Süddeutsche Zeitung

Neuer Wirt der Aurora Bar:Herr der Drinks

Er hat lange bei "Schumann's" gearbeitet und ein Whisky-Lexikon herausgebracht. Nun macht Stefan Gabanyi seine erste eigene Bar auf. Was die Gäste erwartet? Gute Drinks natürlich.

Franz Kotteder

Der eine ist Münchens bekanntester Barkeeper, wenn es um Whisky (und Whiskey) aller Art geht, der andere ist ein bunter Hund der Kulturszene. Der bunte Hund heißt Andreas Lechner und betreibt seit zweieinhalb Jahren am Beethovenplatz unweit der Theresienwiese die "Aurora Bar".

Der Fachmann für Hochprozentiges heißt Stefan Gabanyi, hat lange bei "Schumann's" gearbeitet, vor zehn Jahren das Standardwerk "Schumann's Whisk(e)y Lexikon" herausgebracht und plant schon seit einiger Zeit, seine eigene Bar aufzumachen. Jetzt, so scheint es, ist er am Ziel: Er übernimmt zum 1. Juni die Bar am Beethovenplatz von Lechner.

Noch gibt sich der Mann mit den imposanten Koteletten wortkarg, was seine Pläne angeht, noch ist nicht alles in trockenen Tüchern. Klar, eine klassische Bar im besten Sinne soll es werden. Seit einem Jahr fast ist er auf der Suche nach dem passenden Lokal.

Das ist auch der Grund, warum er damals nach 23 Jahren bei "Schumann's" aufgehört hat. Gabanyi hat sehr genaue Vorstellungen, wie seine Bar aussehen soll, und deshalb wird von Juni an erst einmal renoviert und ein wenig umgebaut. Die neue Bar wird dann "nicht vor Ende Juli, Anfang August" eröffnen.

Die "Aurora Bar" heißt nicht so, weil sie gelegentlich mit aufsteigender Morgenröte (lateinisch: aurora) schließt, sondern ist nach der Exil-Residenz des Münchner Schriftstellers Lion Feuchtwanger benannt, der "Villa Aurora" im kalifornischen Pacific Palisades, einem Stadtteil von Los Angeles.

Heute ist sie ein Künstlerhaus, in dem auch Andreas Lechner schon mal als Stipendiat wohnen durfte. Nach seinem Aufenthalt dort übernahm er die Kellerbar am Beethovenplatz, die in ihrer dunklen Holzvertäfelung zwar immer noch edel und mondän aussah, aber beileibe schon bessere Zeiten erlebt hatte.

In den achtziger Jahren war sie als "Gratzers Lobby" ein Name in der Stadt. Gerald Gratzer, unter Eckart Witzigmann im "Tantris" Serviceleiter, hatte sich hier 1978 selbständig gemacht, ebenso wie sein Chef mit dem "Aubergine". Hier feierte Witzigmann angeblich auch seine drei Michelin-Sterne, die er 1979 als erster deutscher Koch erhielt. Gratzer führte die Bar bis zu seinem Tod 1993.

Andreas Lechner hatte die Münchner Kulturszene bis zur Übernahme der Bar schon durch allerlei Aktivitäten erfreut. Der studierte Musiker spielte bei der bayerischen Musikkabarett-Gruppe Guglhupfa, hatte für Hans Werner Henzes Biennale die Oper "Der letzte Milkaner" komponiert und später mit Laien vom Hasenbergl Independent-Filme wie "Hot Dogs" und "Schmetterlinge der Nacht" gedreht.

Sein Filmprojekt "Strassbergers Gold", die Geschichte seines Großvaters Josef Straßberger, der 1928 als Gewichtheber bei den Olympischen Spielen in Amsterdam Gold im Schwergewicht holte, kommt jedoch bis heute nicht recht voran. Und so beschloss Lechner, sich als Barbetreiber zu versuchen.

Apfelkorn und Gin mit Maracujasaft

Die "Aurora Bar", anfangs ein waschechter Raucherclub, erlebte wechselhafte Zeiten. In der Münchner Film-, Theater- und Kabarettszene war sie bald eine Art Geheimtipp. Andreas Lechner, genannt "Anderl", kennt von seinen verschiedenen Tätigkeiten her viele Leute und lotste diese vielen Leute auch nach und nach in seine Bar. Trotzdem gab es immer wieder Abende, an denen man auf höchstens drei traurige Gestalten am Tresen traf. Bei Sonderveranstaltungen, etwa wenn Josef Bierbichler aus seinem Roman "Mittelreich" las, war der Laden hingegen brechend voll.

Nun folgt auf den Quereinsteiger Lechner also der Profi Gabanyi. Der hat das Mixen schon während seines Ethnologie-Studiums gelernt: beim Jobben in Schwabinger Studentenkneipen. Die beliebtesten Getränke damals? "Das waren vor allem Apfelkorn und Gin mit Maracujasaft." Auf dieser Basis hat sich Gabanyi ganz schön weiterentwickelt. Heute gilt er als der Whisky-Experte schlechthin im deutschsprachigen Raum, er ist auf diesem Gebiet auch publizistisch tätig, unter anderem für die SZ.

Privat interessiert er sich sehr für Neue Musik, von John Cage über Mauricio Kagel bis zu Josef Anton Riedl. Dass er selbst ein hervorragender Pianist ist, weiß man nicht erst, seit er für das Robert Wolf Projekt, einer Benefizband für den querschnittsgelähmten Gitarristen von Quadro Nuevo, am Klavier sitzt. Andreas Lechner kennt er übrigens nicht nur als Gast im "Schumann's": 1996 hatte Gabanyi in dessen Film "Hot Dogs" eine Gastrolle.

Künftig spielt er nun also die Hauptrolle am Beethovenplatz. Lechner aber dichtet: aus der Straßberger-Geschichte soll ein Roman werden. Der Titel steht schon fest: "Heimatgold".

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Quelle:
SZ vom 08.05.2012/sonn
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