Nahverkehr:Reiter: Ohne Geld vom Bund gibt es keine neuen U-Bahn-Linien

Eröffnung der U-Bahnhaltestelle Moosacher St. Martinsplatz in München, 2010

Die letzte Erweiterung des Münchner U-Bahn-Netzes war die Verlängerung der U3 nach Moosach - im Bild die Eröffnung im Jahr 2010.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Der Bau der U 9, die die Linien 3 und 6 entlasten soll, steht weit oben auf der Prioritätenliste des Stadtrats.
  • Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) dämpft die Erwartungen: Ohne Zuschüsse durch den Bund und Freistaat sei das kaum machbar.
  • Der Fördertopf des Bundes gibt aber bei weitem nicht genug her. Reiter fordert deshalb einen "Sondertopf" für große Infrastrukturmaßnahmen.

Von Andreas Schubert

Die Münchner Nahverkehrsziele sind ambitioniert. Am Mittwoch hat der Stadtrat einen Zukunftsplan für den U-Bahn-Bau beschlossen. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht der Bau der U 9, die die chronisch überlasteten Linien U 3 und U 6 in der Innenstadt entlasten soll. Doch nachdem der Stadtrat in die Zukunft geblickt und der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Johann Sauerer, von einem großen Tag für den Nahverkehr gesprochen hatte, verpasste Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) der allseits guten Stimmung einen Dämpfer.

Es sei zwar erfreulich, sagte Reiter, dass es im Stadtrat einen breiten Konsens zum U-Bahn-Bau gebe und dass sich die Stadträte Gedanken gemacht hätten, welche U-Bahnen zuerst sinnvoll seien. Doch "ein klein wenig" gehe es auch ums Geld: "Da reden wir über Milliarden, Freunde."

Ohne eine gesicherte Finanzierung mit einer klaren Zuschusszusage des Bundes und des Landes werde er den Stadtrat nicht mit weiteren U-Bahn-Projekten befassen. Außer er werde mehrheitlich überstimmt und der Stadtrat beschließe, dass die Stadt alles selbst finanzieren soll. So wie er es für die Verlängerung der U 5 nach Pasing festgelegt hat, die mehr als 600 Millionen Euro kostet und für die es noch keine Förderzusage gibt. Damit sei die Stadt schon weit gegangen, sagte Reiter.

Eine Förderung müsste aus dem Topf des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) kommen; doch noch gibt es keine Zusage des Bundes. Und ohne Förderung wird die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 nach Pasing selbst für eine prosperierende Stadt wie München eine finanzielle Belastung. "Mehr kann man verantwortungsvoll aus meiner Sicht nicht tun", sagte Reiter. Deshalb sei er sehr gespannt, wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) auf seinen "dringenden Wunsch" nach einer Veränderung im GVFG reagieren werden. Klar sei, man werde den bundesweiten Fördertopf "nicht so bestücken, dass es für alle reicht".

Zur Erklärung: Die Koalition aus CDU/CSU und SPD in Berlin hat sich darauf geeinigt, die Mittel zur Förderung des Nahverkehrs von 333 Millionen Euro auf zunächst 665 Millionen Euro im Jahr 2020 und dann von 2021 an auf eine Milliarde Euro pro Jahr aufzustocken - für Verkehrsprojekte in ganz Deutschland. Doch alleine die neue U 9 in München würde nach ersten groben Schätzungen mindestens drei Milliarden Euro kosten.

Kann der CSU-Verkehrsminister helfen?

Reiter fordert deshalb einen "Sondertopf" für große Infrastrukturmaßnahmen bundesweit. Und da derzeit nur München U-Bahnen baue, würden auch "die anderen" kapieren, dass dies eine "Lex München" sei. Um diese Forderung zu erfüllen, müssten alle Parteien im Bundestag an einem Strang ziehen. "Wenn wir das nicht schaffen, dann hat sich's was mit U-Bahn-Planung", prophezeite Reiter. Er wolle damit nicht sagen, dass es nicht sinnvoll sei, sich über Priorisierungen zu unterhalten. Aber die höchste Priorität habe für ihn, "dass wir eine gemeinsame Finanzierung hinbekommen". Sein Appell an den Stadtrat: Er bitte alle, die irgendwie in Berlin Einfluss haben, sich einzusetzen und zu sagen, "wenn wir das nicht schaffen, werden wir den U-Bahn-Bau krachend beenden". Dieser Appell dürfte insbesondere an die CSU gerichtet sein, die in Berlin ja den Verkehrsminister stellt.

Mit seiner Stimme jedenfalls, betonte Reiter, werde es - außer der U-5-Verlängerung nach Pasing - keine weitere eigenständige Finanzierung geben. "Es ist zwar schön, wenn wir uns hier Gedanken machen, welche zuerst gebaut werden soll bis 2050, 2080, 2100", er habe in Berlin allerdings keine große Begeisterung festgestellt, Milliarden nach München zu pumpen. In der Tat gilt es als unwahrscheinlich, dass der Bundestag eigens für München neues Geld freigibt, nachdem schon die zweite S-Bahn-Stammstrecke bis zu 3,8 Milliarden Euro kosten wird, für die der Bund 60 Prozent beisteuert. Nur der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, signalisierte am Mittwoch Unterstützung für Reiters Forderung: Das GVFG müsse modernisiert werden, um umweltfreundliche Verkehrsmittel zu stärken.

Reiters Euphoriebremse folgte einer Debatte über die Dringlichkeit verschiedener U-Bahn-Projekte. Außer der U 5 bis Pasing, die voraussichtlich schon von 2021 an gebaut wird, sowie der U 9 stehen noch weitere Vorhaben auf der Wunschliste des Stadtrats: die Verlängerung der U 5 bis ins neue Wohnquartier in Freiham, die 750 Millionen Euro kosten dürfte. Dann sollen die als Umsteigeknoten genutzten U-Bahnhöfe Odeonsplatz und Hauptbahnhof saniert und ausgebaut werden. Langfristig will der Stadtrat auch noch die U 4 bis Englschalking oder sogar bis zur Messestadt West erweitern und die U-26-Verbindungsspange zwischen Am Hart und Kieferngarten im Norden bauen lassen.

Zur SZ-Startseite

Bus und Tram
:So will die MVG künftig schneller auf Störungen reagieren

Das Leitsystem für Busse und Trambahnen stößt längst an seine Grenzen. An Haltestellen warten Fahrgäste häufig auf ihr Transportmittel und Informationen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: