Nahverkehr:Warum es zu wenig U-Bahnen gibt

Nahverkehr: Auf einem Siemens-Gelände in Wildenrath stehen die neuen U-Bahnen neben Zügen für die belgische Bahn.

Auf einem Siemens-Gelände in Wildenrath stehen die neuen U-Bahnen neben Zügen für die belgische Bahn.

(Foto: Marco Völklein)
  • In München gibt es zu wenige U-Bahnen. Der Betrieb auf der U 7 wurde für einen Nachmittag eingestellt.
  • Dabei rangiert die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) derzeit alte Züge aus.
  • Neue stehen zwar bereit. Über ihre Zulassung können sich zwei Parteien jedoch nicht einigen.

Von Marco Völklein

Am Mittwoch setzte sich die Misere bei der U-Bahn fort: Wer am Morgen mit der Verstärkerlinie U 7 vom Rotkreuzplatz bis Neuperlach-Zentrum fahren wollte, wurde auf halber Strecke vom U-Bahn-Personal zum Umstieg genötigt. Aus "betrieblichen Gründen", so die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), pendelten die Bahnen nur zwischen Westfriedhof und Sendlinger Tor. Hintergrund für die "betrieblichen Gründe": Weil Arbeiter bei Wartungen diverse Schrauben an den Kupplungen der Waggons falsch angezogen haben und diese nun erst überprüft werden müssen, stehen der MVG weniger Züge zur Verfügung. Auf der U 7 ist daher das Angebot ausgedünnt. Am Dienstagnachmittag war der Betrieb auf der U 7 sogar komplett eingestellt worden.

"Der Ausfall der U-Bahn-Züge trifft die Fahrgäste zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt", sagt Andreas Nagel von der "Aktion Münchner Fahrgäste" - nämlich mitten im Wiesn-Trubel. Nagel fordert seit Jahren, die Fahrzeugreserve im MVG-Fuhrpark aufzustocken. Statt alte Waggons auszumustern, sollte der Verkehrsbetrieb die ausgedienten Züge lieber im Depot lassen, um in Notfällen darauf zurückgreifen zu können. Die MVG-Führung lehnt dies ab: Eine solche Reserve sei zu teuer, auch weil der Instandhaltungsaufwand bei älteren Zügen deutlich höher sei als bei neueren.

Warum die neuen Züge lange auf sich warten lassen

Neue Züge wären also grundsätzlich hilfreich - da sind sich alle einig. Und eigentlich gäbe es diese auch. Schließlich hatte MVG-Chef Herbert König bereits im Herbst 2010 bei Siemens 21 Züge des neuen Typs C2 bestellt. Diese wurden in den vergangenen Jahren im Siemens-Werk in Wien gefertigt. Und vor Kurzem lief dort sogar der letzte der 21 Züge vom Band. In diesen Tagen holt nun eine Spezialfirma den Zug bei Siemens in Wien ab und überführt ihn auf ein konzerneigenes Testgelände am Niederrhein. Dort wird sich Zug Nr. 21 zu den anderen gesellen - und gemeinsam mit ihnen auf seine Zulassung durch die Regierung von Oberbayern warten. Denn die liegt noch immer nicht vor.

Ehrlicherweise muss man sagen: Für die C2-Züge will die MVG im Gegenzug einige der mehr als 40 Jahre alten U-Bahnen ausmustern, sodass sich auch mit den neuen Zügen die aktuelle Situation kaum entspannt hätte. Dennoch erscheint es aus Sicht vieler Fahrgäste geradezu absurd, dass die MVG an der Isar ihr Angebot ausdünnen muss, während am Niederrhein nagelneue Züge (Bestellwert: 185 Millionen Euro) ungenutzt rumstehen.

Weshalb einiges von einer Einigung abhängt

Vielmehr noch stellt das ganze Zulassungsschlamassel auch Siemens vor Probleme: Denn auf dem Testgelände in der Nähe des Städtchens Wildenrath wird der Abstellplatz knapp. Und auch die MVG hat in ihrem Depot in Fröttmaning nicht genügend Platz für all die neuen Züge. Siemens sucht nun nach Stellflächen in der näheren Umgebung, die man anmieten kann. Außerdem weigert sich die MVG, die letzte Rate für die Züge zu überweisen, solange sie diese nicht einsetzen kann. Dies schlägt sich in der Bilanz der Siemens-Verkehrssparte nieder. In welcher Größenordnung? Das will Siemens nicht sagen.

Lösen ließe sich das Problem nur, wenn sich die MVG und die Bezirksregierung bei der Zulassung einigen würden. Doch nach wie vor streiten beide Seiten darüber, in welchem Umfang Nachweise, Gutachten und Expertisen zur Sicherheit der Züge vorzulegen sind. Selbst Leute, die sich mit Schienenfahrzeugen auskennen, zucken nur noch mit den Schultern und räumen ein, dass sie die genauen Hintergründe auch nicht mehr verstehen. Fahrgastverbände stellen resigniert fest, dass das Verhältnis offenbar zerrüttet ist. Mittlerweile gibt keine der beiden Seiten mehr eine Prognose ab, bis wann mit einem Ende des Zulassungsstreits zu rechnen sein könnte.

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