Neuaubing/Westkreuz/Freiham:Der Zeit weit voraus

West-Viertel profitieren vom Europaprojekt "Smarter together"

Von Ellen Draxel, Neuaubing/Westkreuz/Freiham

Bislang spenden Straßenlaternen nur Licht. In der Stadt der Zukunft dienen sie als Basis für WLAN-Hotspots, als Daten-Sammelstation und Ladesäule für Elektro-Fahrzeuge. An Paketstationen werden auch frische Lebensmittel deponiert werden können, weil die Boxen dann einen Kühlschrank haben. Und an jeder S-Bahn-Station stehen künftig Fahrräder und Carsharing-Autos zum Mieten bereit.

Die Stadt der Zukunft, sie entsteht nicht virtuell oder irgendwo weit weg. Was wie eine Vision klingt, wird schon bald im Münchner Westen Realität. Neuaubing, das Westkreuz und der benachbarte neue Stadtteil Freiham verwandeln sich in den kommenden zwei Jahren in Modellquartiere einer modernen Stadtentwicklung. Gemeinsam mit Wien und Lyon hat sich München im Mai um Fördermittel für das europäische Projekt "Smarter together" beworben. Die Konkurrenz war hoch: 42 Konsortien aus jeweils drei Städten hatten ihr Konzept nach Brüssel geschickt, darunter Teams wie Paris/Berlin/Bologna. Den zweiten Platz errang schließlich das Trio München/Wien/Lyon. Ein Ergebnis, auf das Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid (CSU) stolz ist: "Das ist eine Leistung mit großer Strahlkraft: Damit demonstrieren wir, dass wir bei Innovationen an der Spitze in Europa marschieren."

24,7 Millionen Euro bekommen Wien, Lyon und München von der Europäischen Union, rund 3,12 Millionen davon gehen an die bayerische Landeshauptstadt und die beteiligten städtischen Gesellschaften. Involviert sind 31 Partner: Industriebetriebe wie Siemens, aber auch Universitäten und Forschungsinstitute wie die TU München oder das Fraunhofer-Institut. "Das Projekt setzt auf diese enge Verflechtung", erklärt Stadtbaurätin Elisabeth Merk. "Aber der Mehrwert für uns als Verwaltung liegt in der Zusammenarbeit auf Augenhöhe."

"Smart City" zu sein, das heißt Mobilität fördern, digitale Entwicklungen nutzen, nachhaltige Energie-Lösungen finden. Neuaubing und das Westkreuz bilden das größte energetische Sanierungsgebiet Deutschlands. Ein Viertel, geprägt durch Wohnbauten aus den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren. Vieles ist modernisierungsbedürftig. Wohnungen werden in schnell wachsenden Städten wie München dringend gebraucht, aber nur ein Prozent des Angebots sind Neubauten. Durch das EU-Geld sollen daher 43 000 Quadratmeter Wohnfläche von privaten Eigentümergemeinschaften energetisch im Bestand saniert werden: das Ramses-Hochhaus, das Hotel und Mehrfamilienhaus am Westkreuz-Forum und mehrere Gebäude an der Reichenau-, der Riesenburg- und der Mainaustraße. In der Limesstraße und einigen Querstraßen sollen von 2016 an intelligente Laternenmasten zum Einsatz kommen. Verteilstationen mit einem 24-Stunden-Lieferservice sind an zwei Standorten vorgesehen. Außerdem sind sechs E-Mobilitätsstationen geplant, an jeder S-Bahn-Station eine.

Auch in Freiham werden zwei Stationen für Elektromobilität installiert. Das ambitionierte klimapolitische Ziel: Bis 2030 sollen die CO₂-Werte in Neuaubing/Westkreuz und Freiham um mindestens 80 Prozent sinken. Die Bürger werden in den Prozess eingebunden.

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