Neubaugebiet der Gewofag:Anlieger fühlen sich abkassiert

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Wegen eines Neubaugebiets der Gewofag sollen zwei Straßen ausgebaut werden. Obwohl keine Verbindung zum Hochhaus Klopstockstraße 8 am Petuelpark besteht, müssen die Bewohner rund 60.000 Euro dafür zahlen. Sie werfen der Stadt nun vor, die eigene Gewofag zu begünstigen.

Ellen Draxel

Wolfram Sobotta ist sauer. Er wohnt in der Klopstockstraße 8, in einem großen Hochhaus zwischen dem Petuelpark und dem neuen Quartier an der Isolden-/Rümannstraße. Dort, auf einem ehemaligen Betriebshof der Stadtwerke, entsteht derzeit ein kleines Viertel mit 360 Wohnungen, von denen 160 inzwischen bezugsfertig oder bereits bewohnt sind. Kommendes Jahr will die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag in der Siedlung noch ein Zentrum mit Supermarkt, Geschäften, Gastronomie und Wohnungen errichten.

Auf einem ehemaligen Betriebshof der Stadtwerke entsteht derzeit ein kleines Viertel mit 360 Wohnungen durch die Gewofag. (Foto: Robert Haas)

Ein Dorn im Auge aber ist Sobotta das, was kommt, wenn die Gebäude alle stehen. Dann sollen die an das Neubaugebiet angrenzenden Straßen - die Isolden- und die Rümannstraße - der zukünftigen Verkehrsbelastung angepasst und mit Bäumen und Parkplätzen aufgewertet werden.

Hausanschlüsse und Zufahrten für die neue Siedlung werden im Zuge dieser Verbesserung, wie es planungsrechtlich korrekt heißt, erstmals hergestellt. Solche baulichen Veränderungen sind "straßenausbaubeitragspflichtig", das heißt, die anliegenden Grundstückseigentümer zahlen mit. Auch Sobotta hat ein entsprechendes Schreiben bekommen - obwohl er in der Klopstockstraße wohnt.

1,8 Millionen Euro hat die Stadt für den Straßenbau insgesamt veranschlagt. Laut Projekthandbuch des Baureferats vom Februar 2012 haben die Stadtwerke die gemäß städtebaulichem Vertrag vom September 2005 geforderten 800.000 Euro bereits bezahlt. Weitere 40 bis 60 Prozent der beitragsfähigen Kosten wird voraussichtlich die Stadt übernehmen, sofern die Straßen als Haupterschließungsstraßen eingeordnet werden. Der restliche Betrag wird auf die Anlieger umgelegt.

"Das ist ein starkes Stück"

"Wer genau wie viel finanziert, erfahren wir nicht", sagt Wolfram Sobotta. "Nur, dass wir in unserem Haus rund 60.000 Euro zahlen sollen." Auf Sobotta würden bei rund 800 Euro entfallen. Details, welche Summen die Bewohner des Neubaugebietes zu entrichten haben, behält das Baureferat für sich. "Aus Datenschutzgründen", wie die Sprecherin des Baureferats, Cornelia Unterhuber, erklärt. Im Übrigen könne diese Frage nicht von vornherein pauschal beantwortet werden, weil es sich um Grundstücke von stark unterschiedlicher Größe handle.

"Das ist ein starkes Stück", findet Sobotta. Als Vorsitzender des Verwaltungsbeirats der Wohnungseigentümergemeinschaft spricht er für hundert weitere Wohnungsbesitzer in der Klopstockstraße 8. Nach Ansicht der Anlieger müssten die Stadtwerke und die Bauträger alle Erschließungskosten für das neue Grundstück selbst tragen. "Sie haben den Vorteil davon, sie können die Wohnungen teuer verkaufen." So aber würden Erschließungs- mit Verschönerungs- und Herstellungskosten vermischt.

Die Stadt, sagt Sobotta, setze sich damit dem Verdacht aus, die eigene Gewofag begünstigt zu haben. Schließlich sei die Rümannstraße durch Baustellenfahrzeuge, Busse und das ständige Aufreißen und mangelhafte Schließen der Fahrbahndecke zur "katastrophalen Holperstrecke" geworden.

"Uralte" Pläne

Laut Artikel 5 des bundesweit geltenden Kommunalabgabengesetzes müssen Gemeinden bei Erneuerungen oder Verbesserungen von Ortsstraßen "Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet".

Die Bewohner der Klopstockstraße 8 aber profitieren von einer Aufwertung nicht. Ihr Haus grenzt unmittelbar an keine der beiden Straßen. Laut Sobotta gibt es zwar "uralte" Pläne von 1962, in denen eine Art "Wegerüssel" vom Grundstück der Klopstockstraße 8 zur Rümannstraße eingezeichnet ist. "Aber diese Verbindung hat nie existiert." Die Anlieger sind nicht gewillt, "aufgrund eines Fehlers in einem Plan" Zuschüsse zu zahlen.

"Wo der tatsächliche Zugang liegt", sagt Baureferats-Sprecherin Unterhuber, "ist nicht relevant". Es gehe nicht um konkrete Anschlüsse, sondern um eine mögliche Anschlussoption. Die Hausbewohner sehen das anders und wollenrechtlich gegen die Beitragspflicht vorgehen.

© SZ vom 07.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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