Doppelmord von Krailling:Schlinge könnte Mörder überführen

Die achtjährige Chiara soll nicht nur erstochen und erschlagen worden sein, sondern auch gewürgt. Der Anwalt des Tatverdächtigen spricht von "Affekttat".

Christian Deussing

Krailling - Über den Doppelmord in Krailling kommen immer mehr Details ans Licht. So wurde die achtjährige Chiara offensichtlich nicht nur erstochen und erschlagen, sondern auch gewürgt. Das Mädchen hatte eine Schlinge um den Hals. Wenn an dieser Schlinge DNS-Spuren seines Mandanten gefunden würden, werde es für Thomas S. "sehr schwer", sagte der Münchner Anwalt Karl Peter Lachniet am Sonntag. Das sei auch der Fall, wenn die anderen genetischen Spuren tatsächlich tatrelevant und "eindeutig individualisiert" worden seien. Das müsse aber erst ein Gutachten bestätigen, das noch nicht vorliege. Lachniet vertritt den dringend tatverdächtigen 50-jährigen Onkel von Chiara und ihrer ebenfalls getöteten Schwester Sharon.

Trauer um getötete Geschwister

Trauer um getötete Geschwister Ein Zettel mit einem Foto und einem handgeschriebenen Abschiedsgruß liegt am Sonntag (03.04.2011) vor dem Haus in Krailling bei München (Oberbayern), in dem am Donnerstag (24.03.2011) zwei kleine Mädchen grausam ermordet worden waren. Der Onkel der beiden Geschwister Chiara (8) und Sharon (11) wurde am Freitag (01.04.2011) unter dringendem Mordverdacht verhaftet. Foto: Andreas Gebert dpa/lby +++(c) dpa - Bildfunk+++

(Foto: dpa)

An diesem Montag durchkämmen 200 Polizisten den südlichen Bereich von Gauting, um weitere Spuren zu finden. Denn der Täter könnte blutige Kleidungsstücke weggeworfen haben. Eine für den vergangenen Samstag geplante Ramadama-Aktion wurde deshalb auf Bitten der Polizei abgesagt.

Wie berichtet, fanden die Ermittler eine Blutspur sowie Hautpartikel am Körper zumindest eines der Mädchen. Überdies soll sich die elfjährige Sharon offenbar noch gegen den Angreifer verzweifelt gewehrt haben. Thomas S., der am 1. April in Peißenberg verhaftet worden ist, hat eine Kratzspur an der linken Hand. Die sei aber verschorft und könne auch von handwerklichen Tätigkeiten stammen, meint dazu sein Pflichtverteidiger. Nach bisherigen Erkenntnissen stammen die Mordwerkzeuge, ein Küchenmesser und eine Hantel, aus dem Haushalt der 41-jährigen Mutter der toten Kinder. Die Hantel soll deren getrennt lebender Vater vor Jahren bei seinem Auszug zurückgelassen haben, sagt Lachniet. Womöglich habe der Täter auch die Schlinge in der Wohnung vorgefunden. Das würde die Vision in Frage stellen, die Tat sei "lang geplant gewesen". Vielleicht habe der Täter nach etwas gesucht und sei dabei von den Mädchen ertappt worden und daher "in Rage geraten". Dann spreche vieles für eine "Affekttat", die als Totschlag zu bewerten sei, so der Jurist.

Derzeit gehe er noch davon aus, dass sich der Postzusteller, der vier Kinder hat, nicht verstelle. Thomas S. sei bislang unbescholten und kein "cooler Killer". Andererseits sei ein psychiatrisches Gutachten notwendig, um die Persönlichkeit des Mannes zu ergründen. Möglicherweise habe der brav wirkende Familienvater doch ein "zweites Gesicht", sagt Lachniet, der bislang aber kein klares Motiv für diese Gewalttat erkennt. Das Verhältnis zwischen der Kraillinger Mutter und ihrer Schwester und dem Schwager in Peißenberg sei sicherlich "nicht gut" gewesen. Aber auch die offenkundigen Streitigkeiten um die Erbschaft und den Verkauf einer Immobilie hätten "zivilisiert gelöst" werden können.

Die Ermittler der Münchner Mordkommission gehen von einer "emotionalen Beziehungstat" aus, die vielleicht durch Hass oder aufgestaute Wut ausgelöst worden sein könnte. Die Soko "Margarete" ist sich sicher, den Doppelmörder gefunden zu haben - obwohl der Tatverdächtige schweigt und gegenüber seinem Anwalt das Verbrechen bestreitet.

Es gebe von Thomas S. "tatrelevante Spuren", sagte am Sonntag der Münchner Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Er bestätigte, dass sich zumindest eines der Opfer wohl gewehrt habe. "Wir sagen aber nichts zur konkreten Spurenlage", betonte Wenger.

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