benötige "auch nach der Pandemie eine lebendige und aktive Kultur- und Sozialszene" als "Kitt der Gesellschaft".

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