Naturschutz:400 Münchner Bienen bekommen Rückennummern

Naturschutz: Die Münchner sollen es melden, wenn sie eine mit einer farbigen Nummer markierte Biene sehen.

Die Münchner sollen es melden, wenn sie eine mit einer farbigen Nummer markierte Biene sehen.

(Foto: Botanischer Garten)
  • Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität und der Botanischen Staatssammlung haben 400 Wildbienen mit Farben und Nummern markiert.
  • Sie wollen eine möglichst exakte Einschätzung über den Flugradius der Tiere bekommen.
  • Die Münchner können bei der Aktion helfen: Wer eine markierte Biene sieht, soll ein Foto machen und die Informationen an die Biologen schicken.

Von Philipp Crone

Bienen, die im Mannschaftssport aktiv sind? Auf diese Idee könnte man in München derzeit kommen. Da fliegen welche mit roten, grünen oder blauen Farben und weißen Rückennummern herum. Allerdings ist kein Bienen-Sportevent in Sicht, vielmehr handelt es sich eine Untersuchung des Botanischen Gartens. Die Versuchsanordnung funktioniert jedoch nur, wenn Münchner und Bewohner des Umlands mitspielen.

Biologen um die Doktorandin Michaela Hofmann von der Ludwig-Maximilians-Universität und von der Botanischen Staatssammlung haben bislang 400 Wildbienen der Art osmia cornuta, der gehörnten Mauerbiene, mit Farben und Zahlen markiert. Sie wollen eine möglichst exakte Einschätzung über den Flugradius der Tiere bekommen. Das bedeutet für aufmerksame Bienen-Spotter: Wer eine markierte Biene sichtet, sollte sich Farbe und Nummer notieren, im besten Fall ein Foto des Insekts machen und die Informationen dann per Mail an die Wissenschaftler schicken. Die Erkenntnis, wie weit sich die Bienen von ihren Stöcken entfernen, soll den Biologen helfen, die Stadt und die Parks so zu gestalten, dass die Bienen weiterhin das gesamte Stadtgebiet besiedeln, was für die Flora und die Bienenpopulationen von Vorteil wäre.

Bei den Männchen, die keinen Stachel haben, hielten Hofmann und ihre Kollegen die Tiere mit den Fingern und befestigten mit Schellackkleber die Farbplättchen auf dem Rücken. Bei den Weibchen, die einen Stachel haben, wurden die Tiere in ein Plastikröhrchen bugsiert und mit einem Schaumstoffpfropfen in Richtung Röhrenboden bewegt. Dieser Boden besteht aus einem grobmaschigen Netz. Wenn die Biene zwischen Schaumstoff und Netz fixiert ist, können die Biologen ihnen Trikot und Rückennummer aufkleben.

"Dieser Vorgang ist üblich", sagt Hofmann, die Königinnen etwa der Honigbienen würden auf diese Weise markiert. Das schadet den Tieren offenbar nicht, Honigbienenköniginnen leben bis zu fünf Jahre. Ganz im Gegensatz zu den gehörnten Mauerbienen. Sie leben nur vier bis fünf Wochen. Allein im Botanischen Garten gibt es 104 Arten von Wildbienen, in Deutschland sind es insgesamt 571, sagt Hofmann. Die kleinsten Arten sind nur vier Millimeter groß, die größten, wie etwa die Holzbiene, werden bis zu drei Zentimeter lang.

Wenn die Wissenschaftler wissen, wie weit Bienen fliegen, können sie sogenannte Blühstreifen, also mit verschiedenen Blumen bepflanzte Abschnitte in Parks, anlegen lassen - eine Art Rast- und Tankstelle für die nach Nahrung suchenden Insekten. Eine gute Aufteilung der Blühstreifen könnte dazu beitragen, die botanische Artenvielfalt in der Stadt aufrecht zu erhalten, die von der Bestäubung über Bienen abhängt. Auf dem Land helfen die Erkenntnisse dabei, die Verteilung der Schutzgebiete zwischen den Monokultur-Feldern zu optimieren.

Die Biologen wollen wissen, wie weit die Bienen kommen

Bislang wurden, um den Flugradius zu ermitteln, Bienen weit von ihrem Nest ausgesetzt und man beobachtete, ob sie zurückfinden. Das sei aber nicht lebensnah, sagt Hofmann, sondern eine Stresssituation für die Tiere. Auch Sender könne man den Bienen nicht aufsetzen, das Gewicht würde den Radius einschränken. "Wir setzen auf das Personen-Radar der Münchner."

Es werde interessant sein, ob auch in Dachau oder in der Innenstadt markierte Bienen auftauchen, sagt Hofmann. Bislang seien die noch ziemlich faul. "Sie bewegen sich vor allem im Botanischen Garten." Generell kann sich Hofmann einen Flug-Radius von zwei Kilometern vorstellen. Bislang ist die Biene mit der grünen 25 für die Biologin am auffälligsten, aber nicht wegen der Flugweite. "Das Männchen habe ich bereits bei der Begattung auf zwei Weibchen beobachtet."

Informationen: www.botmuc.org/de/bienen/

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: