Neue Synagoge in München:Libeskind light im Lehel
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Vor gut drei Jahren präsentierte der Stararchitekt Daniel Libeskind Entwürfe für eine Synagoge im Lehel. Seither liegen die Pläne auf Eis. Der liberalen jüdischen Gemeinde Beth Shalom fehlen die Mittel - nun will sie eine günstigere Variante bauen.
Von Thomas Anlauf
Es ist ein Traum aus Licht und Linien. Die Pläne des Stararchitekten Daniel Libeskind für eine neue Synagoge im Lehel sind spektakulär. Vor dreieinhalb Jahren präsentierte Libeskind erstmals die Entwürfe in München. Die Synagoge soll der Liberalen Jüdischen Gemeinde München Beth Shalom einmal ein repräsentativer Ort der Begegnung sein. Die kühne Vision sollte bereits 2018 Wirklichkeit sein. Dieser Traum hat sich als Illusion entpuppt, jahrelang lag das Millionen-Projekt auf Eis. Doch nun könnte die Libeskind-Synagoge doch noch realisiert werden.
"Wir setzen noch einmal all unsere Energie daran, das Projekt umzusetzen", sagt Myriam Schippers. Sie ist nicht nur im siebenköpfigen Gemeindevorstand von Beth Shalom, sondern auch im Vorstand der Stiftung für die geplante Synagoge. Nach einem dreijährigen Dornröschenschlaf hat die Gemeinde nun mit breiter Mehrheit beschlossen, alles dafür zu tun, das benötigte Geld für das Gotteshaus, das auch ein Begegnungszentrum für die Menschen im Lehel werden soll, aufzutreiben und der Stadt einen soliden Finanzierungsplan vorzulegen. "Wir sind nun an Spendern dran", sagt Myriam Schippers. Allerdings ist ziemlich viel Geld nötig, um die Synagoge nicht nur zu bauen, sondern auch unterhalten zu können. Nach ersten Schätzungen soll der Bau bis zu 15 Millionen Euro kosten.
Seit kurzem besteht nun die Möglichkeit einer zweckgebundenen Spende für das Synagogen-Projekt, die Stiftung will ein mit Prominenten besetztes Kuratorium ins Leben rufen und hat sich nach möglichen Unterstützern erkundigt. Die Homepage ist neu gestaltet, und die Gemeinde hat sogar einen Facebook-Auftritt, um für ihre Sache zu werben. Das sind vielleicht nur kleine Mosaiksteine für ein großes Projekt, aber Myriam Schippers und ihre Vorstandskollegin Celeste Schuler geben sich zuversichtlich. "Es hat sich einiges bewegt in den vergangenen Monaten", sagt Celeste Schuler.
Raumnot in Sendling
Davor herrschte allerdings jahrelang Stillstand. Nachdem Libeskind im Mai 2011 die Skizzen für eine Synagoge vorgestellt hatte, trat zunächst der Gemeindevorstand von Beth Shalom offenbar wegen interner Differenzen zurück. Wenig später bezog die liberale Gemeinde neue Räumlichkeiten in Sendling, nachdem der Platz im Gärtnerplatzviertel für die wachsende Zahl an Mitgliedern nicht mehr ausgereicht hatte. Doch mittlerweile herrscht auch dort wieder Raumnot: Innerhalb von drei Jahren wuchs Beth Shalom von knapp 300 auf nun 400 Mitglieder an.
Die Synagogen-Pläne sind deshalb wieder hochaktuell. Allerdings ist fraglich, ob die kleine Gemeinde die hohe Summe aufbringen kann. "Wir haben uns die veranschlagten Kosten angesehen und festgestellt, dass der Bau zu teuer wäre", sagt Myriam Schippers. Auch die Gemeindemitglieder haben dem Vorstand zu verstehen gegeben, dass sie sich die Libeskind-Synagoge wünschen, allerdings nur, wenn der Bau unter zehn Millionen Euro zu realisieren ist. Mittlerweile hat nach Angaben von Schippers bereits die bayerische Staatsregierung es begrüßt, dass Synagoge und Gemeindezentrum im Lehel deutlich günstiger werden könnten. Möglicherweise erhält Beth Shalom nämlich staatliche Fördermittel für den Neubau. Und Architekt Libeskind hatte im Sommer ausrichten lassen, dass er nicht auf der teuren Version besteht: "Wir sind nicht nur daran interessiert, mit Ihnen an Ihrem Traum zu arbeiten, sondern es ist auch unser Traum", teilte Nina Libeskind, Partnerin des US-amerikanischen Architekten, der Gemeinde mit.
Gespräche mit den zuständigen Referaten
Fraglich ist bislang allerdings, wie die Kosten auf unter zehn Millionen Euro gedrückt werden können. Möglich wäre es, auf Büroräume zu verzichten oder die geplante Tiefgarage zu verkleinern oder ganz wegzulassen. Dazu ist die Gemeinde jedoch auf die wohlwollende Zusammenarbeit mit der Stadt angewiesen. In den kommenden Wochen will der Gemeindevorstand mit den zuständigen Referaten ins Gespräch kommen, um auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, auf dem Grundstück kleiner zu bauen.
Das städtische Kommunalreferat hat bereits von sich aus agiert. Ende Oktober verschickte die Behörde einen Brief an Beth Shalom und sicherte der Gemeinde zu, dass sie das städtische Grundstück Am Gries, auf dem Baurecht besteht, bis 2019 für die Synagoge reserviert. Spätestens bis dahin muss der Stadt also ein Finanzierungsplan vorgelegt werden. "Dafür sind wir sehr dankbar, dass sich die Stadt so großzügig zeigt", sagt Myriam Schippers. Sie ist fest davon überzeugt, dass eine Synagoge von Daniel Libeskind im Lehel "eine einmalige Chance sowohl für uns als auch für München" wäre. Denn der Bau des Stararchitekten könnte ein Wahrzeichen moderner Architektur in der Innenstadt werden - und auch ein sichtbares Symbol für die wiederentstandene Vielfalt der jüdischen Religionsgemeinschaft in München.