Neubiberg:Viel Lärm um ein Hicks

Ein Vater fühlt sich vom Fahrer eines Linienbusses zum Aussteigen genötigt, weil sein Baby Schluckauf hat.

Von Claudia Wessel

Weil der Schluckauf eines sechs Monate alten Babys ihn störte, hat ein Busfahrer der Linie 199 am Dienstagvormittag Vater und Kind aus dem Bus herauskomplimentiert, da er bei dieser Lautstärke "nicht fahren" könne. So zumindest hat es ein junger Vater verstanden, der mit seiner Kleinen im Bus unterwegs war. Der Fahrer bestreitet solche Absichten vehement und sagt, er habe vielmehr nur helfen wollen.

Jeden Tag fährt Aleksandar Vukajlov mit seiner sechs Monate alten Tochter um 11.01 Uhr mit dem Bus 199 in Neuperlach-Zentrum los in Richtung Campeon in Neubiberg, wo unter anderem die Firma Infineon residiert. Dort arbeitet seine Frau Katja und sie stillt ihr Kind noch. Zu diesem Zweck kommt der Vater um die Mittagszeit vorbei. Das lief bisher immer problemlos, bis zum Dienstag.

Das Kind saß im Kinderwagen, wie der Vater erzählt, und es machte immer wieder "Hicks". Gegen 11.16 Uhr, an der Haltestelle Hachinger Bach, kam der Busfahrer zu ihm und fragte: "Stimmt mit Ihrem Kind etwas nicht?" "Nein", sagte Vukajlov, alles sei in Ordnung, es habe nur Schluckauf. Er solle es bitte auf den Arm nehmen, habe der Fahrer gefordert. Doch der Vater weigerte sich. "Zum einen ist das ja eine Sicherheitsfrage", sagt er, zum anderen glaubte er nicht, dass dies etwas bringen würde.

"Ich kann so nicht fahren", habe der Busfahrer gesagt. Der Vater konnte es nicht glauben. "Das meinen Sie jetzt nicht ernst", sagte er. Doch der Busfahrer meinte es nach Auffassung des jungen Vaters sehr ernst, und ein kleines Wortgefecht entstand. "Ich kann nicht fahren, wenn das Kind so laut ist", habe er beharrt. "Okay, dann verschwinden wir aus Ihrem Gesichtsfeld", sagte der Vater wutentbrannt und stieg mit seiner Tochter aus. Da der nächste Bus erst 20 Minuten später fährt, ging er zu Fuß, entlang der Bundesstraße, an der es keinen Gehweg gibt. Er nahm also eine erhebliche Gefahr auf sich. Die Mutter wartete inzwischen auf das hungrige Kind.

"Schreiende Kinder, laute Telefonate, Jugendliche, die Lärm machen", so Vukajlov, es gebe doch weit schlimmere Lärmquellen, und auch die dürften einen Busfahrer nicht vom Fahren abhalten. Der Vorfall sei wirklich "extrem kinderfeindlich und willkürlich", beklagen die Eltern. "Kinder sind unsere Zukunft und sollten von niemandem so behandelt werden!"

"Es hat ein ernstes Gespräch mit dem Busfahrer gegeben", teilt der Pressesprecher der MVG, Matthias Korte, mit. Eine ausführliche Stellungnahme muss der Fahrer nachreichen. Da er bei einem Kooperationspartner angestellt ist, der im Auftrag der MVG fährt, ist der Fahrer disziplinarisch nicht der MVG unterstellt. Die Stellungnahme wird jedoch sofort an diese weitergeleitet werden. Fazit der Aussage bisher: Der Busfahrer wollte nur helfen, vielleicht sogar ein paar Erziehungstipps geben.

Er sei irritiert gewesen, berichtet Korte von der Aussage des Busfahrers, weil das Kind so lange Schluckauf gehabt habe. Er sei daher darauf aufmerksam geworden und habe sich erkundigt, ob alles in Ordnung sei. Auf keinen Fall habe er den Mann gebeten, den Bus zu verlassen, auch habe er nicht behauptet, sich nicht mehr aufs Fahren konzentrieren zu können, solange das Kind Schluckauf habe. "Es handelt sich vermutlich um ein riesiges Missverständnis", sagt Matthias Korte.

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