Süddeutsche Zeitung

Stromtankstellen:E-Auto-Fahren wird in München teurer

  • Seit Anfang des Jahres erheben die Stadtwerke München eine Gebühr pro Ladestunde Strom für Elektroautos.
  • Bislang mussten Besitzer von Stromern nur eine monatliche Grundgebühr für die Nutzung zahlen.
  • Zusätzlich gibt es Probleme bei der genauen Abrechnung des Stromverbrauchs.

Von Marco Völklein

Noch sind die Anhänger von Elektroautos eine kleine Gruppe. Umso intensiver tauschen sie sich im Internet untereinander aus. Seit Jahresanfang ist die Aufregung bei Stromer-Fans in und um München groß.

Für Ärger sorgt ein neues Preismodell der Stadtwerke München (SWM): Wer Strom an einer der 18 Ladesäulen der SWM "tanken" will, muss seit dem 1. Januar dafür eine Grundgebühr von 10,12 Euro im Monat zahlen. Hinzu kommen 1,80 Euro pro Ladestunde.

Solche Preise waren E-Auto-Nutzer bislang nicht gewohnt. Bisher hatten die SWM lediglich eine einmalige Grundgebühr erhoben, danach war jeder Ladevorgang an einer der öffentlichen Säulen gratis. "Nach sechs Jahren nahezu kostenlosem Laden haben wir nun damit begonnen, die Nutzung der Ladesäulen auch abzurechnen", sagt ein SWM-Sprecher.

Stromgebühren sind legitim - und doch schimpfen viele

Grundsätzlich könne man das ja verstehen, sagt zum Beispiel E-Auto-Nutzer Andreas Müller aus Breitbrunn. Gebühren für den genutzten Strom zu verlangen, sei "selbstverständlich legitim".

Auch in diversen Internetforen äußern Stromer-Fans Verständnis: "Wir müssen uns daran gewöhnen, das nach und nach immer mehr Säulen kostenpflichtig werden", schreibt da einer. Was viele allerdings stört, ist die Höhe der neuen Gebühren.

Der Grundpreis sei eine Frechheit, schimpft einer im Internet: "Gibt's an keiner Tanke - will ich bei keinem Ladesäulenbetreiber." Heftigere Auswirkungen aber habe die zeitabhängige Gebühr, sagt Müller, der einen BMW i3 fährt. Denn je voller eine Batterie ist, desto länger dauert es, bis die restlichen zwanzig oder zehn Prozent gefüllt sind.

Wer lange an der Säule steht, weil die Batterie viel Zeit braucht, um den Strom zu "ziehen", der zahle unterm Strich bis 50 Cent je Kilowattstunde (kWh), rechnet Müller vor. Bei seinem Hausanschluss liege der Tarif bei nur 21 Cent pro kWh. Die SWM sollten also nicht die Zeit berechnen, die die Autos an den Säulen stehen, sondern den tatsächlichen Verbrauch messen, findet Müller - und diesen in Rechnung stellen.

Doch genau daran scheitern die SWM-Ladesäulen derzeit, wie der SWM-Sprecher einräumt. In den Stelen seien zwar Zähler eingebaut, diesen fehle aber die Zulassung des Eichamts. Bei den seit 2009 errichteten Säulen handele es sich um "de facto Prototypen", Säulen mit geeichten Zählern würden erst "im Laufe des Jahres 2016 von den Herstellern" kommen.

BMW-Fahrer Müller widerspricht: Er selbst hat erst neulich an einer öffentlich zugänglichen Säule von RWE geladen - und sehr wohl eine genaue Abrechnung nach Kilowattstunden erhalten.

Den E-Auto-Fahrern geht die Entwicklung zu langsam

Sauer ist die E-Auto-Szene vor allem auch deshalb, weil führende Vertreter der Stadt das Jahr 2016 quasi zum Jahr der Elektromobilität ausgerufen haben - auch wenn Umweltverbände und Stadtplaner stets warnen, dass E-Autos kein Allheilmittel sind, um sämtliche Verkehrsprobleme zu lösen.

So soll zum 1. April ein 22 Millionen Euro schweres städtisches Förderprogramm starten, bei dem sich Gewerbetreibende und Freiberufler einen einmaligen Zuschuss von bis zu 5500 Euro sichern können, sofern sie sich einen Stromer anschaffen und im Gegenzug auf ihren bisherigen Benziner oder Diesel verzichten. "Damit sind wir Vorreiter in Deutschland", sagt Umweltreferentin Stephanie Jacobs.

E-Auto-Fahrer Müller sieht das ganz anders: "Das sind Sonntagsreden, in der Praxis geht nichts voran." Der SWM-Sprecher verspricht, das Unternehmen werde "die Entwicklung beobachten und Abrechnungssystematik noch einmal überprüfen". Zudem sei ein Ad-hoc-Zugang, beispielsweise über eine App für Smartphones, geplant.

Müller findet, das gehe alles zu langsam. Als er sich Ende 2014 die Zugangskarte für die SWM-Säulen besorgt hat, habe ihm der Verkäufer zugesichert, in naher Zukunft würden 400 weitere Ladesäulen im Stadtgebiet errichtet. In ihrem Förderprogramm hat die Stadt nun vorgesehen, bis 2018 etwa 100 Ladesäulen zu bauen.

An den Stelen sollen zudem Schilder angebracht werden, die die maximale Parkdauer tagsüber auf vier Stunden begrenzen, kündigt der SWM-Sprecher an. Damit werde man "gegen das Dauerparken beziehungsweise Zuparken der Ladesäulen vorgehen".

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SZ vom 01.02.2016/vewo/dit
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