Süddeutsche Zeitung

Neue Aktion:Viel Erfahrung am Biertisch

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Die Senioren-Wiesn kommt in den Zelten unterschiedlich gut an

Von Franz Kotteder

Traditionen wollen gewahrt bleiben, findet die 65-jährige Rosemarie A., aber man darf auch mal was Neues ausprobieren. Bei ihr, ihrem Mann Heinz, 80, und ihrer Freundin Anna D. (alle Namen sind auf Wunsch der Beteiligten geändert), 63, gehört es mittlerweile zur Tradition, zum Wiesn-Gottesdienst für die Schausteller, Marktkaufleute und Wirte zu gehen, auch wenn sie mit diesen Berufsgruppen sonst gar nichts zu tun haben.

So weit die Tradition. Neu ist, dass es in neun kleinen Wiesnzelten mittags einen sogenannten Wiesn-Stammtisch für Seniorinnen und Senioren gibt, und den wollten die drei jetzt mal ausprobieren. Werktags zwischen elf und 15 Uhr, bei einigen auch etwas kürzer oder länger, bekommt man dort als älterer Mensch ein vergünstigtes Mittagessen. Eine gute Idee, finden die drei, die im Zelt Zum Stiftl sitzen, "das Essen und Trinken kann man sich da wirklich noch leisten". Außerdem muss man keinen Tisch reservieren, sondern kann sich einfach an den "Seniorenstammtisch" setzen und auch andere in seinem Alter kennenlernen.

Rosemarie und ihr Mann Heinz haben Anna auch am Biertisch kennengelernt, allerdings schon vor zehn Jahren auf dem Frühlingsfest. Seitdem gehen sie auch gemeinsam auf die Wiesn. "Meistens ein-, höchstens zweimal, und dann mittags in den Ochsen", sagt Heinz und gibt sich damit als Wiesnprofi zu erkennen, denn bei denen haben die Zelte zweisilbige Namen, und die Ochsenbraterei heißt dann eben: "der Ochse". Diesmal ist man beim Stiftl gelandet, weil die drei von der Aktion der kleinen Zelte gelesen haben.

Josef H., Gertrud H. und Elfriede B. vom Nebentisch kommen aus Trudering und haben von ihrem örtlichen Seniorenbeiratsmitglied von der Aktion erfahren. Der Seniorenbeirat hatte die Idee dazu und war beim Verein der kleinen Wiesnwirte auf offene Ohren gestoßen. So haben nun in diesem Jahr erstmals die Zelte Zum Stiftl und Zum Schichtl, die Münchner Knödelei, die Hühnerbratereien Ammer, Heimer, Heinz und Goldener Hahn sowie Bodos Cafézelt und der Fisch-Bäda mitgemacht. Mit wechselndem Erfolg, wie es scheint - in manchen Zelten blieben die reservierten Tische fast die ganze erste Woche leer, in anderen waren sie gut besetzt. Das liegt wohl daran, dass man für die Seniorenstammtische quasi eine Gebrauchsanleitung mitnehmen muss. Sonst weiß man nicht genau, welches Zelt wann den Stammtisch hat, und auch Preisgestaltung und Ermäßigungen sind recht unübersichtlich. Will man sich darüber vorab erkundigen, muss man etwas umständlich unter www.kleine-wiesnzelte.de oder t www.muenchner-seniorenbeirat.de nachsehen.

Josef H., "ich geh'auf die 80 zu", hat es mehr mit den Tipps guter Freunde. Mit Frau und Schwägerin kommt er gerade vom Riesenrad, "jetzt sind wir zum Essen hierher, das war preislich interessant". Nachher schaut er noch in der Bräurosl vorbei, denn dort spielt ein Cousin von ihm in der Kapelle mit. Ein- oder zweimal geht er heuer auf die Wiesn, "man wird nicht jünger", sagt er und lächelt, "aber früher hat's Jahre gegeben, da war ich jeden Tag dort."

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Quelle:
SZ vom 02.10.2018
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