Neonazi-Demo in München:Rechtsradikale spielen "Paulchen Panther"

Neonazis spielen bei einem Umzug in München jenes Lied, mit dem das Zwickauer Terror-Trio sein zynisches Video über die Mordserie unterlegt hat: "Paulchen Panther". Die Polizei schreitet ein. Politiker reagieren empört auf die Verhöhnung der Opfer.

Thomas Anlauf und Andres Salch

In der Münchner Innenstadt haben am Samstagnachmittag rund 90 Neonazis demonstriert und dabei auch auf die Morde des Zwickauer Terror-Trios angespielt. Die Rechtsradikalen spielten zu Beginn ihres Aufmarsches in der Bayerstraße die Melodie von "Paulchen Panther", die von der Zwickauer Terrorzelle für ihr makabres Bekennervideo benutzt worden war. Die Polizei stoppte den Zug der Rechten, als die "Paulchen-Panther-Melodie" erklang. Das Lied hatte ein 22-Jähriger aus Ebersberg über Lautsprecher abgespielt. Er wurde wegen des Verdachts der Billigung einer Straftat vorübergehend festgenommen.

Münchner Politiker verurteilten die Demonstration scharf. CSU-Stadtrat Marian Offman nannte die Aktion der Rechtsradikalen eine "unglaubliche Provokation". Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker forderte die Staatsanwaltschaft auf, das Abspielen der Paulchen-Panther-Melodie als "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" zu verfolgen. Das Abspielen des Liedes stelle "eine Verhöhnung der Opfer und eine Unterstützung der Mörder dar".

Außer dem 22-jährigen Ebersberger, der die Paulchen-Panther-Melodie abgespielt hat, nahm die Polizei einen 26-jährigen Neonazi aus München fest. Er hatte sich mit einem Knüppel bewaffnet. Auf Seiten der etwa 700 Gegendemonstranten kam es zu vier vorübergehenden Festnahmen. Gegen eine 15-Jährige aus Dachau und einen 16 Jahre alten Münchner leitete die Polizei Ermittlungen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung ein. Die Jugendlichen hatten mit Steinen vermischte Schneebälle geworfen. Polizei und Bundespolizei überwachten die Veranstaltung mit rund 800 Einsatzkräften. Verletzt wurde niemand.

Bereits am Samstag gegen 11 Uhr hatten sich etwa 100 Gegendemonstranten an der Thalkirchner Straße getroffen. In der Nacht zum Mittwoch hatten Rechtsradikale dort einen Farbanschlag auf den linken Jugendtreff im ehemaligen Tröpferlbad verübt. Mit ihrem Aufmarsch am Samstag, an dessen Spitze sich Ottobrunner Anführer des Freien Netzes Süd, Norman Bordin, stellte, demonstrierten die Rechten für ein "Patriotisches Begegnungszentrum". Zu ersten Rangeleien zwischen Polizei und Gegendemonstranten kam es gegen 13.30 Uhr vor dem Bahnhofsplatz, als Teilnehmer des Neonazi-Aufmarsches, die mit dem Zug angereist waren, aus dem Bahnhofsgebäude liefen. Nach einer Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsplatz marschierten die Neonazis in Richtung Bayer- und Sonnenstraße. Auf ihrem Weg zum Sendlinger Tor stellten sich Gegendemonstranten den Rechten in den Weg, worauf sie von Polizei und USK-Beamten zur Seite geschoben werden mussten, um so ein Aufeinandertreffen der beiden Blöcke zu verhindern.

Auf der Lindwurmstraße stoppten rund 300 Gegendemonstranten den Aufzug der Rechten am späten Nachmittag endgültig. Aus Gründen der "Verhältnismäßigkeit", so Polizeivizepräsident Robert Kopp am Sonntag auf einer Pressekonferenz, sei darauf verzichtet worden, die Straße unter Anwendung von Zwang zu räumen. Die Neonazis waren deshalb gezwungen, ihre Abschlusskundgebung, die ursprünglich in der Thalkirchner Straße hätte stattfinden sollen, vor der Matthäus-Kirche abzuhalten. Kurz nach 17 Uhr erklärte Norman Bordin die Veranstaltung für beendet. Wegen der Demonstration musste der Trambahnverkehr zwischen 12.40 und 17.30 Uhr zwischen Bahnhofs- und Sendlinger-Tor-Platz zeitweise vollständig eingestellt werden.

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