Süddeutsche Zeitung

Neonazis in München:Rechte Umtriebe

Mehr Kundgebungen und Info-Stände:Die Neonazi-Szene in München wird immer aktiver. KVR-Chef Blume Beyerle spricht gar von einem "gewaltigen und wachsenden Problem". Die Stadt kann allerdings nicht viel dagegen tun.

Dominik Hutter

Die Neonazi-Szene in München ist in den vergangenen Monaten immer aktiver geworden. Nach Beobachtung der Behörden hat seit der Entdeckung des Zwickauer Terror-Trios die Zahl rechtsextremer Kundgebungen und Info-Stände enorm zugenommen. Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle sprach am Dienstag im Stadtrat von einem "gewaltigen und wachsenden Problem".

Dennoch warnte Münchens KVR-Chef vor Einschränkungen beim Demonstrationsrecht - und hat damit die Mehrheit des Stadtrats auf seiner Seite. "Das trifft am Schluss alle", warnte Siegfried Benker. Der Fraktionschef der Grünen baut vielmehr darauf, "dass sich die Bürger selbst wehren".

Wenn sie denn dürfen: Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer räumte in der Sitzung ein, dass inzwischen auch gegen Teilnehmer der Anti-Nazi-Demonstration im Januar ermittelt wird. Damals hatten sich in der Lindwurmstraße rund 300 Gegendemonstranten den Rechtsextremen entgegengestellt. Die Nazi-Veranstaltung hatte Schlagzeilen gemacht, weil gleich zu Beginn das Paulchen-Panther-Lied abgespielt worden war.

Keine Eingriffe in die Versammlungsfreiheit

Diese Melodie hatte das Zwickauer Trio in seinem Bekennervideo verwendet. Sie ist bei Demos in München inzwischen verboten, das Kreisverwaltungsreferat hat einen entsprechenden Passus in die Auflagenbescheide aufgenommen. Ob gegen die Gegendemonstranten Strafverfahren eröffnet werden, hängt letztlich von der Staatsanwaltschaft ab, betonte Schmidbauer. Die Polizei gehe keineswegs willkürlich vor.

Im Kampf gegen die zunehmende Zahl von Nazi-Aufmärschen sind Blume-Beyerle zufolge inzwischen ziemlich rigide Maßnahmen im Gespräch: von einer Art Bannmeile rund um die Tatorte der NSU-Morde bis hin zum Verbot von Spontan- und Eilversammlungen, das der Kreisverwaltungsreferent für "glatt verfassungswidrig" hielte.

Auch SPD-Stadträtin Barbara Scheuble-Schaefer bezeichnete es als "schwierig, in die Versammlungsfreiheit einzugreifen", Linken-Stadtrat Orhan Akman hält sie für ein "hohes Gut". Polizeipräsident Schmidbauer hält allerdings eine längere Genehmigungsfrist bei Demonstrationszügen für überlegenswert. Schließlich bedeuteten die Umzüge wegen der Straßensperrungen eine erhebliche Beeinträchtigung für alle anderen Münchner.

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SZ vom 25.04.2012/mest
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