Neue Erkenntnis:Amokläufer von München nannte sich schon vor der Tat "Amokläufer"

Ein Monat nach dem Amoklauf

Dass sich David S. schon vor der Tat "Amokläufer" nannte, war offenbar nicht einmal seinen Ärzten bekannt.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Am 22. Juli 2016 tötete der Schüler David S. am Olympia-Einkaufszentrum in München neun Menschen und anschließend sich selbst.
  • Nun wurde bekannt: S. verlangte schon etwa ein Jahr vorher in einem Klinikum von Mitpatienten, dass sie ihn mit "Amokläufer Z" ansprechen sollten.
  • Von den Aussagen habe man erst nach dem Amoklauf erfahren, teilt das Innenministerium mit.

Von Martin Bernstein

Bereits ein knappes Jahr vor der Bluttat am Olympia-Einkaufszentrum hat David S. sich gegenüber Mitpatienten im Klinikum Harlaching als "Amokläufer" bezeichnet. Das geht aus einer Antwort des bayerischen Innenministeriums auf eine Anfrage des Münchner SPD-Abgeordneten Florian Ritter hervor.

David S., der damals noch seinen Geburtsnamen Ali trug, war im Sommer 2015 als 17-Jähriger wegen Depressionen und einer posttraumatischen Belastungsstörung in der psychiatrischen Abteilung des städtischen Klinikums Harlaching behandelt worden. Gegenüber Mitpatienten soll David S. "mehrfach" geäußert haben, er wolle nicht mehr mit seinem Namen (den er kurz nach seiner Volljährigkeit dann ändern ließ), sondern mit "Amokläufer Z" angesprochen werden.

"Diese Aussagen von David S. wurden den Sicherheitsbehörden erst im Zuge der Ermittlungen nach dem Amoklauf bekannt", heißt es dazu aus dem Innenministerium. Ehemalige Mitpatienten berichteten das den Ermittlern der Sonderkommission (Soko) OEZ bei Vernehmungen nach dem Amoklauf vom 22. Juli 2016, bei dem David S. neun Menschen - zumeist türkisch- oder albanischstämmige Jugendliche - und dann sich selbst erschoss.

Offenbar erfuhren Ärzte und Therapeuten in Harlaching nichts von der Selbstbezichtigung ihres Patienten als Amokläufer. Beim Bekanntwerden von Amoktendenzen würden "umgehend die Behörden informiert", erläutert Pressesprecher Raphael Diecke die generelle Linie der städtischen Kliniken. Zum konkreten Fall dürfe man aber wegen der ärztlichen Schweigepflicht nichts sagen.

Die Soko fand auch heraus, dass S. bei seinem stationären Aufenthalt in Harlaching "offenbar einige Mitpatienten mit nationalsozialistischen Symbolen und Phrasen provozierte". So soll er mehrmals Hakenkreuze in seinen Malblock geschmiert, einer Mitpatientin in einem Fall den Hitlergruß gezeigt und sie mit "Sieg Heil" gegrüßt haben. Daraufhin zur Rede gestellt, soll S. gesagt haben, er sei kein Nazi, finde aber "manche Sachen gut, die Hitler gemacht hat".

Laut Innenministerium waren mögliche rechtsradikale Neigungen des Jugendlichen sogar Thema bei Therapiegesprächen im Klinikum. S. habe solche Neigungen verneint. Er war auch in anderen ärztlichen Einrichtungen in Behandlung. Zu möglichen weiteren Vorfällen dort schweigen sich die Behörden aus. Bekannt ist aber, dass S. offenbar einige Zeit vor dem Amoklauf seine Antidepressiva abgesetzt hatte: Der 18-Jährige hatte bei seiner Obduktion nur noch leichte Spuren des Medikaments im Blut.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: