Neuer Münchner Oberbürgermeister:"Ich will, dass keine Wohnung leer steht"

Neuer Münchner Oberbürgermeister: "Es wird eine Bürgersprechstunde geben": Dieter Reiter (SPD) ist neuer OB.

"Es wird eine Bürgersprechstunde geben": Dieter Reiter (SPD) ist neuer OB.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Nach seinem Sieg erklärt der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter im Interview, was er in den ersten 100 Tagen anpacken will. Wo er sich künftig dem Ärger der Bürger stellt. Und mit wem er lieber nicht zusammen regiert.

Von Wolfgang Görl

SZ: Herr Reiter, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Wahlsieg. Es war ja dann doch eindeutiger, als viele vorhergesagt haben. Glücklich?

Dieter Reiter: Glücklich auf jeden Fall. Es war, das muss ich ganz ehrlich sagen, klarer, als ich mir vorgestellt hatte. Ich bin schon sehr, sehr zufrieden und bedanke mich ganz herzlich bei den vielen Münchnerinnen und Münchnern, die mir das Vertrauen geschenkt haben. Und ich bedanke mich auch bei den Wählerinnen und Wählern der Grünen und der Rosa Liste, die offenbar in nennenswerter Zahl Dieter Reiter gewählt haben. Ich freue mich auf die Fortsetzung der sozialen und ökologischen Politik für München.

Ihr Konkurrent Josef Schmid hat die vergangenen zwei Wochen noch einmal richtig Dampf gemacht. Unter anderem hat er sich Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel geholt. Gab es in dieser Zeit Momente, in denen Sie gedacht haben, es könnte vielleicht nicht reichen?

Naja, nach dem ersten Wahlgang, in dem ich um ein paar Prozente vorne lag, und nachdem die Grünen in einer unglaublich euphorischen Sitzung beschlossen haben, mich zu unterstützen, hatte ich schon gute Hoffnung, dass ich gewinnen kann. Über die Kanzlerin habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht. Eine Saalveranstaltung mit 600 geladenen CSU-Mitgliedern hat mich nicht wirklich beängstigt. Die diente wohl mehr der Eigenmotivation. Ich war zur selben Zeit am Stachus und habe 3000 Rosen verteilt. Dabei habe ich sicherlich mehr Wähler getroffen, als in dem Saal für die CSU zu gewinnen waren.

Sie müssen in den nächsten Tagen eine neue Rathauskoalition schmieden. Die Grünen stehen als Koalitionspartner fest. Mit welchen Gruppierungen werden Sie außerdem verhandeln, welche Bündnispartner bevorzugen Sie?

Ich habe es vorher gesagt, und das gilt natürlich auch jetzt noch: Ich möchte gerne eine Mehrheit Rot-Grün-Rosa-Liste-plus. Das heißt für mich die ÖDP, die Linke, die Piraten, die Freien Wähler . . . nein, die Freien Wähler nicht.

Mit denen wollen Sie nicht sprechen?

Doch, man muss auch mit den Freien Wähler und der FDP reden, das werde ich auch tun. Aber ich glaube, dass es ziemlich schwierig sein wird, politisch zusammenzukommen. Aber wir werden mit allen reden, außer der rechten Partei und der AfD.

Was wird in den ersten Tagen und Wochen Ihrer Amtszeit Priorität haben?

Ich habe ja vorab schon ein stolzes 100-Tage-Programm aufgestellt, jetzt gilt es, das wieder herauszuholen und abzuarbeiten. Zum Beispiel sollte 2014 das Thema Leerstand beendet sein. Ich will, dass keine Wohnung leer steht, und wenn sie länger als sechs Monate nicht benutzt werden kann, dann will ich eine Zwischennutzung. Zweitens werden wir das Thema Sanierung der Schulgebäude mit Macht angehen. Wir haben einen Haufen Geld zur Verfügung gestellt, fast zwei Milliarden Euro. Die müssen jetzt auch verbaut werden. Da wird es in ganz kurzen Abständen Gespräche geben mit dem zuständigen Schulreferenten über die Frage, wie das funktionieren kann. Und so gibt es viele Aufgaben, die wir in den ersten 100 Tagen angehen werden.

Viele Münchner haben an der Abstimmung nicht teilgenommen. Die Wahlbeteiligung ist erschreckend schwach. Was wollen Sie tun, damit die Bürger auch bei Wahlen wieder Verantwortung für das Gemeinwesen durch ihre Stimmabgabe übernehmen?

Das ist eigentlich der Wermutstropfen der gesamten Wahl: Dass die Beteiligung doch so gering war. Es ist uns offenbar als Politikern insgesamt nicht gelungen, die Menschen für Politik zu interessieren. Man kann jetzt sagen, ja, den Münchnern geht's halt gut. Man kann aber auch sagen, wir haben es nicht geschafft, die Leute für die wichtigen Themen zu interessieren. Ich glaube, alle demokratischen Parteien müssen darüber nachdenken, was sie falsch gemacht haben. Ich habe versucht, einen Weg aufzuzeigen: Nämlich oft auf der Straße zu sein und mit den Leuten zu reden. Der Erfolg gibt einem da recht.

Und das halten Sie auch als Oberbürgermeister so?

Ja, es wird eine Bürgersprechstunde geben, wo ich mich dem geballten Ärger oder auch einem Lob, das ja auch mal vorkommen kann, stellen werde. Das hat der Thomas Wimmer gemacht, und ich halte das für eine absolut gute Idee. Und ich werde auch weiterhin das eine oder andere Mal auf der Straße sein. Ich denke, auch ein Oberbürgermeister kann mal eine Stunde in der Fußgängerzone stehen und sich den Bürgern stellen.

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