Neue Mitarbeiter:Betriebsrat im Haus der Kunst fordert Distanzierung von Scientology

Neue Mitarbeiter: Weitere Unklarheiten: Nach der Trennung von einem langjährigen Personalverwalter stehen nun Betriebsrat und Geschäftsführung vor dem Arbeitsgericht.

Weitere Unklarheiten: Nach der Trennung von einem langjährigen Personalverwalter stehen nun Betriebsrat und Geschäftsführung vor dem Arbeitsgericht.

(Foto: Robert Haas)
  • Wenn im Haus der Kunst neue Mitarbeiter anfangen, soll ihnen ein Fragebogen zu einer etwaigen Scientology-Mitgliedschaft vorgelegt werden.
  • Das fordert der Betriebsrat im Rahmen von Prozessen vor dem Arbeitsgericht.
  • Der frühere Personalverwalter, der Mitglied bei Scientology sein soll, äußert sich zum ersten Mal öffentlich. Er sieht sich als Opfer einer "Mobbingkampagne".

Von Susanne Hermanski

Der Betriebsrat der Stiftung des Hauses der Kunst will die Geschäftsführung dazu verpflichten, künftigen Mitarbeitern einen Fragebogen zu einer etwaigen Scientology-Zugehörigkeit vorzulegen. Zudem soll die Geschäftsführung dafür Sorge tragen, dass dieser Fragebogen ausgefüllt und dem Vertragsentwurf beigefügt wird, bevor er dem Betriebsrat zur Zustimmung einer Neuanstellung vorgelegt wird. Darauf pocht das Gremium im Rahmen mehrerer Prozesse am Münchner Arbeitsgericht.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die Auseinandersetzung um den früheren Personalverwalter des Museums, von dem sich das Haus der Kunst in der vergangenen Woche getrennt hat. Der mutmaßliche Scientologe arbeitete seit 1995 in dem Haus. Ihm wird vorgeworfen, dort gezielt Scientologen als Mitarbeiter eingeschleust zu haben. Zudem beschuldigt ihn der Betriebsrat, für das schwierige Betriebsklima mitverantwortlich zu sein.

Bis vor wenigen Monaten fragte das Haus der Kunst nicht nach einer möglichen Scientology-Mitgliedschaft, obwohl es dazu eine bayernweit gültige Vorschrift gibt. Denn Bewerber um eine Stelle im öffentlichen Dienst müssen offenlegen, ob sie Verbindungen zu extremistischen Organisationen haben; dazu zählt seit 1996 explizit auch Scientology.

Das Haus der Kunst wird zwar von einer Stiftung getragen, das Museum erhält aber Zuschüsse der Staatsregierung. Das Kunstministerium verweist deshalb auf eine Schutzerklärung, die ebenfalls seit 1996 bei der Vergabe öffentlicher Aufträge von jedem Bewerber abgegeben werden muss. Mit ihr muss ein Bewerber versichern, nicht nur selbst kein Scientologe zu sein, sondern auch keinen solchen zu beschäftigen. So wolle man öffentliche Stellen "vor einer Infiltration durch Scientology" schützen, sagte Innenminister Günther Beckstein (CSU) 1996.

Zu dem Zeitpunkt war der umstrittene Personalverwalter jedoch bereits für das Museum tätig. Weder er noch andere Mitarbeiter haben in den Folgejahren besagten "Fragebogen zu Beziehungen zur Scientology-Organisation" ausgefüllt. Als jedoch 2016 immer massivere Beschwerden über Missstände im Haus der Kunst den Aufsichtsrat der Stiftung erreichten, fiel das offenbar auf.

Der Aufsichtsrat unter Vorsitz von Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) schritt ein, beauftragte den Verfassungsschutz mit der Beobachtung des Hauses. Seitdem wird der Fragebogen ausgehändigt. Darauf hatte auch das Finanzministerium gedrungen, das einen Sitz im Aufsichtsrat innehat und den Finanzzuschuss anweist.

Denn offenbar war die Geschäftsführung des Museums immer noch der Meinung, Mitarbeiter nicht zwingend nach Scientology fragen zu müssen. Es habe "eine abweichende Rechtsauffassung" gegeben, sagt dazu eine Sprecherin des Ministeriums. "Wir haben am selben Tag noch reagiert und mitgeteilt, dass diese Regeln gefälligst einzuhalten sind."

Laut eigenem Bekunden hat selbst der Direktor des Hauses der Kunst, Okwui Enwezor, seinen Fragebogen erst daraufhin erhalten. Doch anders als er haben ihn nicht alle seine Mitarbeiter beantwortet. Wie viele genau ist unbekannt; Insider sprechen von bis zu 30 Prozent. Die Geschäftsführung beruft sich auf den Persönlichkeitsschutz seiner Mitarbeiter und gibt dazu keine Auskunft. Aus welchen Gründen die Angestellten die Formulare im Einzelnen nicht ausgefüllt haben, ist unklar, wie dringend sie dazu aufgefordert wurden, ebenfalls.

Was der ehemalige Personalverwalter zu den Vorwürfen sagt

Unmissverständlich ist aber, was der Betriebsratsvorsitzende Anton Köttl und seine Stellvertreterin am Donnerstag vor dem Arbeitsgericht zu Protokoll gegeben haben. Auch nach der Trennung von dem Personalverwalter sei das Vertrauen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung "noch nicht so gestärkt, wie es sein sollte".

Deshalb lege man Wert auf eine richterliche Entscheidung im Bezug auf die Fragebögen. Zu lange habe man sich "vom Freistaat, vom Aufsichtsrat und vom Arbeitgeber im Stich gelassen gefühlt". Die Geschäftsführung des Museums, vertreten durch den kaufmännischen Leiter, Marco Graf von Matuschka, wies dies von sich.

Der umstrittene Personalverwalter hat sich am Donnerstag gegenüber der Süddeutschen Zeitung erstmals selbst zu den Vorwürfen geäußert: "Ich fühle mich als das Opfer einer Mobbingkampagne. Einzelne, die schon immer etwas Persönlicheres gegen mich hatten, haben jetzt gesiegt", sagt er, ohne Namen zu nennen. In den Jahren seiner Tätigkeit habe es "vielleicht maximal zehn Mitglieder von Scientology gegeben, sofern ich das ahnte oder wusste" - allerdings bei rund 900 Aufsichten insgesamt.

"Abgesehen von wenigen Gesprächen unter vier Augen habe ich mich im Haus der Kunst nie zum Thema meiner Zugehörigkeit zu Scientology geäußert", sagt der Mann. Und er glaube, dass die Geschäftsführung so lange an ihm festgehalten habe, "weil ich einfach meine Arbeit sehr gut gemacht habe".

Für ihn demonstrierten am Mittwoch erneut einige Mitarbeiter, diesmal vor dem Kultusministerium. Angemeldet war die Demonstration von der "Scientology Kirche Bayern" und der Protest galt im Wortlaut der vermeintlichen "Gesinnungsschnüffelei", die das Kultusministerium im Haus der Kunst betreibe. In einer Erklärung beruft sich die Organisation auf die Religions- und Meinungsfreiheit. "Statt sich schützend vor betroffene Mitarbeiter zu stellen, beteiligen sich Staat und Politik an einer medienwirksamen Hexenjagd und sprechen ohne Prüfung des Einzelfalls auch gleich das Urteil: Weg mit ihm!"

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