Süddeutsche Zeitung

Neuer Dienstleister in der BMW-Welt:Mitarbeiter murren über sinkende Löhne

Im kommenden Jahr hat ein neuer Dienstleister in der BMW-Welt das Sagen. Die Mitarbeiter sprechen von einer Klassengesellschaft und sind unzufrieden, weil sie bis zu 1,50 Euro weniger in der Stunde verdienen.

Thomas Kronewiter

Es war ein Abend im Doppelkegel der BMW-Welt, den die Besucher wohl allesamt als denkwürdig empfunden haben - ganz gleich, ob sie das "Meet & Greet"-Treffen mit ihrem künftigen Arbeitgeber vorzeitig verlassen haben oder bis zu Bier und Brezen geblieben sind. Und es war ein Abend, an dem Kompromisse ebenso verkündet wurden wie schlechte Nachrichten. Denn für die Masse der Beschäftigten in der BMW-Welt, welche die PR Hofer GmbH aus Berlin Anfang 2013 vom bisherigen Dienstleister Avantgarde übernehmen wird, werden sich die Vertragsbedingungen verschlechtern.

Oliver Vogel, Geschäftsführer von PR Hofer, räumt dies auf SZ-Anfrage ein - wenngleich er den aus Mitarbeiterkreisen erhobenen Vorwurf des Lohn-Dumpings ganz entschieden zurückweist.

Die Personaldienstleistungsgesellschaft wird ihren Beschäftigten - sofern sie keine besonderen Aufgaben übernehmen - künftig in der Stunde zwischen 12,50 und 14,50 Euro zahlen. Das sind nach Angaben von PR Hofer bis zu 1,50 Euro weniger als bisher, wobei die meisten Betroffenen zwischen 50 Cents und einem Euro weniger verdienen sollen.

Weniger Stundenlohn, keine Sonntagszuschläge mehr

Auch die Sonntagszuschläge, derzeit bis zu 30 Prozent, fallen künftig weg - aus Sicht des Arbeitgebers haben sie keinen Sinn, weil die meisten Beschäftigten ohnehin Teilzeit arbeiteten und davon viele "gerne am Wochenende". Das Berliner Unternehmen habe sich deshalb entschlossen, das vorhandene Budget lieber "möglichst gerecht" auf alle Beschäftigten aufzuteilen, sagt der Geschäftsführer.

Er räumt aber ein, dass das jetzt angepeilte Lohnniveau gegenfinanziert werden müsse: "Das ausverhandelte Budget gibt es nicht her." Ganz neue Beschäftigte, die man nicht von Avantgarde übernehme, müssten deshalb zu den "ursprünglich kalkulierten niedrigeren Löhnen" anfangen.

Bei der gut besuchten Versammlung in der BMW-Welt habe man gleichwohl Zugeständnisse gemacht, sagt Geschäftsführer Vogel. So verbesserten sich etwa die Lohnzahlungsbedingungen: Künftig werde nicht mit einer Verzögerung von zwölf Tagen, sondern am Monatsersten gezahlt. Und den Urlaub werde man auf Mitarbeiterwunsch generell auf Basis einer Fünf-Tage-Woche berechnen. Außerdem werde man den Vertragsbeginn auf 1. Januar datieren - obwohl man selbst erst vom 2. Januar an den Auftrag von BMW habe.

"Aus Stolz" nicht mehr beworben

Nun werden die bereits angelaufenen Gespräche fortgesetzt - wobei sich die Verantwortlichen von PR Hofer sowohl mit den Vertretern von Arbeitsbereichen als auch direkt mit einzelnen Mitarbeitern unterhalten wollen. Ein seit längerem in der BMW-Welt eingesetzter Mitarbeiter hat sich, wie er auf SZ-Anfrage berichtet, schon gar nicht mehr bei Hofer beworben - "aus Stolz". Er beklagt die Drei-Klassen-Gesellschaft bei BMW: An der Spitze stünden die BMW-Angestellten, dann kämen die Leiharbeiter, ganz am Ende stünden die Mitarbeiter mit Werkverträgen.

Ein anderer verweist auf den akademischen Hintergrund vieler in der BMW-Welt Beschäftigter und die Anforderungen an Werksführer, die neben Deutsch auch Englisch "in der Stufe unter muttersprachlich" beherrschen sollten. Ein dritter kann sich die Streichung der Zuschläge nicht leisten. "Wenn das wegfällt, kann ich auch kellnern gehen", konstatiert er. Mancher vermisst die soziale Komponente beim Automobilbauer. "Man fühlt sich nicht mehr wertgeschätzt", bedauert einer.

Zumindest Lippenbekenntnisse habe es von BMW zu Beginn des "Meet & Greet"-Abends durchaus gegeben, ist übereinstimmend von Besuchern zu hören. BMW-Verantwortliche hätten die anwesenden Beschäftigten der BMW-Welt sehr gelobt, berichten Mitarbeiter - als die "Speerspitze" und das "Gesicht" des Unternehmens.

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Quelle:
SZ vom 29.10.2012/infu
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