Neuer Konzertsaal:Viel Klang und Raum

Neuer Konzertsaal: Mit dem legendären Volvo "Schneewittchensarg" fuhren die Architekten Andreas Cukrowicz (links) und Anton Nachbaur-Sturm vor.

Mit dem legendären Volvo "Schneewittchensarg" fuhren die Architekten Andreas Cukrowicz (links) und Anton Nachbaur-Sturm vor.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Architektenvertrag für das künftige Konzerthaus im Werksviertel ist perfekt. Die zuständigen Ministerinnen schwärmen von dem Projekt - und Mariss Jansons verlängert sein Engagement als Chefdirigent bis 2024

Von Susanne Hermanski

Der Pakt ist besiegelt, der "Schneewittchensarg" kommt - und damit ist die letzte Hoffnung derer begraben, die den neuen Konzertsaal lieber an anderer Stelle in München als im Werksviertel hinterm Ostbahnhof gesehen hätten. Bei einem Empfang im Prinz-Carl-Palais hat Markus Söder am Donnerstag den Architektenvertrag für das neue Konzerthaus an das Büro Cukrowicz Nachbaur Architekten überreicht. Flankiert wurde der Ministerpräsident dabei gleich von zwei Ministerinnen, Ilse Aigner fürs Bau- und Marion Kiechle fürs Kunstministerium. Das Bregenzer Büro war im Herbst unter mehr als 200 Teilnehmern aus 20 Staaten als Sieger aus dem Architektenwettbewerb für das Gebäude hervorgegangen. In den vergangenen Monaten sind nun weitere wichtige Modalitäten wie das Raumprogramm geklärt und der Vertrag ausformuliert worden. Und es trifft offenbar Sinn für Ästhetik auf Sinn für Humor beim Architektenteam Cukrowicz Nachbaur. Zur Vertragsübergabe im Prinz-Carl-Palais fuhr es nämlich wahrhaftig in einem "Schneewittchensarg" vor. So nennen Fans nicht nur den Typ eines legendären Volvo-Modells aus den Siebzigerjahren, so heißt im Volksmund etwas spöttisch auch der weitgehend gläserne Entwurf für das neue Münchner Konzerthaus. Ein Architekt aus Dachau hat den Bregenzer Kollegen den Wagen für die charmante Aktion zur Verfügung gestellt. Anton Nachbaur-Sturm will sie durchaus sinnbildlich verstanden wissen. "Das Auto war seinerzeit auch zunächst umstritten", sagt er. Deshalb wurden nur 8000 Stück gebaut. Heute ist dieser Schneewittchensarg auf Rädern Kult.

Mit dem Neubau, dessen Potenzial vielen in München erst nach dem ungeheuren Publicityerfolg der Elbphilharmonie für Hamburg klar geworden war, will der Freistaat nun seinerseits hoch hinaus. 50 Meter hoch soll das Haus werden und "erlesene Musikerlebnisse" bieten, so klingt es aus der Staatskanzlei voll Zuversicht. Ilse Aigner sagte in ihrer Rede: "Ob Harmonie oder Dissonanz - im neuen Konzerthaus München soll es Raum für alles geben, was gute Musik braucht, vor allem aber für eine Disziplin, die heute oft zu kurz kommt: das Zuhören."

Neuer Konzertsaal: Mit dem legendären Volvo "Schneewittchensarg" fuhren die Architekten Andreas Cukrowicz (links) und Anton Nachbaur-Sturm vor.

Mit dem legendären Volvo "Schneewittchensarg" fuhren die Architekten Andreas Cukrowicz (links) und Anton Nachbaur-Sturm vor.

(Foto: Stephan Rumpf)

Insgesamt 2600 Sitzplätze wird das Konzerthaus nach bisherigem Plan haben und insgesamt drei Konzertsäle beherbergen. Der Große Saal für das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sowie für Gastorchester aus aller Welt bietet Platz für 1800 Zuhörer. Zudem sind ein Kleiner Saal für 600 Zuhörer und eine Werkstattbühne für 200 Zuhörer vorgesehen. Die Architekten sollen die drei Säle so planen, dass sie beste Voraussetzungen für klassische Konzerte, aber auch für Jazz und andere Livemusik-Veranstaltungen offerieren. Damit neben dem Raum- auch das Klangerlebnis stimmt, läuft derzeit ein eigener Wettbewerb unter ausgewählten Akustikbüros. Entschieden wird im Herbst.

Kunstministerin Marion Kiechle sieht in dem neuen Konzerthaus auch "eine Einladung an ein neues und junges Publikum, sich von der internationalen Sprache der Musik berühren und begeistern zu lassen". Es stehe unter dem Motto "Herausragende Musik - für alle erlebbar"! Andererseits werde es auch nicht ohne das finanzielle Zutun vieler privater Stifter gehen. Die Musikvermittlung sei ein zentraler Baustein im neuen Haus. Neben dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und der Hochschule für Musik und Theater München, die das Haus permanent bespielen werden, solle es ebenso anderen Orchestern, Ensembles und Konzertveranstaltern zur Verfügung stehen.

Entscheidung für neues Münchner Konzerthaus

Als Schneewittchensarg wird bereits der Entwurf des künftigen Konzerthauses spöttisch-liebevoll bezeichnet. Simulation: Cukrowicz Nachbaur Architekten/dpa

Begeisterte Reaktionen schickte Mariss Jansons, der Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO), das so lange darum gerungen hatte, in der Stadt ein Haus zu erhalten, in dem es nicht wie im Gasteig mit den Münchner Philharmonikern um freie Auftrittsabende ringen müsste. "Es ist großartig", ließ er aus Salzburg übermitteln, wo er gerade für eine Opernproduktion probt. Und mehr noch, er gab offiziell bekannt, was seit Monaten in der Münchner Klassikszene schon im Schwange war: Er werde seinen Vertrag als Chef des BRSO um weitere fünf Jahre, bis 2024, verlängern. Sollte der Bau der Konzerthauses gut voranschreiten und nicht derart ausufern wie dereinst die Elbphilharmonie, könnte Jansons sogar noch das Eröffnungskonzert dirigieren. Für diesen Traum kämpfen seine Bewunderer seit vielen Jahren.

Neben dem Architekturbüro Cukrowicz Nachbaur, das nun beauftragt ist, und dem Akustikbüro, das im Herbst seine Arbeit aufnehmen können soll, wird dafür noch eine Vielzahl anderer Fachbüros hinzugezogen werden müssen. Zum Beispiel für die Tragwerksplanung, die Technische Gebäudeausrüstung oder die Elektroplanung. Auch ein Projektsteuerungsbüro wird bis Herbst 2018 festgelegt. Die EU-weiten Vergabeverfahren dafür laufen derzeit.

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